Überlebende berichten – ukrainische Armee tötet Zivilisten bei Fluchtversuch
Archivmeldung vom 09.03.2022
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.03.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićEs ist derzeit unmöglich, aus vielen umkämpften ukrainischen Großstädten zu fliehen. Die mit der Regierung in Kiew vereinbarten Flüchtlingskorridore funktionieren nicht. Besonders schwer sind die Einwohner Mariupols betroffen. Eine Flucht ist derzeit nur unter extremer Lebensgefahr möglich. Dies berichtet das Magazin "RT DE".
Weiter berichtet RT DE: "Jeder Versuch, über die humanitären Korridore nach Russland zu gelangen, wird von Nationalisten brutal unterdrückt", teilte am Dienstag das russische Verteidigungsministerium mit. Beamte und Bürgermeister seien von Kiew angewiesen worden, keine Evakuierungsversuche nach Russland zuzulassen.
"Die Territorialverteidigungsbataillone halten in der Ukraine nach wie vor mehr als 4,5 Millionen Zivilisten als 'menschliche Schutzschilde' in Geiselhaft, ebenso wie etwa 2.000 Ausländer, die bereits den Wunsch geäußert haben, sich an sicherere Orte zu begeben",
so die russische Behörde weiter. Laut russischen Angaben seien derzeit humanitäre Korridore aus Kiew, Tschernigow, Sumy, Charkow und Mariupol eröffnet, die in beide Richtungen funktionieren – in Richtung der russischen Grenze und in ukrainisches Gebiet. Doch bislang wurden aus Sumy lediglich 723 Menschen evakuiert, darunter auch Ausländer.
Einige Einwohner machen sich in dieser Situation selbstständig auf den Weg und versuchen die Gefahrenzone auf eigene Faust zu verlassen. Vielen übereinstimmenden Schilderungen zufolge werden sie von den ukrainischen Streitkräften und Nationalisten allerdings systematisch daran gehindert, Tötungsversuche inklusive. Besonders schwer ist die Situation in der Stadt Mariupol am Asowschen Meer. Diese gilt als Stamm- und Rückzugsgebiet des berüchtigten nationalistischen Asow-Batallions.
So erzählte eine Familie aus Sartana, einem Vorort Mariupols, gegenüber RT, das ukrainische Militär lasse niemanden aus dem Ort heraus, und man könne nur durch ein Wunder entkommen:
"Als wir abreisten, sprengte die ukrainische Armee die Talakowski-Brücke und die Sartan-Brücke. Es gab nur einen Ausweg – über die zentrale Straße. Die ukrainische Armee hat aber den Weg mit drei gesprengten Müllwagen verbaut und das Umfeld drumherum vermint."
Dabei sei ein Mitglied der Familie nur knapp dem Tod entkommen.
"Er (der Vater) hat die Landmine gesehen und konnte durchkommen, aber drei Familien mit Kindern wurden auf einer Mine in die Luft gesprengt."
Dann gelangten sie in ein Kampfgebiet und mussten sich vor dem Beschuss verstecken. Bei ihrer Flucht seien sie von einem Minenwerfer gezielt beschossen worden, wobei das Feuer von einer Drohne gelenkt wurde. Es habe sich dabei um eine ukrainische Drohne gehandelt, die Kräfte der Donezker Volksrepublik hätten versucht, diese abzuschießen.
"Zwei Tage lang wurden die Zivilisten beschossen. Wir mussten uns an einem Graben verstecken."
Ein
anderer Einwohner musste aus Mariupol ebenso über Dörfer und ländliches
Gebiet fliehen. In einem Video, das von der russischen
Nachrichtenagentur RIA Nowosti veröffentlicht wurde,
erzählt der 80-Jährige auf dem Krankenhausbett, dass er dabei von einem
ukrainischen Scharfschützen gejagt worden sei. Insgesamt habe es drei
Schüsse gegeben, die von einer Anhöhe abgefeuert wurden. Zuvor sei seine
Frau durch Artilleriebeschuss ums Leben gekommen.
Russische Medien zeigen auch andere gerettete Einwohner, die es geschafft haben aus Mariupol zu fliehen. Sie erzählen, dass Landstraßen mit Steinen und Ästen zugeschüttet worden seien, um die Durchfahrt zu verhindern. Eine weitere Familie, die aus dem Mariuploler Bezirk Wostochny floh, erzählte, dass die ukrainischen Streikräfte in einer 360-Grad-Drehung auch die anderen Bezirke mit Artillerie beschießen. Das Video wurde zum ersten Mal am 4. März in russischen sozialen Netzwerken veröffentlicht.
In der 440.000 Einwohner zählenden Industriestadt Mariupol ist die Gas-, Strom- und Wasserversorgung zusammengebrochen. Das berichtet Konstantin, ein weiterer Einwohner, dessen Interview das Nachrichtenportal ukraina.ru auf seinem YouTube-Kanal am 7. März veröffentlichte. Über humanitäre Korridore gebe es in der Stadt keinerlei Informationen. Die Leute versteckten sich in den Kellern, die Einwohner der Außenbezirke würden, wenn sie es könnten, zu Verwandten ins Stadtzentrum umziehen.
Manche versuchen die Flucht auf eigene Faust, wie
Konstantin und seine Mutter. Bei ihrem Fluchtversuch in Richting
Donezker Volksrepublik wurden sie beschossen und mussten 1,5 Stunden
lang bewegungslos auf dem Boden ausharren. Das ukrainische Militär
errichte seine Stellungen in Wohnhäusern: "Das sehen alle Leute."
Noch unglaublicher klingt eine weitere Schilderung einer Einwohnerin am Telefon. Der Mitschnitt des Gesprächs wurde auf den Telegramkanälen der Donezker Volksrepublik veröffentlicht. Der Frau zufolge halten die Nationalisten die Einwohner in den Bombenkellern des Werkes "Asow-Stahl" als Geiseln. Sie drohen das Werkgelände in die Luft zu sprengen, sollten die Nationalisten angegriffen werden. Außerdem würde die Stadt von Plünderern heimgesucht. Ihre Angaben bezüglich der Geiselnahme lassen sich allerdings nicht unabhängig prüfen.
Die humanitären Korridore waren am 7. März wieder das Thema einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates. Die US-Vertreterin warf Russland vor, seinen Verpflichtungen zur Schaffung sicherer humanitärer Korridore nicht nachzukommen. Dem widersprach der ständige Vertreter Russlands, Wladimir Nebensja. Es seien nicht die Russen, sondern ukrainische Radikale und Neonazis, welche die Zivilisten aus den Städen nicht herausließen. Vielmehr benutzten sie die Einwohner als menschliche Schutzschilde.
"Unseren Informationen zufolge sind allein in Mariupol 200.000 Zivilisten eingeschlossen und werden von den Asow-Bataillonen mit Waffengewalt festgehalten. Die humanitäre Lage in den Städten verschlechtert sich rapide. Die Menschen in anderen Regionen der Ukraine, die von nationalistischen Bataillonen blockiert wurden, befinden sich in der gleichen verzweifelten Lage."
Das sagte Nebensja unter Berufung auf Berichte der Einheimischen. Die Ausreise aus den belagerten Städten werde ihm zufolge "aus Angst vor der Wahrheit" verhindert.
"Es ist uns klar, dass das Kiewer Regime versucht, die Ausreise von Zivilisten und ausländischen Bürgern nach Russland auf jede erdenkliche Weise zu verhindern, aus Angst, dass die Menschen, sobald sie befreit sind, die Wahrheit über die Taten der ukrainischen Radikalen erzählen werden."
Kiew wiederum beschuldigt Moskau der Verletzung der Waffenruhe sowie der Verhinderung der Evakuierung. Eine Ausreise in die grenznahen Regionen Russlands und Weißrusslands lasse die Ukraine grundsätzlich nicht zu, die Ausreise in andere Teile der Ukraine sei indes aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Die humanitären Korridore in das ukrainische Gebiet würden von russischen Streitkräften beschossen, schrieb der Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, Oleg Nikolenko, am Dienstagmittag bei Twitter. "Waffenruhe verletzt! Russische Streitkräfte beschießen jetzt den humanitären Korridor von Saporischschja nach Mariupol", wird er von der dpa zitiert.
Acht Lastwagen und 30 Busse stünden bereit, um humanitäre Hilfe nach Mariupol zu liefern und Zivilisten nach Saporischschja/Saporoschje zu bringen. "Der Druck auf Russland MUSS erhöht werden, damit es seine Verpflichtungen einhält", so Nikolenko weiter. "
Quelle: RT DE