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SPD fordert politische Kontrolle der EZB wie in den USA

Archivmeldung vom 15.09.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.09.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de
Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de

Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider fordert eine politische Kontrolle der Europäischen Zentralbank (EZB) beim geplanten Anleihenkauf von Krisenstaaten. Schneider sagte der "Bild-Zeitung": "Es ist das politische Vermächtnis dieser Bundeskanzlerin, die EZB zur Staatsfinanzierung zu nutzen und damit das Vertrauen in die Stabilität unserer Währung zu gefährden. Weil sie für politische Maßnahmen über keine eigene Mehrheit verfügt, nutzt sie nun die EZB. In dieser Rolle wird die EZB der amerikanischen Notenbank immer ähnlicher. Dann müsste das Mandat aber auch neu gefasst werden und die politische Kontrolle wie in den USA gesichert werden."

In den USA wird der Präsident der Notenbank durch das Parlament mitgewählt, hat dort in den verantwortlichen Ausschüssen zu erscheinen und alle Fragen zu beantworten.

Schäuble: Ich habe Vertrauen in die EZB

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vertraut nach eigener Aussage der Krisenpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB habe ein Mandat für die Geldpolitik, sagte Schäuble im Deutschlandfunk. "Sie hat ausdrücklich kein Mandat zur Staatsfinanzierung", betonte der CDU-Politiker. Dies habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum permanenten Euro-Rettungsschirm ESM "richtigerweise auch erwähnt", so Schäuble weiter. Die EZB werde folglich keine Entscheidung treffen, die mittelbar zur Staatsfinanzierung führe, sagte der Bundesfinanzminister. "Damit würde sie ihr Mandat verletzen."

Die EZB-Interventionen am Sekundärmarkt für Staatsanleihen fallen für Schäuble überdies unter das geldpolitische Mandat der Zentralbank. Dass die EZB keine Summe nenne, sondern unbegrenzte Anleihenkäufe angekündigt hatte, sei eine Reaktion auf die Spekulation am Anleihemarkt. "Würde sie eine Summe nennen, dann wäre das die Einladung an die Spekulanten, genau dagegen zu spekulieren. Deswegen sagt sie, wir nennen keine Grenze", erklärte der Finanzminister. Sollte die EZB ihre Ankündigung allerdings in die Tat umsetzen, wäre es in der Tat "eine Rutschbahn. Auf der sind wir nicht und die würden wir auch niemals akzeptieren, denn das würde das Mandat der EZB verletzen", stellte Schäuble klar.

EZB-Pläne der CSU sorgen für Empörung

Ein Europa-Papier der CSU-Landesgruppe, in dem eine Reform der Europäischen Zentralbank (EZB) gefordert wird, ist bei der Bundestagsopposition auf scharfe Kritik gestoßen. "Der CSU-Plan ist ein weiterer Meilenstein im grenzenlosen Anti-Europa-Populismus der CSU", sagte die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Priska Hinz, "Handelsblatt-Online". Die Entscheidung der EZB für ein neues Anleihen-Aufkaufprogramm zu kritisieren, sei "schon grotesk", da gerade die Untätigkeit der schwarz-gelben Bundesregierung die EZB dazu getrieben habe.

"Die beleidigte Reaktion der CSU-Landesgruppe wäre nicht nötig gewesen", sagte Hinz weiter. Das Bondsprogramm der EZB hätte mit einer "wirksamen Strategie" der Bundesregierung gegen den Zinsdruck der Krisenstaaten, etwa durch einen Altschuldentilgungsfonds, verhindert werden können.

Die CSU hatte vor dem Hintergrund des umstrittenen EZB-Ankaufprogramms für Staatsanleihen angeschlagener Euro-Staaten die Sorge geäußert, dass die Zentralbank ohne eine drastische Reform ihre Glaubwürdigkeit verlieren könnte. "Die derzeitige Konstruktion, nach der die Geberländer der Euro-Rettungsschirme stets in der Minderheit sind, ist auf Dauer geeignet, das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der EZB zu untergraben", schreiben CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt und der europapolitische Sprecher Thomas Silberhorn in dem sechsseitigen Papier, das "Handelsblatt-Online" vorliegt. Nötig sei eine drastische Änderung: "Es bietet sich daher an, die Entscheidungen des EZB-Rats ins EZB-Direktorium zu verlagern und dort die Mitgliedstaaten mit den größten Anteilen am EZB-Kapital zu berücksichtigen."

EU-Parlamentspräsident Schulz fordert mehr europäische parlamentarische Legitimation

Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), hat mehr europäische parlamentarische Legitimation gefordert. Wie er bereits in einem Interview mit dem Deutschlandfunk am Donnerstagmorgen sagte, hätte er sich gewünscht, dass das Bundesverfassungsgericht im Zuge der ESM-Entscheidung "etwas mehr zur europäischen parlamentarischen Demokratie gesagt hätte". Schulz betonte in dem Gespräch, dass in dem Urteil der Karlsruher Richter nicht zum Ausdruck gekommen sei, dass die zukünftigen Rollen des ESM oder der Europäischen Zentralbank (EZB) auch der parlamentarischen Legitimierung durch das Europäische Parlament benötigen. "Ich hätte mir gewünscht, das wäre etwas konkreter zum Ausdruck gebracht worden, aber ich glaube, man kann es so in diese Richtung interpretieren", erklärte Schulz. Dennoch sei das Urteil ein Schritt nach vorn. "Die Unsicherheiten der letzten Monate sind durch diesen Spruch des Verfassungsgerichts beendet", so der Sozialdemokrat.

Am Mittwoch dieser Woche hatte das Bundesverfassungsgericht die Klagen der ESM-Gegner abgewiesen, für den ESM jedoch gleichzeitig Auflagen geltend gemacht. So wurde unter anderem festgelegt, dass das Haftungslimit Deutschlands von 190 Milliarden Euro nicht ohne Zustimmung des Bundestages erhöht werden darf.

Umfrage: 48 Prozent der Deutschen finden ESM-Urteil richtig

48 Prozent der Deutschen finden das Urteil des Bundesverfassungsgerichts richtig, das dem permanenten Euro-Rettungsschirm ESM und dem Fiskalvertrag mit Vorbehalten zugestimmt hatte. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag für das ZDF-"Politbarometer extra". Demnach sind 39 Prozent mit der Entscheidung des Gerichts nicht einverstanden.

Dass mit dieser Entscheidung die Interessen Deutschlands ausreichend berücksichtigt werden, meinen lediglich 27 Prozent der Befragten. Die deutliche Mehrheit von 61 Prozent sieht dies nicht so. Ebenfalls bezweifelt eine deutliche Mehrheit von 78 Prozent, dass durch das jetzt möglich gewordene Inkrafttreten des ESM die Lösung der Euro-Krise entscheidend vorankommt.

An der Umfrage nahmen 1.013 zufällig ausgewählte Wahlberechtigte teil.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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