Mitteilung zum Internationalen Tag zur Unterstützung von Folteropfern
Archivmeldung vom 06.07.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.07.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Jens BrehlFolter ist eine der schwersten Formen von Menschenrechtsverletzung, und in der ganzen Welt sind Millionen von Menschen mit ihren Familien davon betroffen. In den Gefängnissen und Haftzentren des von China besetzten tibetischen Hochlandes ist sie endemisch. Die Dokumentation des TCHRD "Folter in Tibet" berichtet von 89 ihm namentlich bekannten tibetischen politischen Gefangenen, die seit 1987 durch die systematische Anwendung der Folter zu Tode kamen.
Den Aufzeichnungen des TCHRD zufolge sind derzeit 116 namentlich bekannte tibetische politische Gefangene in den Gefängnissen in Tibet inhaftiert. In den der chinesischen Verwaltung unterstehenden Haftanstalten ist Folter alltäglich. Das TCHRD ist infolgedessen äußerst besorgt um das Schicksal der politischen Gefangenen, denn sie werden noch viel schrecklicher gefoltert als gewöhnliche Straftäter.
Elektroschocks, Versengung des Gesichts mit brennenden Zigaretten, Prügel, Hand- oder Daumenschellen, Fußschellen, Aufhängen an den Armen, Exposition an extreme Temperaturen, lange Einzelhaft, Entzug von Nahrung, Wasser und Schlaf, Zwangsarbeit und militärischer Drill sind nur einige der von den Chinesen angewandten Foltermethoden. Ihr Zweck ist es, die nationistischen Gefühle der Tibeter zu unterdrücken und ihre individuelle Persönlichkeit zu brechen. So entsetzlich die physischen Qualen der Folter auch sein mögen, noch verheerender für die Opfer sind die seelischen und emotionalen Traumen, die am schwierigsten zu heilen sind. Auch nach dem Ende ihrer Haft unterliegen ehemalige politische Gefangene in Tibet einer Art psychischer Folter. Das Leben wird ihnen extrem schwer gemacht, und Mönchen oder Nonnen wird die Wiederaufnahme in ihre Klöster verweigert. Sie werden sozial geächtet, ständig von den Behörden drangsaliert und jegliche Arbeitsaufnahme wird ihnen unmöglich gemacht. Zahlreiche Tibeter, die die Folter überlebt haben, leiden unter Albträumen und plötzlichen Flashbacks.
1984 verabschiedete die Generalversammlung der UNO die Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung und Bestrafung (UN Convention against Torture and other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment = CAT), die am 26. Juni 1987 in Kraft trat. Dies war ein bedeutender Schritt, um die Menschenrechte ins Bewußtsein der Allgemeinheit zu rücken und in Richtung der Erkenntnis der Illegalität jeder Form von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung - uneingeschränkt und universal. 1997 beschloß die Generalversammlung der Vereinten Nationen, dieses historische Ereignis entsprechend zu würdigen und erhob den 26. Juni zum Internationalen Tag zur Unterstützung von Folteropfern. Alle Vertragsstaaten der Konvention sind verpflichtet, Folter als Verbrechen zu behandeln und die Schuldigen strafrechtlich zu verfolgen und zu verurteilen. In der Konvention wird ausdrücklich betont, daß Folter weder durch Befehle von Vorgesetzten noch durch irgendwelche außerordentliche Umstände gerechtfertigt werden kann.
Bis Juni 2007 wurde die Konvention von 74 Staaten unterzeichnet, die sich verpflichtet haben, dem UN-Komitee gegen Folter in periodischen Abständen Bericht zu erstatten - einem Menschenrechtsgremium, das 1987 eingesetzt wurde, um die Einhaltung der Konvention zu überwachen und den Unterzeichnerstaaten bei der Umsetzung der Bestimmungen behilflich zu sein. Dieses Komitee besteht aus zehn unabhängigen Experten, die ihre speziellen Kenntnisse einbringen und von den beteiligten Staaten gewählt werden.
Obwohl die VR China die
Konvention gegen Folter (CAT) 1988 unterzeichnete, enthält die chinesische
Verfassung kein explizites Verbot der Folter. Relevant in dieser Hinsicht wären
die Artikel 37 und 38, welche die persönliche Würde der chinesischen
Staatsbürger schützen. Teil 2 der chinesischen Verfassung befaßt sich mit
diversen bürgerlichen und politischen Grundrechten sowie mit wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Rechten, er enthält jedoch kein ausdrückliches Verbot
der Folter oder anderer Formen von Mißhandlung. Obwohl die VR China in ihrer
revidierten Strafprozeßordnung, die 1997 in Kraft trat, gewisse Formen von
Folter unter Strafe stellte, wird in den der chinesischen Verwaltung
unterstehenden Haftanstalten in Tibet nach wie vor systematisch gefoltert.
UN-Mitgliedsstaaten, welche diese Konvention unterzeichnen, sind laut internationalem Recht verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um in ihrem Land Folter zu verhindern und, falls es dennoch zu Folterungen kommen sollte, die Opfer zu unterstützen. Um das Prinzip der Verantwortlichkeit der Täter, also der Verursacher gravierender Menschenrechtsverletzungen, durchzusetzen, sollten diese nicht mehr straflos ausgehen dürfen und vor Gericht gestellt werden. Es ist klar, daß ein kommunistischer Staat wie die VR China, der Folter als Zwangsmittel zur Unterdrückung von Minderheiten routinemäßig anwendet, das Prinzip der Verantwortlichkeit nicht akzeptiert und erst recht nicht gewillt ist, den Opfern in irgendeiner Weise Hilfe zu leisten.
Mit Blick auf die
gegenwärtige Lage fordert das TCHRD die Regierung der VR China auf, die
Empfehlungen des UN-Sonderberichterstatters für Folter umzusetzen, nämlich die
Folter abzuschaffen und die volle Entschädigung von überlebenden Folteropfern,
insbesondere in medizinischer und psychologischer Hinsicht, sicherzustellen.
Indem es sich dem Appell des Sonderberichterstatters anschließt, fordert das Zentrum die Freilassung von Jigme Tenzin, Jigme Gyatso, Lobsang Tsultrim (sie verbüßten alle langjährige Haftstrafen im Gefängnis Chushul), denn "sie wurden aus politischen Gründen verurteilt und ihre Aussagen wurden vermutlich durch Folter erzwungen". Seit der Berichterstattung des UN-Experten (Bericht E/CN.4/2006/6/Add.6 vom 10. März 2006) hat es keinerlei erkennbaren Fortschritt gegeben und die genannten Gewissensgefangenen sind immer noch in Haft. Weiterhin fordert das Zentrum die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf die VR China auszuüben, damit sie das Fakultativprotokoll zur CAT endlich ratifiziert.
Quelle: Pressemitteilung Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM)