Medien: Russland hat Tausende Soldaten auf die Krim geflogen
Archivmeldung vom 10.03.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtRussland soll einem Medienbericht zufolge und entgegen der Beteuerungen seines Präsidenten Wladimir Putin Tausende Soldaten auf die Krim gebracht haben. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Spiegel" können Sicherheitsexperten mehrerer Nato-Mitgliedstaaten belegen, dass seit dem Beginn der Krim-Krise mindestens 2.000 russische Soldaten von ihren Stützpunkten auf die Schwarzmeer-Halbinsel geflogen wurden.
Die Flughäfen auf der Krim wurden demnach zuvor von russischen Kräften besetzt. Schätzungen, die bei der Nato zirkulieren, gehen den Angaben zufolge von Zahlen aus, die die bislang belegbaren deutlich übersteigen: So sei die Rede von insgesamt 6.000 zusätzlichen russischen Soldaten, die Moskau auf die Krim beordert hat. Moskau bestreitet, eigene Truppen dorthin gebracht zu haben.
Ost-Ausschus-Vorsitzender Cordes warnt Russland vor Enteignungen
Eckhard Cordes, der Vorsitzende des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, hat Russland davor gewarnt, ausländische Investoren zu enteignen. "Der russische Föderationsrat droht offenbar mit einem Gesetz, das es erlaubt, ausländische Investoren zu enteignen", warnt Cordes in Gespräch mit der "Welt am Sonntag". "Wenn es wirklich Enteignungen gäbe, was ich nicht glaube, wäre das eine Katastrophe. Es sprengt meine Vorstellungskraft, dass der russische Staat sagt, wir nehmen Euch Fabriken und Supermärkte weg und enteignen Euch. Das wäre ein Horrorszenario."
Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Metro-Gruppe warnt allerdings auch in Richtung Moskau: "Enteignungen würden nicht nur deutschen und anderen ausländischen Investoren schaden sondern in erster Linie Russland", sagte Osteuropa-Kenner Cordes gegenüber der Zeitung. "Vertrauen ist die wichtigste Voraussetzung für Investitionen in einem anderen Land und wenn dieses Vertrauen nachhaltig erschüttert ist, dürften Unternehmen für lange Zeit davor zurückschrecken, in Russland zu investieren."
Deutsche sind beim Thema Sanktionen gegen Russland gespalten
In der Frage, ob der Westen mit Sanktionen auf das Verhalten der Russen auf der Krim reagieren sollte, sind die Deutschen gespalten. Nach einer Emnid-Umfrage für das Nachrichtenmagazin "Focus" befürworten 45 Prozent der Bundesbürger Sanktionen gegen Russland, 44 Prozent lehnen Strafmaßnahmen ab. 12 Prozent machten keine Angaben. 45 Prozent der CDU/CSU Anhänger waren für Sanktionen und 45 dagegen. Bei der SPD waren 55 Prozent für Strafmaßnahmen und 41 Prozent dagegen. Bei den Anhängern der Grünen war die Mehrheit (56 Prozent) für Sanktionen und 34 Prozent dagegen. Bei den Anhängern der FDP sprachen sich 65 Prozent für Sanktionen aus und 31 dagegen, während bei den Befürworter der Linken 21 für Sanktionen waren und 74 dagegen. Das Meinungsforschungsinstituts tns/Emnid befragte für "Focus" am 5. und 6. März 1.005 repräsentativ ausgewählte Personen.
Dena-Chef Kohler hält Gasversorgung durch Russland für sicher
Der Chef der Deutschen Energie-Agentur, Stephan Kohler, schließt einen russischen Gaslieferstopp für Deutschland aus. "Niemals würde Putin die Gaslieferung stoppen, dafür ist der deutsche Markt zu wichtig", sagte Kohler dem Nachrichtenmagazin "Focus" und widersprach damit dem Ifo-Chef Hans-Werner Sinn. Dieser geht davon aus, dass die Abhängigkeit vom russischen Gas wegen der Energiewende noch zunehme, weshalb sich Deutschland keine Sanktionen leisten könne. "Seit zwei Jahren ist der Gasverbrauch rückläufig", hält Kohler dagegen.
Die Energiewende führe langfristig dazu, dass Deutschland noch weniger Gas benötige. Zwar sollen neue Gaskraftwerke die Stromversorgung absichern, erklärte Kohler, diese würden aber nur dann eingesetzt, wenn der Wind nicht wehe und die Sonne nicht scheine. Kohler: "Die Energiewende macht uns unabhängiger." Der Dena-Chef bekommt Unterstützung vom Vorsitzenden des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, Eckhard Cordes. Der Ex-Metro-Chef wies im "Focus" auf die russische Vertragstreue hin: "Selbst in der kältesten Zeit des Kalten Krieges war Russland ein zuverlässiger Gas-Lieferant, der bestehende Verträge zu 100 Prozent eingehalten hat."
Bei Protesten verletzte Ukrainer werden in Deutschland behandelt
Die Bundesregierung hat sich bereit erklärt, einigen ukrainischen Staatsbürgern, die im Verlauf der Proteste auf dem Maidan in Kiew schwer verletzt worden sind, medizinische Hilfe in Deutschland zukommen zu lassen. Wie das Auswärtige Amt am Sonntag mitteilte, werde in der kommenden Woche eine Gruppe von 40 Verletzten mit einem Bundeswehr-Flugzeug nach Berlin geflogen und zur weiteren Behandlung und Rehabilitierung auf medizinische Einrichtungen in Deutschland verteilt.
Mit dieser Maßnahme werde auf eine Bitte der "Obersten Rada", des ukrainischen Parlaments, an die deutsche Botschaft in Kiew reagiert, hieß es weiter. "Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Deutschland Solidarität mit den Menschen der Ukraine zeigt und den Verwundeten vom Maidan hilft. Die Ärzteteams der Bundeswehr sind bereits in Kiew vor Ort und bereiten alles vor", erklärte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU).
NATO fordert Russland zum Rückzug aus Ukraine auf
In ungewöhnlich scharfer Form hat NATO-Generalsekretär Fogh Anders Rasmussen Russland für sein Vorgehen in der Ukraine attackiert und zum Rückzug aufgefordert. In einem Interview mit der "Bild-Zeitung" sagte Rasmussen: "Wir erwarten, dass Russland seine internationalen Verpflichtungen erfüllt, seine Truppen zurückzieht und sich nicht in sonstigen Regionen der Ukraine einmischt. Auf der Karte Europas im 21. Jahrhundert sollte niemand versuchen, neue Grenzen zu ziehen."
Rasmussen betonte, es gehe nicht allein um die Halbinsel Krim. Es sei auch nicht hinzunehmen, wenn sich Russland in anderen Regionen der Ukraine agiere. "Wir fordern Russland auf, seine internationalen Verpflichtungen einzuhalten und die militärische Eskalation auf der Krim zu stoppen", erklärte der NATO-Generalsekretär. "Die internationale Gemeinschaft setzt ihr politisches und diplomatisches Gewicht dafür ein, dass es zu einer friedlichen Lösung kommt. Die Nato, OSZE, Europäische Union und andere Akteure handeln dabei gemeinsam", so Rasmussen weiter.
Oettinger will Verhandlungen mit Russland in die Länge ziehen
EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) hat ein härteres Vorgehen der Europäischen Union (EU) gegenüber der russischen Führung angemahnt und angekündigt, er werde die Verhandlungen über eine geplante weitere Gaspipeline von Russland in die EU in die Länge ziehen. "Unsere Gespräche über Pipelines wie South Stream beschleunige ich derzeit nicht", sagte Oettinger der "Welt". "Sie werden sich verzögern."
Er sieht die EU gerüstet für eine mögliche Zuspitzung des Konflikts mit Russland. "Ich rate von Warnrufen dringend ab", sagte Oettinger. Es drohe schon wegen des milden Winters kein Versorgungsengpass: "Wir hatten zwar im September 2013 weniger in den Gasspeichern als ein Jahr zuvor. Aber heute, Anfang März, haben wir mehr in den Speichern als ein Jahr zuvor, wegen des geringen Bedarfs an Gas und Strom", sagte der deutsche EU-Kommissar der Zeitung.
Es gebe zudem keinerlei Anzeichen für eine Drosselung russischer Gasexporte, sagte Oettinger. "Wir haben verlässliche Daten für alle EU-Teilmärkte. Es gibt bisher keinerlei Unterbrechung der Gas-Lieferungen aus Russland und ich habe keinen Grund anzunehmen, dass die russischen Partner Unterbrechungen in ihre Überlegungen einbeziehen."
Ein diesbezügliches "Frühwarnsystem" habe sich bewährt. "Sowohl ich als auch mein Pendant in Russland müssen zum Hörer greifen, wenn wir Lieferveränderungen bemerken, vermuten oder selbst einleiten wollen. Das hat in den letzten Jahren gut funktioniert."
Laut Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle kamen im Jahr 2012 rund 39 Prozent der deutschen Erdgasimporte aus Russland. 35 Prozent kommen aus Norwegen und 27 Prozent aus den Niederlanden. Laut Oettinger fließen 14 Prozent des EU-Gasverbrauchs durch die Ukraine nach Europa. Beim Öl, für das Russland größter Lieferant der EU-Staaten ist, sieht Oettinger kaum Probleme. "Wir haben einen funktionierenden Weltmarkt für Öl, da ist maximal eine Verteuerung zu fürchten, aber keine Versorgungskrise", sagte er. Für vier Monate sei noch Öl vorrätig: "Wir haben für 126 Tage Öl in unseren europäischen Tanks."
Erdogan: Türkei zu Mitarbeit an Kontaktgruppe zur Ukraine bereit
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat am Sonntag erklärt, dass die Türkei bereit ist, im Rahmen ihrer engen Beziehungen zur Ukraine und zu Russland sowie ihrer besonderen Beziehung und direkten Kontaktmöglichkeit zu der Gemeinschaft der Krimtataren, an der Arbeit der Internationalen Kontaktgruppe zur Ukraine mitzuwirken.
In einem Telefongespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel befürwortete er ebenfalls eine zeitnahe Befassung des UN-Sicherheitsrates, des OSZE-Ministerrates sowie des Ministerkomitees des Europarates mit der Krise in der Ukraine, teilte ein Sprecher der Bundesregierung mit. Die Regierungschefs seien sich darüber einig gewesen, dass die Souveränität, die territoriale Integrität und die politische Einheit der Ukraine unbedingt geschützt werden müsse.
Das Risiko einer Auseinandersetzung auf der Krim müsse beseitigt werden. Das für den 16. März geplante Referendum hielten beide für sowohl äußerst bedenklich als auch unrechtmäßig. Erdogan und Merkel betonten, wie wichtig es sei, Verpflichtungen einzuhalten, die sich aus dem internationalen Recht und den bilateralen sowie multilateralen Abkommen ergeben, um die aktuelle Krise zu überwinden.
Putin hält Handeln der Krim-Behörden für legitim
Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Sonntag bekräftigt, dass er das Handeln der Krim-Behörden für legitim hält. So habe er in Telefongesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem britischen Premier David Cameron hervorgehoben, "dass die von den legitimen Behörden der Krim unternommenen Schritte auf die Bestimmungen des Völkerrechts stützen und auf die Gewährleistung der legitimen Interessen der Einwohner der Halbinsel gerichtet sind", teilte der Pressedienst des Kreml mit.
Die Bundeskanzlerin vertrat laut Regierungssprecher Steffen Seibert erneut die Position, dass das für den 16. März geplante Referendum illegal sei. Seine Abhaltung verstoße gegen die ukrainische Verfassung und internationales Recht. Merkel habe bedauert, dass weiterhin keine Fortschritte bei der Aufstellung einer internationalen Kontaktgruppe erzielt worden seien, die einen politischen Weg zur Lösung des Konfliktes in der Ukraine finden solle. Sie habe auf die Dringlichkeit hingewiesen, hier endlich zu einem Ergebnis zu kommen.
Gabriel: Russische Provokationen gehen weiter
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat angesichts der Entwicklungen der vergangenen Tage und des Vorziehens des Referendums über einen möglichen Anschluss der ukrainischen Halbinsel Krim an Russland, den Eindruck, "dass die Provokationen weitergehen. Und mein Eindruck ist, die Russen scheinen sich darüber nicht im Klaren zu sein, dass sie die Verantwortung dafür in den Händen halten, dass ganz Europa zurück fällt in die Zeiten des Kalten Krieges", sagte er im "ARD - Bericht aus Berlin".
Sollte die Krim nach dem Referendum tatsächlich an Russland angeschlossen werden, würde dies "nicht unbeantwortet bleiben", so der Vizekanzler. "Das Referendum verstößt gegen die Verfassung der Ukraine. Das ganze Handeln, darauf hat auch der frühere Bundeskanzler Schröder hingewiesen, ist völkerrechtswidrig", betonte er. "Und dann wird eine Entwicklung der Boykottmaßnahmen oder der Wirtschaftssanktionen kaum noch aufzuhalten sein."
Europa könne den Entwicklungen auf der Krim-Halbinsel nicht tatenlos zusehen, weshalb er auf weitere Gespräche hoffe. Mit Blick auf mögliche Wirtschaftssanktionen gegen Russland glaube er, "dass dabei am Ende für beide Seiten schwierige Zeiten anbrechen werden". Doch Russland könne kein Interesse daran haben, dass es zu wirtschaftlichen oder politischen Boykottmaßnahmen kommt. "Deswegen ich kann nur hoffen, dass Rationalität eintritt."
Quelle: dts Nachrichtenagentur