Nato-EU eskalieren schrittweise – wo ist das Ende?
Archivmeldung vom 10.03.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZu Wochenbeginn steht fest: Nato/EU rüsten in der Nachbarschaft der Ukraine auf, legen den Weg in weitere Sanktionen gegen Russland fest und sind offenbar fest überzeugt, sie könnten Russland damit zur Umkehr gewinnen. Radio "Stimme Russlands" sprach jetzt ein weiteres mal mit dem Publizisten und Regierungsberater Christoph Hörstel über die aktuelle Entwicklung in der Ukraine.
Herr Hörstel, Nato und EU rüsten in direkter Nachbarschaft der Ukraine auf und wollen den Sanktionskurs gegen Russland verstärken. Glauben Sie, dass diese Schritte Erfolg haben werden?
Selbstverständlich – nur nicht den erhofften. Bleiben wir einmal bei den jetzt bekannten Tatsachen: Russland hatte parallel zur Ukraine Krise eine Funktionsüberprüfung für 150.000 Mann an der Grenze gefahren, für wenige Tage – das ist längst vorbei, alle Soldaten sind wieder zurück in ihren Kasernen. Weitere Übungen stehen in späteren Monaten auf dem Terminkalender – an den sich Russland ja nicht sklavisch halten muss. Aber die Ukraine versetzt die Gesamtarmee in Kampfbereitschaft, das nennt man auch Mobilmachung, fängt jetzt mit gemeinsamen Manöver-Überlegungen mit Polen für Mai/Juni an, das ist ein Nato-Land. Die USA verlegen mindestens 12 Kampfbomber vom Typ F-16, andere sprechen von 16, plus 300 Mann nach Polen und weitere sechs F-15 nach Litauen. Damit übt die Nato JETZT eindeutig den Aufmarsch an Russlands Grenze, zu einem Zeitpunkt, an dem Russland sich klar zurückgenommen hat, das halte ich für sehr gefährlich. Wenn nicht sofort die Friedensbewegungen in der Nato/EU in Bewegung kommen, haben wir militärische Eskalationsschritte, bevor die Menschen den Frieden sichern helfen können, dass sind alles hoch gefährliche Präzedenz-Fälle. Wo findet denn ein möglicher Krieg statt: Nicht beim wichtigsten, mächtigsten Kriegstreiber USA, sondern hier, mitten in Europa, bei uns. Wahnsinn.
Was soll denn Russland nun Ihrer Ansicht nach tun? Zurückstecken, den Schutz seiner Bürger und Sympathisanten aufgeben?
Niemals. Russland kann nur geradeaus weitergehen, alles Andere würde die Lage verschlimmern, weil es die Aggression der Nato/EU ermutigt. Es wird kluge und abgewogene Schritte geben, die Russland tun kann, um westliche Provokationen angemessen zu beantworten. Bei uns haben noch nicht viele Politiker verstanden, dass Russland sich zur Zeit einfach Trumpfkarten schafft, die es allesamt nicht unbedingt ausspielen muss, angefangen bei der Eingemeindung der Krim.
Aber beschreiben Sie da nicht gerade ein Szenario für den Weg in Richtung Krieg?
Von außen mag das so aussehen – aber tatsächlich müssen wir gut analysieren, was hier passiert: Über Jahre hin hat die Nato/EU Nazis in der Ukraine kontaktiert, hofiert und finanziert, sie in Gruppenstärke ins neue illegitime ukrainische Kabinett geholt – will darauf jetzt ihre Politik gründen. Da steckt Planung dahinter – das muss allen Beobachtern klar sein, so etwas gelingt nicht von heute auf morgen. Also muss die Nato/EU doch einigermaßen verzweifelt sein und Mangel an geeigneten und vernünftigen Gesprächspartnern für ihren ‚regime change’ von außen haben, wenn sie zu solchen Akten der Verzweiflung greift. Mit fünf Milliarden US$ Kosten für diese dreckige Politik wird es schwerhalten, den Westen mit freundlichen Worten zur Umkehr zu bringen, das hat ganz Russland verstanden. Nachgeben durch Russland heißt: Die von Washington immer straffer geführte EU – ein Telefonat Obama-Hollande, und schon steigt in Paris die Lust auf Sanktionen – wird sich sofort ermutigt fühlen. Und die Menschen in der Ukraine, die bisher Russland vertraut haben, werden sofort Angst bekommen, wie es weitergeht – damit droht komplettes Chaos. Also gilt für Russland: Genau so weitermachen: schnell, klar und stets unterhalb der eigenen Möglichkeiten bleiben. Die Nato ist nicht dumm, sie erkennt, dass Putin noch deutlich härter hätte reagieren können. Ich sehe nur so die Chancen auf friedlichen Ausgleich reifen. Nur wenn Moskau relativ hart bleibt, schreckt die Nato vor Gewalt und zuviel Eskalation zurück.
Aber da sind noch die Sanktionen, die sollen ja nächste Woche verstärkt werden...
Klar, das ist auch so eine fixe Nato-Idee. Jeder weiß, dass Putin oder Russland durch Sanktionen nicht erreichbar ist – aber wir versuchen das trotzdem. Da will jemand mit dem Säbel rasseln, trägt aber nur ein schwaches Hölzchen am Gürtel. Was das soll weiß ich nicht, kein einziger Krim-Bewohner wird wegen möglicher Sanktionen auf den Anschluss an Russland verzichten, nicht einer. Wenn es nicht so ernst wäre, würde ich loslachen.
Also Sanktionen werden kommen?
Selbstverständlich, schließlich weiß die Nato/EU, dass die ganze Welt fasziniert zusieht, in welche Dummheit man sich da wieder hineinstrampelt. Also wird sie irgendetwas tun müssen, auch wenn zuhause die Front bröckelt.
Was meinen Sie damit?
Nun, plötzlich kommt Altbundeskanzler Schröder und gibt zu, dass die Nato in seiner Kanzlerzeit illegal Jugoslawien überfallen und bombardiert hat. Interessanter rot-roter Schachzug, das hatte bisher nur sein ex-Genosse Lafontaine gewagt. Und natürlich CDU-Mann Wimmer, der jetzt auch wieder warnt. Überall im Westen melden sich jetzt ehemals etablierte Politrentner und warnen vor der jetzigen Politik.
In dieser Lage, welcher einzelne Faktor ist für Sie entscheidend?
Für die Menschen hier im Westen, so leid es mir tut, an Russland gewandt: Die Beherrschung der Medien. Hilfreich wäre noch vor dem Wochenende ein weiterer klärender Skandal in der Qualität des Ashton-Telefonats.
Quelle: Radio „Stimme Russlands"