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Reporter ohne Grenzen fordert politische Konsequenzen aus jüngsten NSA-Enthüllungen

Archivmeldung vom 03.07.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.07.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Doris Oppertshäuser
Logo - Reporter ohne Grenzen e.V.
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Angesichts der jüngsten NSA-Enthüllungen fordert Reporter ohne Grenzen (ROG) die Bundesregierung und den NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags auf, endlich den Weg für eine vorbehaltlose Untersuchung der US-Überwachungsaktivitäten gegen deutsche Bürger freizumachen. Der US-Geheimdienst forscht nach Informationen von NDR und WDR gezielt Nutzer des Anonymisierungsnetzwerks Tor aus - darunter auch deutsche IP-Adressen, die eindeutig als Überwachungsziel gekennzeichnet seien.

"Verschlüsslungsprogramme und das Tor-Netzwerk sind unerlässliche Werkzeuge, mit denen sich Journalisten und Menschenrechtsaktivisten in vielen Ländern der Welt gegen Zensur und Verfolgung zu schützen versuchen. Dass die NSA ausgerechnet diese Menschen gezielt ausspäht, offenbart den ganzen Zynismus der aus dem Ruder gelaufenen US-Überwachungspolitik", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Angesichts dieser Enthüllungen muss die Bundesregierung endlich ihre Strategie aufgeben, den NSA-Skandal auszusitzen und bei der Aufklärung die entscheidenden Fragen auszuklammern." (http://bit.ly/1ocfivF)

Internetnutzer, die auf das Tor-Netzwerk zugreifen, werden laut NDR und WDR in einer Kommentarspalte zum Quellcode des NSA-Programms als XKeyscore als "Extremisten" gekennzeichnet. Der Geheimdienst speichert den Informationen der beiden Rundfunksender zufolge auch gezielt die Verbindungen von Menschen, die im Internet etwa nach Verschlüsselungssoftware suchen oder die Webseite des Tor-Netzwerks besuchen. (http://bit.ly/TQzavb)

Unhaltbar geworden ist mit den jetzt bekannt gewordenen Informationen nicht zuletzt die Behauptung der Bundesregierung, gegen die umfassende NSA-Überwachung könnten sich die Bürger letztlich nur selbst schützen, indem sie etwa ihre elektronische Kommunikation verschlüsseln. Vielmehr ist nun politisches Handeln angezeigt, um dem US-Überwachungsapparat Einhalt zu gebieten. Denn die neuen Erkenntnisse zeigen auch, dass sich die Überwachung durchaus beschränken lässt, wenn dies politisch gewollt ist.

Auch die jahrelange enge Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes mit der NSA bei der Überwachung eines Datenknotenpunkts in Frankfurt (http://bit.ly/1v64bqJ) erscheint nun in einem noch problematischeren Licht. Sie muss dringend aufgearbeitet werden.

Die US-Regierung sollte nach den jüngsten Enthüllungen dringend zeigen, dass es ihr ernst ist mit dem erklärten Ziel, verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen. Präsidentenberater John Podesta hatte vergangenen Freitag beim transatlantischen "Cyberdialog" in Berlin auf Bemühungen seiner Regierung verwiesen, den Schutz der Privatsphäre auch von ausländischen Bürgern gesetzlich festzuschreiben. Den USA gehe es nicht darum, einfache Bürger auszuspionieren. (http://bit.ly/1oclrYI)

BEITRAG ZUR INTERNETFREIHEIT: ROG UNTERSTÜTZT TOR-NETZWERK

ROG betreibt im Rahmen seines Engagements für den sicheren und unzensierten Zugang zum Internet selbst einen Knotenpunkt für das Anonymisierungsnetzwerk Tor. Tor - kurz für "The Onion Routing" - schützt Internetnutzer, indem es ihren Datenverkehr anonymisiert und so verhindert, dass er von Unbefugten mitgelesen und analysiert wird. Dazu werden die Datenströme verschlüsselt und auf zufälligen, wechselnden Routen über jeweils drei Server geleitet, von denen jeder nur seine unmittelbaren Vorgänger und Nachfolger kennt. Das Netzwerk ermöglicht auch den Zugriff auf zensierte Webseiten - sei es aus Ländern wie China, Vietnam oder Iran, aus öffentlichen WLAN-Netzen etwa in Hotels und Flughäfen oder aus den Netzwerken von Arbeitgebern wie dem US-Militär.

Durch die Enthüllungen des NSA-Whistleblowers Edward Snowden ist schon länger bekannt, dass die NSA und ihr britisches Pendant GCHQ sowie die US-Bundespolizei FBI gezielt versucht haben, Nutzer des Tor-Netzwerks zu überwachen und zu identifizieren (http://bit.ly/176iwqq). Allerdings gelang ihnen dies wohl nur in sehr begrenztem Umfang. Nach Einschätzung von Verschlüsselungsexperten ist die Technologie weiterhin als sicher zu betrachten.

ROG rät auch angesichts der jüngsten Erkenntnisse weiterhin zur breiten Nutzung von Anonymisierungs- und Verschlüsselungsdiensten: Je öfter und von je mehr Menschen solche Dienste genutzt werden, desto schwieriger wird es für Geheimdienste, besonders schutzbedürftige Menschen wie Journalisten und Aktivisten in der Masse der Daten ausfindig zu machen.

ROG hat im Rahmen seines Einsatzes für Internetfreiheit ein Handbuch mit zahlreichen Empfehlungen und Anleitungen zur Online-Sicherheit zusammengestellt: https://www.wefightcensorship.org/online-survival-kithtml.html. Für eine geschützte Kontaktaufnahme sind alle Mitarbeiter der ROG-Geschäftsstelle über verschlüsselte E-Mails erreichbar. Die entsprechenden PGP-Schlüssel finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/ueber-uns/team/.

Quelle: Reporter ohne Grenzen e.V. (ots)

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