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Streit um Definition für politische Gefangene führt zu Spaltung im Europarat

Archivmeldung vom 29.06.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.06.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: S. Hofschlaeger / PIXELIO
Bild: S. Hofschlaeger / PIXELIO

Der Ausschuss für Recht und Menschenrechte der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) hat diese Woche mit knapper Mehrheit zwei kontroverse Berichte über die politische Definition von politischen Gefangenen und speziell zur Frage der politischen Gefangenen in Aserbaidschan durch Sonderberichterstatter Christoph Strasser anerkannt.

Die Berichte wurden durch eine knappe Abstimmung mit jeweils 26 zu 22 und 25 zu 23 Stimmen angenommen, was höchst ungewöhnlich ist, da derartige Entscheidungen grundsätzlich beinahe einstimmig entschieden werden.

Der Ausschuss war sich hinsichtlich der vorgeschlagenen Kriterien uneinig, die 2001 von drei Experten festgelegt worden waren und sich auf deren Arbeit mit politischen Gefangenen während des Bürgerkriegs in Namibia vor 25 Jahren stützten. Zahlreiche Abgeordnete argumentierten, dass es sich um veraltete Kriterien handele, die für die Mitgliedsstaaten des Europarats, zu denen auch Aserbaidschan zählt, heutzutage nicht mehr als objektives Kriterium dienen könnten.

Abgeordnete aus Italien und Spanien forderten, Artikel 17 des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu beachten, der das Recht des Staates zur Verteidigung seiner Verfassung gegen Gruppen, die dies zu stürzen versuchen, festschreibt.

Sie brachten ihre Sorge hinsichtlich der Tatsache zum Ausdruck, dass gefangene islamische Extremisten, die vom Iran unterstützt werden und öffentlich fordern, die Scharia in Aserbaidschan, das an den Iran grenzt, durch gewalttätige Massnahmen zum Gesetz zu machen, nach Strassers Bericht sofort freigelassen werden sollen. Sie betonten, dies stelle einen Präzedenzfall für alle Europarat-Mitgliedsstaaten dar, die vor ähnlichen Herausforderungen des islamischen Extremismus stehen.

"Es ist ein Skandal, dass extremistische religiöse Gruppen, die vom Iran und Terroristen in meinem Land gefördert werden, als politische Gefangene gelten", erklärte Elkhan Suleymanov (Abgeordnete aus Aserbaidschan) hinsichtlich der knappen Entscheidung.

"Diese Berichte sind voller Vorurteile und Unwahrheiten und stellen einen schlechten Präzedenzfall für alle Mitgliedstaaten dar. Wir brauchen eine offene und transparente öffentliche Debatte, um ein Messen mit zweierlei Mass zu vermeiden. Das Fehlen einer solchen Debatte und das mangelnde Verständnis internationaler Massstäbe schaden dem Ruf des Europarates, der immerhin eine Bastion für Menschrechte darstellt", so Suleymanov.

Belgische Abgeordnete wiesen ausserdem auf juristische Mängel in den Berichten hin, da der Berichterstatter Strasser sich auf laufende Verfahren vor dem EGMR beziehe, seine persönliche Meinung mit einbringe und daher in den juristischen Prozess eingreife. Die Abgeordneten riefen die Versammlung - die Legislative des Europarates - dazu auf, aus individuellen Fällen keine rechtlichen Beurteilungen abzuleiten, da dies eine ernsthafte Bedrohung für das Gericht darstelle und dessen Unparteilichkeit beeinträchtigen könne.

Derzeit existiert keine allgemein akzeptierte Definition für politische Gefangene in der internationalen Gemeinschaft. Die Vereinten Nationen und Amnesty International verwenden die Begriffe "Gefangenen aus Gewissensgründen" oder "Gesinnungshäftlinge". Die knappe Abstimmung zur Anerkennung der Berichte, die auf den Erfahrungen in Namibia beruhen, hat nun zu einer ernsten Spaltung zu diesem Thema im Europarat geführt.

Die endgültige Abstimmung über die beiden Berichte wird während der Tagung der Versammlung im Oktober/November stattfinden.

Quelle: Azerbaijan Monitor (ots)

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