Bundesregierung nimmt Zoll-Drohungen ernst - Habeck spricht mit EU
![Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Staatssekretär Patrick Graichen am 6. April 2022 in Berlin](https://www.extremnews.com/images/article_landscape-608fa59189a143cab58f8df150e7a77f.jpeg)
Bild: Eigenes Werk /SB
Die Bundesregierung hält die Zoll-Drohungen von US-Präsident Donald Trump nicht für einen Bluff. "Zunächst nehmen wir natürlich diese Äußerung zur Kenntnis, und wir nehmen sie auch ernst", sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums am Montag auf Anfrage der dts Nachrichtenagentur.
"Wir betrachten die Ankündigung des amerikanischen Präsidenten mit Sorge, weitere Zölle einzuführen."
Wirtschaftsminister
Robert Habeck (Grüne) habe sich am Montag bereits mit
EU-Handelskommissar Maros Sefcovic ausgetauscht und außerdem am
Vormittag mit 25 Wirtschaftsverbänden und der Gewerkschaftsseite darüber
beraten. Letzterer Termin sei zwar ohnehin angesetzt gewesen, durch die
Ankündigung in der Nacht habe er aber eine besondere Bedeutung
bekommen.
"Grundsätzlich gilt, dass Zölle natürlich die deutsche
und exportorientierte Wirtschaft treffen würden", sagte der Sprecher
weiter. Das gelte für die sogenannten reziproken Zölle, die angekündigt
wurden, auch wenn die Zollsätze zwischen der EU und den USA nicht sehr
intensiv seien. "Besonders würde sich aber die Wiedereinführung von
Zöllen auf Stahl und Aluminium auswirken. Dadurch würden Exporte der
EU-Produzenten von Stahl und Aluminium in die USA verteuert". Auf der
anderen Seite würde es durch die höheren globalen Zölle der USA auch zu
Handelsumleitungen von anderen stahlproduzierenden Ländern kommen, die
dann weniger in die USA exportieren und sich neue Absatzmärkte suchen
würden. "Das würde den Preisdruck erhöhen", so der Sprecher.
Das
Szenario ist nach Ansicht des Wirtschaftsministerium vergleichbar mit
dem Vorgehen aus der ersten Amtsperiode von Präsident Trump. Damals gab
es auch US-Zölle auf Stahl und Aluminium gegenüber der Europäischen
Union. Diese hatte darauf mit Gegenzöllen reagiert und zusätzlich
Schutzmaßnahmen gegen Handelsumlenkungen eingeleitet. Es gelang dann dem
damaligen Kommissionspräsidenten, sich im Gespräch mit dem
US-Präsidenten zu verständigen. Die Zölle wurden dann faktisch
ausgesetzt, sodass sie die deutschen Unternehmen nicht mehr getroffen
haben.
"Die Einigung war damals richtig, es ist auch weiterhin
richtig, dass wir nicht zu gegenseitigen hohen Zöllen kommen, sondern
darauf hinwirken, dass es nicht zu diesen Maßnahmen kommt", hieß es dazu
am Montag vom Wirtschaftsministerium. Dafür setzte sich die EU weiter
ein, ebenso wie die Bundesregierung. "Gleichzeitig - und das haben wir
immer wieder betont - bereitet die Europäische Union eine Reaktion vor
und hat natürlich Vorbereitungen für den Fall der Fälle getroffen. Aber
es gilt: Wir wollen alles verhindern, um zu erreichen, dass es möglichst
nicht dazu kommt. Denn am Schluss würden höhere Zölle allen Seiten und
allen Beteiligten schaden."
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte
am Vorabend im TV-Duell mit seinem Herausforderer Friedrich Merz
erwähnt, die EU könne "innerhalb einer Stunde" auf Zölle aus den USA
reagieren und sei entsprechend vorbereitet. Ebenso wie Merz es in der
Sendung gefordert hatte, sieht auch die Bundesregierung Großbritannien
als Verbündeten in dieser Sache. "Großbritannien ist ein Partner der
EU", sagte der Sprecher. "Wenn das jetzt konkrete Zölle gegenüber der EU
sind, dann ist der EU-Wirtschaftsraum der entscheidende
Ansprechpartner. Da tauschen sich selbstverständlich auch die
Bundesregierung und die EU mit Großbritannien aus", sagte der
Ministeriumssprecher.
Quelle: dts Nachrichtenagentur