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Finanziert die polnische Regierung heimlich Desinformation über Osteuropa und die Ukraine?

Archivmeldung vom 15.12.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.12.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Mateusz Morawiecki (2022)
Mateusz Morawiecki (2022)

Foto: Author
Lizenz: CC BY 3.0 pl
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Einer der größten Social-Media-Accounts in Osteuropa verbreitet nachweislich Desinformation. Jetzt deutet der Bericht einer renommierten polnischen Nachrichtenseite darauf hin, dass dies alles von Warschau aus gesponsert wird. Dies analysiert Felix Livschitz im Magazin "RT DE".

Weiter analysiert Livschitz  auf RT DE: "Es ist wahrscheinlich, dass jeder aktive Nutzer bei Twitter im vergangenen Jahr mindestens einen oder zwei Tweets von einem Konto namens Visegrad24 gesehen hat, und höchstwahrscheinlich sind die in diesen Tweets enthaltenen Informationen Desinformation. Jetzt hat die Recherche einer führenden polnischen Nachrichtenseite ergeben, dass Visegrad24 mutmaßlich vom Büro des polnischen Premierministers Mateusz Morawiecki finanziert wird.

Visegrad24 wurde 2020 gegründet und veröffentlicht rund um die Uhr Nachrichten über Mittel- und Osteuropa. Die völlig undurchsichtige Webseite besteht nur aus einer einzigen Startseite. Mit Links zu ihren verschiedenen Social-Media-Konten, zu PayPal und einem Text, der die Besucher auffordert, "bitte Geduld zu haben", da das Team "derzeit rund um die Uhr Updates aus der Ukraine in den sozialen Medien verbreitet." Wer oder was diese "Nachrichtenseite" betreibt und finanziert, wird nicht genannt und eine E-Mail-Adresse ist die einzige Kontaktmöglichkeit.

Die Anhängerschaft und die Sichtbarkeit von Visegrad24 explodierte nach dem Beginn der russischen Militäroffensive in der Ukraine, und der Account postet seitdem mehrmals täglich über den Konflikt. Der Twitter-Account hatte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels fast 320.000 Follower, vielleicht aufgrund seiner klaren Anti-Russland-Voreingenommenheit. Wobei die Posts fast immer Hunderte, wenn nicht Tausende von Likes und Retweets generieren – nicht selten von Mainstream-Politikern, "Experten", Journalisten und Medien.

Dieser rasante Aufstieg zur Social-Media-Prominenz ist jedoch nicht unumstritten. Viele Nutzer haben in den sozialen Medien auf die auffällige Tendenz von Visegrad24 aufmerksam gemacht, Informationen zu veröffentlichen, die oft ein weitaus positiveres Bild von Kiews Kriegsführung zeichnen, als jenes, das sich in der Realität vor Ort zeigt. Das hier verlinkte Beispiel zeigt die Entlarvung eines typischen Visegrad24-Narrativs.

Zur Desinformation, die von diesem Twitter-Account verbreitet wurde, gehören völlig abstruse und nicht zutreffende Berichte. Wie über den Schauspieler Leonardo DiCaprio, der 10 Millionen Dollar an die Ukraine gespendet haben soll. Über die Unterstützung von Politikern in Warschau für die Schaffung einer polnisch-ukrainischen Union. Und die Verbreitung von Bildern, die angeblich aus dem Ukraine-Konflikt stammen sollen, aber in Wirklichkeit viele Jahre alt sind.

Jetzt hat der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki ernsthafte Fragen zu beantworten, ob sein Büro tatsächlich hinter Visegrad24 steckt. Denn ebendies legt eine Untersuchung der Nachrichten-Webseite Wiadomości nahe.

Wiadomości stellte fest, das polnische Finanzministerium habe am 23. November Dokumente zum Haushalt veröffentlicht, aus denen hervorgeht, dass Ministerpräsident Morawiecki 1.396.800 Złoty (rund 300.000 Euro) einer Einrichtung namens Action-Life Foundation zukommen ließ, um "die Umsetzung einer öffentlichen Aufgabe unter dem Namen Visegrad24 zu finanzieren."

Bild: Screenshot RT DE / Eigenes Werk

Abgesehen von der genannten Social-Media-Initiative scheint es in der Region – oder sogar weltweit – keine andere Organisation mit diesem Namen zu geben. Auf der Suche nach Klarheit kontaktierte Wiadomości das Büro des Premierministers und fragte, ob es sich um ein und dasselbe handele, und nach der Begründung für die Finanzierung des Projekts. Auch der Action-Life Foundation wurden diese Fragen gestellt.

Ursprünglich behauptete das Informationszentrum der polnischen Regierung, dass die Gewährung des Zuschusses durch den Ministerpräsidenten auf ein Angebot der Action-Life Foundation im vergangenen September erfolgt sei. Wenngleich weder der Vertrag noch weitere Einzelheiten offen gelegt wurden, da die Vereinbarungen "noch nicht abgeschlossen wurden" und "die Verfahren zur Vertragsunterzeichnung für die Durchführung dieses Projekts noch im Gange sind." Das Informationszentrum erklärte nicht, ob es sich dabei um Visegrad24 handelt und ignorierten Folgeanfragen zu diesem Thema.

Wiadomości versuchte anschließend Fakten über die Action-Life Foundation zu recherchieren. Die 2014 gegründete Stiftung befasst sich offiziell mit der "Förderung des Gesundheitsschutzes in all seinen Facetten, der Unterstützung und Initiierung der Entwicklung von Sport, Kultur, Bildung, Kunst, Wissenschaft, Medizin, Physiotherapie und der umfassenden Förderung von Lebensfreude" sowie "Wohltätigkeitsaktionen".

Wiadomości rief die auf der Webseite der Stiftung angegebene Telefonnummer an. Seltsamerweise wollte sich der Antwortende namentlich nicht zu erkennen geben, obwohl seine Aussagen darauf hindeuteten, dass er derjenige war, der die Gespräche mit dem Büro des Ministerpräsidenten über die Subventionierung von Visegrad24 geführt hatte. Angeblich sei der Stiftung jedoch am 21. und 25. November – zeitgleich mit der offiziellen Genehmigung der Mittel – mitgeteilt worden, dass "keine Mittel mehr im Haushalt vorhanden" seien und die Organisation somit keine staatlichen Gelder erhalten könne.

Wer diese Informationen weitergegeben hat und ob die Entscheidung, den zuvor genehmigte Zuschuss wieder zurückzuziehen, schriftlich erteilt wurde, wollte der namenlose Mann indes nicht sagen. Auf die Frage, ob die Stiftung vor dem Visegrad24-Projekt geopolitisch aktiv gewesen sei, erwähnte er das Festival der polnisch-tschechischen Kultur und des Gesangs. Als er dann nach der Webseite von Visegrad24 gefragt wurde, erklärte er: "Es gibt kein Projekt, also gibt es keine Webseite" – und hat dann aufgelegt.

Das Büro des polnischen Premierministers ignorierte ebenfalls Anfragen, ob sein Zuschuss für die Stiftung zurückgezogen worden sei, und ob dies geschehen sei, nachdem Wiadomości Fragen dazu gestellt habe. Und auch Stefan Tompson, Videokünstler, PR-Beauftragter und Mitarbeiter des staatlichen polnischen Fernsehsenders Telewizja Polska, der mit dem Social-Media-Kanal Visegrad24 verbunden ist, beantwortete den Anruf von Wiadomości nicht.

Dieses kollektive Schweigen spricht Bände. Seit Beginn des Konflikts wird online ein Informationskrieg geführt, der laut australischen Forschern stark zugunsten der Ukraine ausfällt. Es wäre nicht verwunderlich, wenn Visegrad24 tatsächlich vom polnischen Staat finanziert würde. Was könnte sonst den Widerwillen aller daran beteiligten Einzelpersonen und Beamten erklären, sich dazu zu äußern?"

Quelle: RT DE

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