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Lieferketten: Ein Drittel aller Importe in der EU anfällig für Schocks

Archivmeldung vom 11.10.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.10.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: Marlies Schwarzin / pixelio.de
Bild: Marlies Schwarzin / pixelio.de

Keine Computerchips für die Autoindustrie oder zeitweise zu wenig Impfstoff – nur zwei Beispiele, die in Zeiten von Corona die Verwundbarkeit globaler Lieferketten zeigen.

„Insbesondere bei Hochtechnologie und Medizinprodukten stellen wir eine große Abhängigkeit von asiatischen Produzenten fest, allen voran aus China“, sagt Robert Stehrer, wissenschaftlicher Leiter des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) und Co-Autor einer neuen Studie zum Thema.

Gemeinsam mit Kollege Oliver Reiter hat sich Stehrer angesehen, welche Produkte und Sektoren in der EU am anfälligsten für weltwirtschaftliche Schocks sind – und welche Lehren die Politik daraus ziehen sollte. Dazu wurden 4.700 Waren und Vorprodukte einer genauen Risiko-Analyse anhand der Faktoren Marktkonzentration, Tendenz zur Clusterbildung, Dominanz einzelner Lieferanten und internationale Substituierbarkeit unterzogen.

Hightech-Industrien am anfälligsten

Das Ergebnis: Von 4.700 untersuchten Gütern weisen 9% ein erhebliches Verfügbarkeitsrisiko auf, da sie sehr konzentriert – oftmals außerhalb Europas – hergestellt werden. Ein großer Teil davon entfällt auf Hightech-Produkte wie Elektronik oder Maschinen. Ihr Wertanteil am Warenhandel ist relativ hoch: Die „riskanten“ Güter machen für die gesamte Weltwirtschaft etwa 27% aus. In Deutschland mit seiner starken Industrie sind es 35%, im ebenfalls Industrie-lastigen Tschechien über 38%, im EU-Schnitt immerhin 30%.

Rund ein Drittel der Importe in der EU entfällt also auf Erzeugnisse, die im Falle von Handelsturbulenzen ein erhebliches Verfügbarkeitsrisiko bergen. Im Falle der Volksrepublik China – immerhin der zweitwichtigste Handelspartner der EU – beträgt ihr Anteil an den EU-Importen fast die Hälfte (48,8%). „Die umfassenden Produktionsausfälle in der Automobilindustrie aufgrund fehlender Chips führen die schmerzhaften Auswirkungen von Lieferengpässen derzeit eindrücklich vor Augen“, so Oliver Reiter.

Robusteres Welthandelssystem

Allerdings sind die aktuellen Handelsturbulenzen vergleichsweise harmlos. „Wirklich gefährlich wäre ein Stopp von Exporten aus politischen Gründen im Rahmen eines Handelskonfliktes, wie er derzeit zwischen den USA und China tobt“, meint Robert Stehrer. Aufgrund von US-Sanktionen haben chinesische Technologiefirmen den Zugang zu Chips und Software amerikanischer Provenienz verloren. „Ähnliches könnte Europa eines Tages in umgekehrter Richtung drohen. Von den Auswirkungen eines bewaffneten Konflikts um Taiwan, das bei Halbleitern teilweise fast ein globales Produktionsmonopol hat, einmal ganz abgesehen“, sagt Stehrer. Europa sollte laut den Studienautoren daher alles tun, um den regelbasierten, multilateralen Welthandel im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO zu stärken.

Schlüsselindustrien in Europa

Bei „lebenswichtigen“ Erzeugnissen wie Medikamenten oder essenziellen Elementen zukunftsweisender Technologien wie Computerchips muss Europa aber auch ernsthaft über ein Zurückholen der Produktion nachdenken, empfiehlt die Studie. „Nur wenn wir Schlüsselindustrien wie Halbleiter wieder selbst in der Hand haben, bleiben wir langfristig wettbewerbsfähig. Dafür braucht es aber neue Rahmenbedingungen – zum Beispiel eine Änderung des EU-Beihilfenrechts für Betriebsansiedlungen oder eine auf diese Ziele ausgerichtete strategische Industriepolitik, siehe z.B. den angekündigten ‚European Chips Act‘“, so Stehrer.

Die Studie „Learning from tumultous times: An analysis of vulnerable sectors in international trade in the context of the Corona health crisis” wurde vom österreichischen Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) beauftragt und finanziert.

Quelle: Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) (ots)

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