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BP-Ölpest: Zehnmal schlimmer als Exxon Valdez

Archivmeldung vom 24.09.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.09.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Ölaustritt: Insgesamt flossen 700 Mio. Liter ins Meer. Bild: Columbia University
Ölaustritt: Insgesamt flossen 700 Mio. Liter ins Meer. Bild: Columbia University

Die Menge an Öl, die im Golf von Mexiko heuer in Folge der Explosion der BP-Bohrinsel "Deepwater Horizon" tatsächlich ausgeflossen ist, übersteigt noch die bisherigen offiziellen Schätzungen. Zu diesem Schluss kommen zwei Meeresforscher der Columbia University in der Wissenschaftszeitschrift "Science". Die Gesamtmenge liegt demnach mit rund 700 Mio. Liter rund zehnmal über jener, die 1989 beim Unglück des Öltankers "Exxon Valdez" auslief. Diese Untersuchung der Katastrophe ist die erste unabhängige und beruht auf Videoaufzeichnungen.

Die Angaben zum Ölausfluss wurde seit der Explosion am 20. April 2010 und dem Absinken der Bohrinsel zwei Tage darauf stets nach oben korrigiert. Ging man anfangs von 160.000 Liter pro Tag aus, steigerte sich diese Angabe schrittweise auf zuletzt drei Mio. Liter pro Tag. Laut den Forschern flossen nach dem 22. April jedoch deutlich mehr aus, nämlich 8,9 Mio. Liter pro Tag. Nach der Entfernung des beschädigten Rohres am 3. Juni steigerte sich der Fluss sogar auf täglich 10,8 Mio. Liter, bis der Betreiber BP am 15. Juli das Anbringen der Verschlusskappe gelang.

BP saugte nach eigenen Angaben 130 Mio. Liter Öl ab. Damit dürften insgesamt 700 Mio. Liter Öl ins Meer gelangt sein. Das ist zehnmal mehr, als man früher schätzte, und stellt das Unglück des Tankers Exxon Valdez, der bisher größten Ölkatastrophe der USA, mühelos in den Schatten. Damals waren 41 Mio. Liter Öl in den Pazifik vor Alaska geflossen. Global wird diese Menge nur von der rund einer Mrd. Liter Öl übertroffen, die im Irakkrieg 1991 aus beschädigten Tankern und Ölterminals in den persischen Golf flossen.

Rückschluss durch Video

Für die aktuelle Messung setzten die US-Meeresgeophysiker eine Methode ein, mit der sie bisher Quellen auf dem Pazifikgrund gemessen hatten. Sie analysierten dazu Videoaufnahmen des Ölausflusses Bild für Bild und berechneten daraus die Fließgeschwindigkeit. "Grundlagenforschung erhielt hier plötzlich hohe Bedeutung für die Gesellschaft", so Studienleiter Timothy Crone. Allerdings besaßen sie nur zwei rund 25-Sekunden-Videoclips mit ausreichend guter Auflösung - eines von der Zeit vor dem 3. Juni, eines von danach. Der Fehlerspielraum dürfte um 20 Prozent liegen, womit ein Gesamtausfluss von 560 bis 840 Mio. Liter möglich ist.

Die Diskussion, wo sich das Öl nun befindet, ist noch nicht abgeschlossen. Die US-Regierung erklärte die noch immer in Säuberung befindlichen Strände als sicher und verkündete, dass der überwiegende Teil des ausgeflossenen Öls abgeschöpft, verbrannt oder durch Chemikalien zersetzt sei. Dagegen sprechen allerdings Funde von Forscher der University of Georgia http://www.uga.edu. Sie entnahmen Proben vom Meeresboden an 15 Stellen im Umkreis von 130 Kilometer der Unglücks-Bohrinsel. Dabei zeigte sich eine fünf Zentimeter dicke Ölschicht am Meeresgrund in 1.500 Meter Tiefe, die tote Meerestiere bedeckte. Ob das Öl eindeutig auf die BP-Katastrophe zurückzuführen ist, wird derzeit noch überprüft.

Tiefseebohrungen gehen weiter

Auch den Überblick aller Umweltfolgen des Unglücks gibt es noch nicht, betont die Meeresbiologin Antje Helms von greenpeace gegenüber pressetext. "Zuvor müssen Vorkommen und Giftigkeit des Öls und der verbleibenden Dispergentien an den Küsten, in der Wassersäule und im Meeresgrund genau bestimmt werden." Politische Konsequenzen gebe es keine. "Der Stopp weiterer Tiefseebohrungen wurde nicht nur vom US-Höchstgericht, sondern soeben auch von der OSPAR-Ministerkonferenz der Nordostatlantikstaaten abgelehnt. Neue Bohrungen stehen daher demnächst vor Grönland, vor den Shetland-Inseln, in der Nordsee und vor Libyen bevor. Die Welt hat nichts dazu gelernt", so Helms.

Quelle: pressetext.austria Johannes Pernsteiner

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