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Schrottschiffe in Südasien: Ermittlungen gegen Reederpräsidentin

Archivmeldung vom 24.05.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.05.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Wrack / Seelenverkäufer (Symbolbild)
Wrack / Seelenverkäufer (Symbolbild)

Foto: Urheber
Lizenz: GFDL
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die Staatsanwaltschaft Kiel ermittelt nach Informationen von NDR und Süddeutscher Zeitung gegen die Präsidentin des Verbands Deutscher Reeder (VDR), Gaby Bornheim, im Zusammenhang mit dem illegalen Export eines Schrottschiffes nach Indien.

Bornheim soll demnach als Geschäftsführerin einer der größten Reedereien Deutschlands, der Peter Döhle Schiffahrts-KG, mitgeholfen haben, das Containerschiff eines Rendsburger Unternehmens zur Verschrottung nach Alang im indischen Bundesstaat Gujarat zu bringen. Dort zerlegen Wanderarbeiter ausrangierte Schiffe aus aller Welt unter oft fragwürdigen Arbeits- und Umweltbedingungen.

Die Ermittlungen in diesem Verfahren richten sich auch gegen die beiden Inhaber der Reederei, Christoph Döhle und Jochen Döhle. Vorgeworfen wird den drei Beschuldigten, als "dazwischengeschalteter Makler" für den Export des Schrottschiffes mitverantwortlich zu sein, so der Kieler Oberstaatsanwalt Henning Hadeler im Interview mit dem NDR Politikmagazin "Panorama 3". Diese Ermittlungen seien allerdings noch nicht abgeschlossen. Keiner der Beschuldigten wollte sich auf Nachfrage zu den Ermittlungen äußern. Man kooperiere "vollumfänglich mit Polizei und Staatsanwaltschaft" und sei "an einer zügigen Klärung der im Raum stehenden Vorwürfe sehr interessiert", teilte die Reederei Peter Döhle NDR und SZ mit. Schiffsrecycling sei "eine äußerst komplexe und insbesondere juristisch anspruchsvolle Materie", heißt es in der schriftlichen Stellungnahme weiter.

Vor knapp zwei Wochen war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Kiel in diesem Fall bereits Anklage wegen illegalen Abfallexports gegen die früheren Betreiber des betroffenen Schiffes, zwei Rendsburger Reeder, erhoben hat. Ihnen soll noch in diesem Jahr der Prozess vor dem Amtsgericht Rendsburg gemacht werden. Dabei droht ihnen eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren.

Schrottreife Schiffe gelten nach EU-Recht als gefährlicher Abfall, ein direkter Export aus der Europäischen Union ist im Regelfall illegal. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation "Shipbreaking Platform" wurden alleine in den Jahren 2016 und 2017 fast 150 Schiffe deutscher Reedereien auf Stränden in Indien, Pakistan und Bangladesch zerlegt. In vielen Fällen wurden solche Schiffe jedoch auf Umwegen und damit mutmaßlich legal nach Südasien gebracht. Denn wenn Schiffe deutscher Reeder nicht in EU-Gewässern unterwegs sind, sondern im Fernen Osten, in Afrika oder Südamerika, steht einer Verschrottung in Südasien kein europäisches Gesetz im Wege. Und auch wenn in EU-Häfen ankernde alte Kähne zum Weiterbetrieb an außereuropäische Käufer veräußert und erst später verschrottet werden, ist das legal.

Dennoch besteht bei weiteren Schiffen der Verdacht, dass sich Reeder strafbar gemacht haben könnten. In Hamburg und in Mecklenburg-Vorpommern gibt es deshalb weitere Ermittlungen, die sich den Recherchen zufolge gegen eine zweistellige Zahl von Beschuldigten richten.

Die Verschrottung in Südasien ist für Reeder lukrativ, weil hier die höchsten Schrottpreise gezahlt werden. Dies sei möglich, weil man "am ordnungsgemäßen Management von Schadstoffen spart, an einer angemessenen Infrastruktur und an den Arbeiterrechten", sagt die Leiterin der "NGO Shipbreaking Platform", Ingvild Jenssen. Deutsche Reeder hätten sich ganz klar lieber für höhere Gewinne entschieden als für eine nachhaltige Entsorgung. Der Reederverband VDR spricht sich auf seiner Internetseite zwar grundsätzlich für ein "grünes Recycling" aus. Man könne "allerdings seinen Mitgliedern wie jeder andere Verband auch nur ein Verhalten empfehlen, sie aber nicht dazu verpflichten", so der VDR in einer schriftlichen Stellungnahme.

Quelle: NDR Norddeutscher Rundfunk (ots)

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