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Polizei beendet Geiselnahmen in Frankreich

Archivmeldung vom 09.01.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.01.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Valentina Calà, on Flickr CC BY-SA 2.0
Bild: Valentina Calà, on Flickr CC BY-SA 2.0

Die Polizei hat am Freitagnachmittag die beiden Geiselnahmen in Frankreich beendet. Die Einsatzkräfte stürmten fast zeitgleich ein jüdisches Lebensmittelgeschäft in Paris, in dem ein Bewaffneter mehrere Geiseln genommen hatte, und das Gelände einer Firma in Dammartin-en-Goele, wo sich die beiden mutmaßlichen "Charlie Hebdo"-Attentäter mit einer Geisel verschanzt hatten. Alle drei Geiselnehmer seien bei den Zugriffen getötet worden, berichten französische Medien unter Berufung auf die Polizei.

Die Geisel in Dammartin-en-Goele sei befreit worden. Auch in Paris seien mehrere Geiseln befreit worden, in welchem Gesundheitszustand sie sich befinden, war zunächst unklar. Mindestens vier Menschen seien ums Leben gekommen.

Bei dem Anschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" waren am Mittwochmittag mindestens zwölf Menschen getötet und mehrere weitere verletzt worden. Bei dem Geiselnehmer in Paris soll es sich um den Mann gehandelt haben, der bereits am Donnerstag in der französischen Hauptstadt das Feuer eröffnet und eine Polizistin getötet hatte.

Merkel will an Schweigemarsch in Paris teilnehmen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will am Sonntag nach Paris reisen, um am dort geplanten Schweigemarsch für die Opfer des Terroranschlags von vergangenen Mittwoch teilzunehmen. Außerdem sei eine Begegnung mit Staatspräsident François Hollande vorgesehen, berichtet die "Welt" unter Berufung auf Regierungskreise. Erwogen werde außerdem ein Besuch Merkels am Sitz der Redaktion von des Satiremagazins "Charlie Hebdo", wo es am Mittwoch zu einem Anschlag mit zwölf Toten gekommen war. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) will ebenfalls an dem Marsch am Sonntagnachmittag teilnehmen, berichtet die "Welt".

De Maizière: Attentäter von Paris auch auf Schengen-Liste

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat bestätigt, dass die mutmaßlichen Attentäter von Paris nicht nur auf der Flugverbotsliste der USA standen, sondern auch auf der sogenannten Schengen-Liste zur Beobachtung ausgeschrieben waren. "Wir wissen, dass die beiden Verdächtigen Teil des Schengener Informationssystems waren. Sie waren dort zur verdeckten Beobachtung ausgeschrieben", sagte der Innenminister im "Bericht aus Berlin" (ARD-Hauptstadtstudio). "Ob das ausgereicht hat, ob es zu Verbesserungen kommen muss, das wird man sehen. Ich möchte ein klares Plädoyer für die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste auch mit den USA."

Politologen sehen Pegida und AfD als Nutznießer von Pariser Anschlag

Nach Einschätzung von Politikwissenschaftlern könnten die Anschläge auf die französische Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo" der Bewegung der "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) und der Alternative für Deutschland (AfD) neue Unterstützer zutreiben. "Es ist nicht auszuschließen, dass dieser Terrorakt im Land unserer Nachbarn Strömungen diffuser Fremdenfeindlichkeit, die es hierzulande gibt, Auftrieb verleiht", sagte Everhard Holtmann, emeritierter Professor an der Universität Halle-Wittenberg, dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe).

"Das islamophobe Bedrohungssyndrom, auf dessen Wellenkamm Pegida reitet, könnte in der Tat neue Nahrung finden." Genau das sei ja wahrscheinlich die Absicht der Täter, fügte Holtmann mit Blick auf Frankreich hinzu, "die gesellschaftlichen Grundlagen eines multikulturellen Zusammenlebens zu zersetzen".

Ähnlich äußerte sich der Berliner Parteienforscher Oskar Niedermayer. "Pegida und AfD versuchen ja schon, den Anschlag in Paris für ihre Zwecke zu instrumentalisieren, und natürlich ist nicht auszuschließen, dass ihnen diese Entwicklung nutzt", sagte Niedermayer dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe). Eine "dramatische Steigerung des Zulaufs" erwartet der Parteienforscher aber nicht, da Pegida als Massenphänomen bisher auf Dresden beschränkt geblieben sei, sich vielerorts Gegenbewegungen formierten und die deutschen Islamvereinigungen sich sehr deutlich von dem Pariser Terrorakt distanziert hätten.

Auch die AfD habe bisher von der gesamten Entwicklung nicht profitieren können, sagte Niedermayer weiter. "Und angesichts des Führungsstreits um genau diese Fragen erwarte ich nicht, dass die AfD durch den Anschlag in den Umfragen wesentlich zulegt."

Nach Einschätzung des Bremer Politikwissenschaftlers Lothar Probst bestätigt und verstärkt der Anschlag in Paris die diffuse Angst der Pegida-Anhänger vor dem Islam. "Vor diesem Hintergrund muss man davon ausgehen, dass das Attentat der Pegida-Bewegung, die bisher ja in erster Linie ein regionales Phänomen war, und zum Schluss nur noch geringe Wachstumsraten aufwies, neue Mitstreiter zutreiben wird", sagte Probst dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe). Der Politik rät er daher, die Gefahren, die von islamistischen Gruppierungen ausgehe, nicht kleinzureden, sondern auch die "Vorfeldorganisationen", vor allem salafistische Hassprediger und Gewaltakteure, mit allen Mitteln des Rechtsstaates entschieden zu bekämpfen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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