BDI-Chef Grillo: Freihandelsabkommen nicht überfrachten
Archivmeldung vom 08.07.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, hat davor gewarnt, in die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA auch strengere Datenschutzregeln aufzunehmen: "Wir dürfen das Freihandelsabkommen mit den USA nicht überfrachten", sagte Grillo der "Rheinischen Post" (Dienstagausgabe).
"Wir sollten ein Datenschutzabkommen mit den USA davon getrennt verhandeln. Für die Industrie ist eine transatlantische Freihandelszone von immenser Wichtigkeit. Dadurch könnten in Deutschland mehr als 100.000 neue Jobs entstehen", sagte Grillo. Das Wachstumspotenzial auf beiden Seiten des Atlantiks durch Handelserleichterungen schätzt Grillo auf 200 Milliarden Euro.
Der BDI-Präsident mahnte zügige Verhandlungen an. "Präsident Obama möchte die Verhandlungen bis Ende 2015 beenden. Auch die deutsche Industrie setzt für die Verhandlungen auf einen straffen Zeitplan."
Wagenknecht will Freihandelsabkommen mit den USA stoppen
Die Erste Stellvertretende Vorsitzende der Links-Fraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, will das Freihandelsabkommen mit den USA stoppen. "Die Bundeskanzlerin muss das Freihandelsabkommen mit den USA stoppen. Die Europäische Union macht sich mit Verhandlungen angesichts der feindseligen Spionage gegen politische Vertretungen, Wirtschaft und unbescholtene Bürger lächerlich", sagte Wagenknecht am Montag in Berlin. "Sinnvoller wäre ein koordinierter Kampf zur Austrocknung von Steueroasen nach dem Vorbild des US-amerikanischen FACTA", betonte die Linken-Politikerin.
Das Transatlantische Freihandels- und Investitionsabkommen (TTIP) sei "wirtschaftspolitischer Irrsinn": Es nutze den großen Banken und Konzernen und "nicht der europäischen Binnenwirtschaft, die durch Kürzungspakete zerstört" werde, so Wagenknecht weiter.
Exportverbands-Chef skeptisch über Gelingen der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen
Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA), Anton F. Börner, hat sich skeptisch gezeigt, ob die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU erfolgreich abgeschlossen werden können. "Frankreich wird das größte Problem sein", sagte Börner der "Saarbrücker Zeitung" (Dienstagausgabe).
Paris wolle die hoch subventionierte Kultur des Landes nicht öffnen und fürchte zudem um die eigene Milchwirtschaft. "Eigentlich wäre es möglich, ein solches Abkommen in zwei Jahren zu erzielen. Ich glaube aber, die Franzosen werden sich massiv dagegen sträuben", sagte Börner.
Dabei sei das deutsch-französische Verhältnis ohnehin schon "bis zum Zerreißen gestresst", weil beide Länder unterschiedliche Vorstellungen über die mittel- und langfristige Bewältigung der Schuldenkrise hätten. "Es ist schwierig mit den USA zu verhandeln, wenn man die eigenen Probleme in der EU noch nicht gelöst hat." Börner sagte, das geplante Freihandelsabkommen könne ein "gigantisches Konjunkturprogramm" sein.
Für Deutschland rechne sein Verband "allein aus einem solchen Abkommen" langfristig mit einem Wachstumsplus von über einem Prozent. "Angesichts der Wachstumsschwäche der Weltwirtschaft wäre das eine wichtige Stimulanz, von der dann auch die südeuropäischen Länder profitieren würden", sagte Börner.
Rösler: Freihandelsabkommen mit USA liegt im Interesse Europas
Das Freihandelsabkommen mit den USA, über das ab dem heutigen Montag in Washington verhandelt wird, ist laut Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) im Interesse Europas. "Das Abkommen liegt im Interesse Europas und im besonderen Sinne Deutschlands. Es ist von immenser Bedeutung für unsere Volkswirtschaft und wird Verbrauchern und Unternehmen nutzen", sagte Rösler der "Passauer Neuen Presse".
Eine Aussetzung der Gespräche angesichts des NSA-Ausspähskandals wäre laut Rösler "ein falsches Signal gewesen". Stattdessen seien die Verhandlungen "eine gute Gelegenheit, das Thema Datenschutz und Datensicherheit ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen", so Rösler. "Das werden wir tun. Freihandel ist für uns nicht denkbar, ohne dass Mindeststandards beim Datenschutz eingehalten werden."
EU-Gespräche mit USA über Freihandelszone beginnen
Vertreter der EU und der USA verhandeln vom heutigen Montag an über eine gemeinsame Freihandelszone. Die Delegationen treffen sich zum Auftakt der Gespräche in Washington, wie das Büro des US-Handelsbeauftragten mitteilte. Die Verhandlungen, die mehrere Jahre andauern sollen, werden von den NSA-Abhöraktionen in Europa überschattet.
Nach Angaben der EU soll deshalb eine Arbeitsgruppe parallel zu den Gesprächen über die Freihandelszone auch über das Thema Datenschutz sprechen. Die geplante Handels- und Investitionspartnerschaft soll auf beiden Seiten des Atlantiks für mehr Wirtschaftswachstum sorgen und neue Arbeitsplätze schaffen. Am Mittwoch wollen die Vertreter von EU und USA erstmals vor die Presse treten und über die Gespräche informieren.
Quelle: dts Nachrichtenagentur