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Medien: BND leitete Telefondaten an NSA weiter

Archivmeldung vom 25.06.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.06.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Uwe Schlick / pixelio.de
Bild: Uwe Schlick / pixelio.de

Der US-Geheimdienst NSA hatte mit Hilfe des Bundesnachrichtendienstes (BND) offenbar jahrelang Zugriff auf große Mengen von Telekommunikationsdaten: Laut eines Berichts von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR leitete der BND in der Zeit der rot-grünen Bundesregierung mindestens drei Jahre lang in Frankfurt abgefangene Rohdaten direkt an den US-Partnerdienst weiter. Als Kanzleramtschef verantwortlich sei damals zunächst der heutige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gewesen.

Die Operation von BND und NSA, die von 2004 bis 2007 gedauert haben soll, sei beendet worden, weil die Aktion "politisch viel zu heikel" gewesen sei, erinnert sich den drei Medien zufolge ein mit den Abläufen vertrauter Beteiligter. Die NSA habe gegen die Einstellung der Operation protestiert. Nach einer damals zwischen NSA und BND geschlossenen Vereinbarung seien Daten deutscher Staatsbürger dabei jedoch nicht übermittelt worden. Ein Sprecher der Bundesregierung erklärte auf Anfrage dazu: Die Arbeit des Auslandsnachrichtendienstes BND unterliege "der parlamentarischen Kontrolle. Grundsätzlich gilt daher, dass der BND zu Aspekten seiner operativen Arbeit ausschließlich der Bundesregierung und den zuständigen, geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages berichtet".

Wie laut SZ, NDR und WDR mehrere Quellen erklären, sei der Fall Frankfurt im vergangenen Jahr von der Spitze des BND in dem zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium vorgetragen worden. Dabei sei aber lediglich erklärt worden, der BND zapfe an diesem Datenknotenpunkt Leitungen an. Es sei aber nicht erwähnt worden, dass der BND über Jahre einen Teil der Daten an die NSA weitergeleitet habe. Es soll sich bei der 2004 gestarteten Zusammenarbeit um einen Kompromiss gehandelt haben. Zuvor sollen die Amerikaner darauf gedrungen haben, ihnen einen direkten Zugriff am Telekommunikationsstandort Frankfurt zu gewähren. Diesen Zugang soll die damalige Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) verweigert haben, aber dafür im Gegenzug einer Weiterleitung von Teilen der abgefangenen Daten zugestimmt haben, heißt es in dem Bericht weiter. Frankfurt ist demnach Telekommunikationsstandort Nummer eins in Europa und Drehkreuz für den nationalen wie internationalen Internetverkehr. In der Vergangenheit habe es im Zuge der Snowden-Debatte Gerüchte gegeben, dass die NSA in der Vergangenheit Zugriff auf Daten in Frankfurt gehabt habe. "Wenn ein ausländischer Dienst den Internetknoten in Frankfurt anzapfen würde, wäre das eine Verletzung unserer Souveränitätsrechte", hatte im vergangenen Jahr der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erklärt.

Nach Angaben aus Regierungskreisen lauschen laut SZ, NDR und WDR heute am Knotenpunkt Frankfurt angeblich nur die deutschen Dienste. Statt Rohdaten erhalte die NSA lediglich Zusammenfassungen interessanter Erkenntnisse.

Ex-Verfassungsrichter kritisiert Bundesregierung

Der frühere Bundesverfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem hat wegen des Umgangs mit der NSA-Affäre Kritik an der Bundesregierung geübt. In einem Beitrag für F.A.Z. (Donnerstagsausgabe) schreibt Hoffmann-Riem, in der "mit vielen Versprechungen für gutes Regieren voll gespickten Rede von Bundesinnenminister Thomas des Maizière über `Schutz - Sicherheit - Vertrauen` findet sich kein Wort dazu, keine Zusage, über die Art der Zusammenarbeit und über mögliche Rechtsverletzungen deutscher Stellen aufzuklären." Auch bedürften Informationseingriffe zur Auslandsaufklärung durch den Bundesnachrichtendienst einer Rechtsgrundlage. "Sie muss den Anforderungen rechtsstaatlicher Bestimmtheit und der Verhältnismäßigkeit genügen. Das BND-Gesetz enthält eine solche Grundlage zurzeit nicht", schreibt der einstige Hamburger Justizsenator und Bundesverfassungsrichter in der F.A.Z. Die Schutzaufträge des Grundgesetzes müssten "angesichts der Globalität der Kommunikationsinfrastrukturen und der globalen Verortung von Grundrechtseingriffen neu, nämlich auch global, definiert werden." Es sei Aufgabe der deutschen Regierung, "sich nachhaltig um die Sicherung des im Grundgesetz angelegten Schutzniveaus zu bemühen und dies gegebenenfalls in harten Verhandlungen." 

Der Staatsrechtslehrer fügt hinzu: "Auch insoweit fehlen bisher überzeugende Signale." Solche Verhandlungen dürften nicht auf besondere Regelungen im Kommunikationsbereich begrenzt werden, sondern müssen auch auf Felder bezogen werden, in denen Kommunikationsinteressen mit anderen Interessen verwoben sind. "Ein Beispiel ist das Aushandeln eines Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten, das ohne wirksamen Schutz vor Ausspähung nicht abgeschlossen werden darf", schreibt Hoffmann-Riem in der F.A.Z.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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