Magazin: Bundesbank rechnet mit neuem Rettungsprogramm für Griechenland
Archivmeldung vom 12.08.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDie Bundesbank rechnet damit, dass es bereits kurz nach der Bundestagswahl ein neues Rettungsprogramm für Griechenland geben wird. In einem internen Dokument der Zentralbank heißt es laut einem Bericht des Nachrichten-Magazins "Der Spiegel", die Europäer müssten spätestens Anfang 2014 "wohl in jedem Fall ein neues Kreditprogramm mit Griechenland beschließen".
In der Stellungnahme für das Berliner Finanzministerium und den Internationalen Währungsfonds (IWF) kritisieren die Frankfurter Experten die jüngste Kredittranche und die dafür erfolgte Überprüfung durch die Troika. Sie dürfte "politischen Zwängen geschuldet sein".
Zwar bestreitet die Bundesbank, es handle sich dabei um eine Anspielung auf die Bundesregierung, die vor der Wahl eine Diskussion über einen erneuten Schuldenschnitt für Athen verhindern will und deshalb die Fortschritte in Griechenland betont. Doch die Bundesbank kommentiert diesen Optimismus in ihrem Dossier äußerst unterkühlt: "Wir nehmen die zustimmende Haltung zur Kenntnis."
Das hat auch damit zu tun, dass laut Bundesbank die Risiken des Rettungsprogramms "außergewöhnlich hoch" bleiben. Auch die Performance der Athener Regierung sei "kaum zufriedenstellend", es bestünden "erhebliche Zweifel" an der Fähigkeit, unabdingbare Reformen umzusetzen. Im Juli hatten Euro-Rettungsfonds und IWF 5,7 Milliarden Euro an Griechenland überwiesen. Insgesamt flossen bislang Hilfen von über 200 Milliarden Euro.
Kauder schließt Schuldenschnitt für Griechenland aus
Ein Schuldenschnitt für das hochverschuldete Griechenland kommt nach den Worten von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) auch künftig nicht in Frage. "Wenn man Griechenland Schulden erlässt, stehen demnächst andere Länder auf der Matte und wollen auch einen Schuldenschnitt. Damit wären einige Länder Schulden los, andere müssten welche machen, weil sie ihr Geld nicht zurückbekommen. Außerdem lässt die Aussicht auf einen Schuldenschnitt die Reformbemühungen erlahmen. Das kann niemand wollen", sagte Kauder der "Bild-Zeitung". Auf die Frage, ob er einen Schuldenschnitt nach der Wahl also ausschließe, sagte Kauder: "Ich halte davon gar nichts. Eine unionsgeführte Bundesregierung wird in Europa dazu Nein sagen."
Ökonomen erwarten weitere Griechenland-Hilfen nach Bundestagswahl
Experten erwarten, dass es nach der Bundestagswahl ein weiteres Rettungspaket oder einen Schuldenschnitt für Griechenland geben muss. "Griechenland wird mit großer Sicherheit ein drittes Hilfsprogramm benötigen", sagte der Ökonom Jörg Rocholl, der im wissenschaftlichen Beirat des Bundesfinanzministeriums sitzt, der "Welt". "Wer diese Regierung wählt, stellt ihr einen Freibrief aus, die Steuerzahler nach der Wahl mit Milliarden an der Rettung Griechenlands zu beteiligen", so Rocholl.
Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, prophezeit in der "Welt": "Nach der Wahl wird es ein böses Erwachen geben." Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) sagte der Zeitung: "Griechenland wird noch lange auf die Hilfe seiner Euro-Partner angewiesen sein. Da reden wir sicherlich insgesamt über zehn Jahre."
Bei einem Schuldenschnitt für Griechenland würde erstmals direkt der deutsche Steuerzahler belastet, weil der europäische Rettungsfonds Gelder abschreiben müsste. "Frau Merkel hat sich dafür ausgesprochen, dass Griechenland im Euro bleiben soll", sagte SPD-Haushaltsexperte Schneider. "Sie muss vor der Wahl sagen, was ihr dieses Versprechen wert ist."
In vielen anderen Euro-Krisenländern gibt es hingegen durchaus Fortschritte. "Die Reformen in den Peripherie-Staaten sind auf einem guten Weg und zeigen erste Ergebnisse. Portugal ist seinen Vorgaben zum Teil voraus", sagte Hüther der "Welt". "Bei einem Schuldenschnitt besteht die Gefahr, dass die Länder ihre Reformbemühungen wieder einstellen."
Hüther sagte der Zeitung auch: "Ob Belastungen auf die deutschen Steuerzahler zukommen, ist keinesfalls sicher. Die EZB könnte mit ihren Staatsanleihenaufkäufen einen Milliardengewinn einfahren." Mit seinem Optimismus ist er allerdings in der Minderheit.
Der SPD-Haushaltsexperte Schneider befürchtet hingegen, dass Portugal und Irland neue Hilfen brauchen könnten: "Frau Merkel und Herr Schäuble belügen die Wählerinnen und Wähler über die absehbare Entwicklung in den Monaten nach der Bundestagswahl."
Quelle: dts Nachrichtenagentur