Wenn blinder Hass die Feder führt ‒ Wer hat Angst vorm Russischen Haus?
Archivmeldung vom 16.12.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDas "Russische Haus" in Berlin ist eine Kulturbotschaft. Mit seinen Veranstaltungen bereichert es seit 38 Jahren das gesellschaftliche Leben der Stadt. Nun ist es publizistischen und politischen Anfeindungen ausgesetzt, für die es außer in den dunklen deutschen Nazi-Jahren keine Beispiele gibt. Dies berichet Anton Gentzen im Magazin "RT DE".
Weiter berichtet Gentzen auf RT DE: "Seit Februar kehre ich in Gedanken immer wieder in das Jahr 2003
zurück. In das Jahr, in dem eine "Koalition der Willigen", angeführt von
Großbritannien und den USA, unter fadenscheinigen Vorwänden den Irak
überfiel.
Ich muss daran denken, wie ich meinen Respekt vor der
deutschen Völkerrechtslehre verloren habe, als sich die Damen und Herren
Professoren einhellig wie auf Befehl daran machten, das Vorgehen der
"freien Welt" zu rechtfertigen. Wie sie das "Recht der präemptiven
Selbstverteidigung" erfanden, auf das sich Russland heute neben anderen
Argumenten berufen will. Wie die wenigen Stimmen, die dagegenhielten,
aus der öffentlichen Diskussion verbannt wurden und bestenfalls in
studentischen Zeitschriften publizieren konnten. Wie Kritiker
marginalisiert und pauschal des "Antiamerikanismus" beschuldigt,
diffamiert und zersetzt wurden.
Als Kriegsgegner war ich damals auf fast jeder Protestdemo. Wütend war ich und verbal wenig zurückhaltend. Woran ich mich jedoch nicht erinnern kann, ist, dass ich auch nur einen Augenblick lang ein Ressentiment gegen die amerikanische oder britische Kultur, Literatur, Musik und Lebensweise verspürte. Auch wenn uns die ausdrückliche Position oder das auffällige Schweigen des einen oder anderen Künstlers oder Schauspielers enttäuschte, hörten wir doch weiter ihre Alben und sahen ihre Filme. Bestenfalls ging man nicht mehr zu McDonald's, doch niemand kam auf die Idee, alle Filialen deutschlandweit schließen zu wollen. Das eine hatte mit dem anderen nichts zu tun, wie ich heute immer noch meine.
Hatte damals jemand von uns "Amerikafeinden" gefordert, Direktflüge in die USA zu streichen, amerikanische Sender zu verbieten, Kultur zu "canceln"? Nein, natürlich nicht. Es war außerhalb der Vorstellungskraft.
Was genau hat Deutschland aus seiner Geschichte gelernt?
Seit
Februar 2022 läuft alles anders, und ich frage mich warum. Warum
konnten Direktflüge und Bahnverbindungen nach Russland ohne Widerspruch
gestrichen werden, obwohl in Deutschland Millionen Menschen leben, die
mit Russland persönlich verbunden sind. Für die das Leben weitergehen
muss, so wie es damals für einfache Briten und Amerikaner weiterging?
Warum wird es als Wohltat gesehen, russische Medien zu verbieten, Russen
die Einreise zu verweigern, russische Stimmen zum Verstummen zu
bringen? Wo ist der Anstand einiger Zeitgenossen geblieben, die vorher
vernünftig schienen, aber heute bei der Vorstellung, dass deutsche
Waffen wieder russische Soldaten und Zivilisten töten, einen offen zur
Schau gestellten Orgasmus zelebrieren?
Ist im Durchschnittsdeutschen nach 1945 etwa tatsächlich noch so viel Nazi-Ideologie hängen geblieben? Hat er aus seiner Geschichte nur gelernt, den USA gegenüber sklavisch gehorsam zu sein, nicht aber das, was er eigentlich hätte lernen müssen: sich niemals wieder in überheblicher Art über andere Völker, egal welche, zu stellen?
Was zeigt die unterschiedliche Behandlung der USA und Russlands bei zumindest oberflächlich vergleichbaren Sachverhalten anderes, als dass der deutsche Mainstream voller rassistischer Ressentiments ist wie eh und je.
Wer hat Angst vor dem "Russischen Haus"?
Während Frankreich in nahezu jeder Großstadt ein "Institut français" und Großbritannien ein "British Council" unterhält, betreibt Russland in Deutschland aktuell eine einzige Kulturbotschaft: das "Russische Haus" in Berlin.
Es veranstaltet Sprachkurse und Filmvorführungen, Ausstellungen und Auftritte russischer Kulturschaffender. Alles Selbstverständlichkeiten. Eine Bereicherung des Kulturlebens, ein Fenster zu einer wenig bekannten Zivilisation. Wie kann man etwas dagegen haben? Wer nicht will, geht einfach nicht hin. Und lässt denen, die hingehen wollen, die Freiheiten und Möglichkeiten, die das Haus bietet.
Und doch finden sich in Deutschland Zeitgenossen, denen das "Russische Haus" ein Dorn im Auge ist. Nicht erst seit dem 24. Februar, wobei seitdem so manche Maske der Zivilität gefallen ist und so manche rassistische Fratze dahinter hervortrat. Plötzlich war es salonfähig, Russenhasser und Kulturverächter zu sein, und einige scheinen diese neue Freiheit in vollen Zügen zu genießen.
Am 29. November veröffentlichte der Berliner Kurier unter dem Titel "Russisches Haus in Berlin verbreitet Putin-Propaganda trotz EU-Sanktionen" eine besonders widerwärtige Schrift eines Peter Althaus gegen die russische Kulturbotschaft. Sie strotzt nur so vor Galle und Arroganz.
Dabei hat der Autor nicht einmal gut recherchiert. So behauptet er, das Haus gehöre "Rossotrudnitschestwo, einer Regierungsagentur, die direkt dem Außenministerium von Putin-Chefdiplomat Sergei Lawrow untersteht".
Nun, nicht dass es etwas Schlimmes wäre. Das Goethe-Institut, der Kulturbotschafter Deutschlands, ist zwar formal als Verein organisiert, die Kontrolle darin üben aber Vertreter der Bundes- und Landesregierungen sowie des Bundestages aus. Die Tätigkeit im Ausland erfolgt auf Grundlage eines Rahmenvertrages mit dem Auswärtigen Amt, der diesem Bundesministerium umfassende Kontroll- und Steuerungsinstrumente in die Hand gibt. "In Ausnahmefällen" ist der Botschaft im jeweiligen Land die unmittelbare Einwirkung auf die laufende Arbeit des Goethe-Instituts möglich. Eine Veranstaltung einer Zweigstelle im Ausland kann durch Veto des Leiters der örtlichen Auslandsvertretung verhindert werden. Das Auswärtige Amt kann bei "politisch schädigendem Verhalten" von Mitarbeitern im Ausland deren sofortige Suspendierung verlangen.
Ähnlich ist das British Council aufgestellt: Formal unabhängig, arbeitet es de facto eng mit dem Außenministerium des Vereinigten Königreichs zusammen. Das Institut français ist unmittelbar eine Institution des französischen Zentralstaates. Was gibt es also dagegen einzuwenden, dass die Koordination der aus dem Staatshaushalt finanzierten kulturellen Auslandsaktivitäten Russlands beim russischen Außenministerium liegt?
Was aber das "Russische Haus" in Berlin angeht, und das hätte Herr Althaus wissen können, hätte er seine Recherchen nicht auf das Studium von Wikipedia beschränkt, so wird es zwar von Rossotrudnitschestwo koordiniert, gehört ihm aber nicht. Das "Russische Haus" ist eine eigenständige Körperschaft. Der Staatsvertrag, der all das regelt, ist leicht aufzufinden. Deshalb steht das Russische Haus auch nicht unter Sanktionen und stand es nie. Im Gegensatz zu Rossotrudnitschestwo ist es eine andere juristische Person.
Der Holocaust ist Putins Propaganda?
Noch
schlechter wird die Recherche (oder kruder die Ansichten) des Autors
der Schmähschrift, wenn es darum geht, was er so unter "Putins
Propaganda" versteht.
Als Erstes wittert Herr Althaus diese in dem Film "Der Holocaust: Fäden des Gedenkens", den das "Russische Haus" am 26. Oktober vorführte. "Bedenkliche Untertöne" will er dort ausgemacht haben und überhaupt, "unter dem Deckmantel des Holocaust-Gedenkens" wurde da "ein Propagandafilm des russischen Staatssenders RT gezeigt".
Wer will, kann die sehenswerte Dokumentation hier in der englischsprachigen Version sehen und sich selbst einen Eindruck verschaffen. Der Film befasst sich mit dem tragischen Schicksal der weißrussischen Juden während des Zweiten Weltkriegs. Die Autorin des Films, Paula Slier, ist selbst Jüdin und leitet das Büro von RT für Afrika und den Nahen Osten. Slier gelang es, mit den Überlebenden des Ghettos zu sprechen, Orte zu besuchen, an denen die jüdische Bevölkerung massakriert wurde.
Was will uns der Ankläger nun sagen, wenn er darin "Putins Propaganda" wittert? Dürfen sich russische Medien zu gar nichts mehr äußern? Auch (pro)russische Juden müssen schweigen?
Lesen wir den konkreten Vorwurf, den Althaus erhebt:
"In der russischsprachigen Originalbeschreibung des Holocaust-Films werden Ukrainer als Nazis verunglimpft: 'Es ist so, als ob der Nazismus nicht besiegt wurde. Es gibt Menschen, die den Nazismus wiederbeleben. Sie sind hier. Alles, was in der Ukraine passiert oder in Europa, ist beängstigend', heißt es in dem Film. Das Bild von Ukrainern als Nazis dient Russland unter anderem als Rechtfertigung für den Angriffskrieg gegen die Ukraine."
Falsch. Nicht Ukrainern als solchen, nicht allen Ukrainern gar unterstellt die "russische Propaganda", Nazis zu sein, sondern denjenigen (unter ihnen übrigens auch ethnische Russen, Georgier, Tataren, Afghanen und sogar Juden), die nun mal Nazis sind. Darf man Nazis nicht mehr Nazis nennen, nur weil sie zufällig Ukrainer sind? Auch wenn sie sich Hakenkreuze tätowieren, Hitlergruß zeigen und Nazi-Parolen brüllen? Auch wenn sie Hitler-Kollaborateure der OUN-UPA verehren und für Bandera und Schuchewitsch Denkmäler aufstellen? Wenn sie Eichmann zitieren und fordern, russische Kinder zu töten?
Die deutsche Journaille hat in der Tat den Weg gewählt, zu allem zu schweigen, was in der Ukraine falsch läuft. Unter anderem mit diesem wohlwollenden Wegsehen, dem billigenden Dulden hat sie dazu beigetragen, dass der Krieg unvermeidbar geworden ist.
Nur am Rande: Nicht am 18. Oktober wurde der Film im "Russischen Haus" aufgeführt, wie Althaus schreibt, sondern am 26 Oktober. RT wurde die Lizenz in Deutschland nicht entzogen, Deutschland hatte sie nie erteilt. Auf YouTube wurden die Accounts von RT nicht wegen tatsächlicher Verstöße gegen die "Standards der Plattformen" gelöscht, sondern in einem Akt willkürlicher Zensur, weil der Sender seiner journalistischen Pflicht nachkam, auch Kritiker der Covid-Maßnahmen zu Wort kommen zu lassen.
Kindern das Fest vermiesen
Besonders angetan haben es Althaus "Aktivisten des Vereins Vitsche", auf die er sich mehrmals beruft. Nach den Fotos zu urteilen sind es dieselben Aktivisten, die schon mal bei einer Kundgebung vor dem Bundestag zur Melodie von "Bella Ciao" von der Ausrottung aller Russen weltweit träumten.
Deren Aktivitäten bestanden zuletzt darin, Familien mit Kindern auf dem Weg zum traditionellen "Jolka"-Fest im "Russischen Haus" anzupöbeln und zu beschimpfen. Es waren teils sehr unschöne Szenen, die die Kinder verängstigten. Kinder sämtlicher Abstammung übrigens, russische, deutsche, ukrainische, Kinder aus gemischten Ehen. Im Russischen Haus verlangt niemand einen Ausweis oder eine Geburtsurkunde von den Besuchern, auch ein Gentest wird nicht verlangt. Und so tanzten bei dem diesjährigen "Jolka"-Fest auch Mädchen und Jungen in ukrainischen Nationaltrachten um den geschmückten Weihnachtsbaum.
Herr Althaus kennt eben ‒ wenn überhaupt ‒ nur ganz spezifische Ukrainer und hat sich von deren Hass anstecken lassen. Dass die andere Hälfte der Ukrainer ganz andere Ansichten und ganz andere Träume hat, wird er in seiner Blind- und Taubheit nie verstehen.
Dem Berliner Senat Vorwürfe zu machen, weil er zu Recht eine Distanz zwischen den hasserfüllten Pöblern und den zum Fest anreisenden Kindern zur Auflage machte, als er die erwachsenen Schreihälse in eine Seitenstraße verbannte, zeugt von einem unheilbar verstellten moralischen Kompass des Schreibers.
Der "Journalismus", der Deutschland den Rest gibt
Den Leser wird es ermüden, wenn wir die Früchte der "sauberen Recherchen" dieses Jungjournalisten weiter Punkt für Punkt auseinandernehmen.
Es gäbe noch viel zu sagen, zu viel Pfusch ist da in einem Artikel untergebracht.
Wie etwa Herr Althaus kurzerhand einen der größten lebenden russischen Kinoregisseure mit einer Verleumdung "canceln" will. Und zwar genau den Karen Schachnasarow, der als einer von wenigen prominenten Russen in einer Talkshow das Ende der Militäroperation in der Ukraine forderte und damit in der deutschen Presse Freudenstürme über angeblich schwindende Unterstützung für Putin auslöste.
Wie er Politkabarett zur seichten Unterhaltung uminterpretiert.
Wie er Freundschaft mit den Völkern Russlands als etwas "Haarsträubendes" bezeichnet.
Wie er mit wilden Spekulationen um sich wirft, wer im "Russischen Haus" gezahlte Bibliotheksgebühren kassiert.
Apropos Finanzen. Ich weiß nicht, wer diesem "Journalisten aus Berufung" erzählt hat, dass der Betrieb einer Kultureinrichtung Gewinn abwirft. Theater und Kulturhäuser sind ein Zuschussgeschäft, selbst wenn sie hohe Eintrittspreise fordern. Im Berliner "Russischen Haus" ist bei den meisten Vorstellungen zudem der Eintritt frei, so unter anderem bei den Filmvorführungen.
Man kann sich nur vorstellen, wie viel Geld ausgegeben wird, um alle Nebenkosten zu bezahlen. Bei einem Gebäude von solch enormer Größe. Das meiste Geld fließt offensichtlich in die Begleichung der Rechnungen, darunter die Gehälter der Mitarbeiter - darunter einige mit deutscher Staatsangehörigkeit.
Wir haben genug gesagt, damit jeder, der es sehen will, die Qualität dieses "Journalisten" und dieses "Journalismus" selbst bewerten kann.
Dabei gibt es auf mittlere und lange Sicht nur zwei Möglichkeiten: Entweder löschen wir uns in den kommenden Monaten gegenseitig aus oder wir werden wohl oder übel wieder miteinander auskommen müssen. Selbst Kanzler Scholz, der sich mit seiner "Zeitenwende" so unrühmlich und zum Schaden Deutschlands verrannt hat, sagt, man brauche den Dialog mit Russland und dürfe Russen nicht stigmatisieren. Nun, mit dem "Russischen Haus" hat man einen der wenigen noch verbliebenen Räume für einen kulturellen Dialog und möchte nun auch ihn zerstören. Was bringt das und wie sollen die jetzt gerissenen Wunden später wieder heilen?
Deutschland, diese Art "Journalismus" ist dein großes Unglück. "
Quelle: RT DE