EU will Gespräche über Visa-Erleichterungen mit Russland aussetzen
Archivmeldung vom 06.03.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDie Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben entschieden, Gespräche über Visa-Erleichterungen und ein neues Grundlagenabkommen mit Russland auszusetzen. Das teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag nach einem EU-Sondergipfel zur Lage in der Ukraine in Brüssel mit. Man werde sich weiter für das Zustandekommen einer Kontaktgruppe einsetzen.
Sollte diese nicht zustande kommen, würden Reisebeschränkungen verhängt. Die Staats- und Regierungschefs verurteilten die Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine auf der Krim. Das Referendum über den Status der Krim halte man für nicht rechtmäßig. Vor dem Gipfel hatte Frank-Walter Steinmeier davor gewarnt, mit Sanktionen gegen Russland mögliche diplomatische Lösungen für die Krise zu verbauen. Unterdessen haben die USA erste Sanktionen gegen russische und ukrainische Offizielle verhängt, die als verantwortlich für die Krise gelten.
Gabriel: Russland muss seine Verantwortung erkennen
Vizekanzler Sigmar Gabriel hat am Donnerstag unterstrichen, dass Russland angesichts der Spannungen auf der Krim seine Verantwortung erkennen müsse. Nach einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin warnte Gabriel vor einer erneuten Spaltung Europas. Man stünde kurz davor, in einen Kalten Krieg zurückgeworfen zu werden. Die Konsequenzen daraus könne sich niemand vorstellen. Daher müsste Russland nun bereit sein, zu verhandeln, denn ein Weg zur Deeskalation könne nur über Gespräche gefunden werden. Zu einer Ukraine-Kontaktgruppe habe Putin jedoch bisher weder Ja noch Nein gesagt, sondern angekündigt, in den nächsten Tagen Beratungen darüber zu führen. Die Krise werde sich jedoch nicht von selbst lösen, so Gabriel.
Timoschenko wirft USA und Europa mangelnde Geschlossenheit vor
Die ukrainische Politikerin Julia Timoschenko hat den USA und Europa beim Konflikt mit Russland mangelnde Geschlossenheit vorgeworfen. "Es ist wichtig, dass die EU und die USA einen Konsens finden, wie sie mit Russland umgehen wollen", sagte Timoschenko in einem Interview mit der "Bild-Zeitung" (Freitagsausgabe). "In den vergangenen Tagen haben wir sehr viele unterschiedliche Meinungen gehört, wie mit der Krise umzugehen ist. Der Westen muss Einigkeit und Solidarität mit den Ukrainern zeigen, die die territoriale Integrität ihres Landes verteidigen."
Es müsse Putin deutlich gemacht werden, dass "eine rote Linie" überschritten sei. Timoschenko sprach sich gegen die Unabhängigkeit der Krim aus. In der "Bild-Zeitung" sagte sie weiter: "Wenn sie Teile ihres Landes abgeben, spalten sich möglicherweise weitere ab, das ist gefährlich. Es sieht so aus, dass diese Destabilisierung Russlands Strategie ist", so die Politikerin.
Die Ukraine sei ein unabhängiges und souveränes Land, und das müsse akzeptiert werden. "Nur ein Beispiel: Was würde Deutschland denn tun, wenn Sachsen oder Bayern plötzlich erklären, sie sind nicht mehr länger Teil von Deutschland? Würde die Regierung und würden die Menschen das akzeptieren? Oder was würde passieren, wenn Russland erklärt, dass Teile der baltischen Staaten zu Russland gehören, weil dort auch russisch gesprochen wird? Das ist gegen internationales Recht!"
OSZE-Beobachtern offenbar Zugang zur Krim verwehrt
Den internationalen Militärbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist offenbar der Zugang zur ukrainischen Halbinsel Krim verwehrt worden. Das berichten verschiedene Medien übereinstimmend. Die OSZE-Experten wurden offenbar an einem Kontrollposten gestoppt. Sie würden jedoch versuchen, über einen anderen Posten Zugang zur Krim zu erhalten.
Die ukrainische Übergangsregierung hatte die OSZE um eine solche Beobachtermission ersucht. Unter den Beobachtern, die seit Mittwoch in der Ukraine sind, sind auch zwei Experten der Bundeswehr. Unterdessen hat das Regionalparlament auf der Krim hat für einen Anschluss der Schwarzmeer-Halbinsel an Russland votiert. Zudem wurde das Referendum auf der Krim über den künftigen Status der Halbinsel auf den 16. März vorverlegt. Die ukrainische Übergangsregierung bezeichnete das Referendum als rechtswidrig.
Friedrich Merz unterstützt Sanktionen gegen Russland
Der ehemalige CDU-Bundestagsfraktionsvoristzende und heutige Chef der Atlantik-Brücke, Friedrich Merz, hat die Regierungen des Westens aufgerufen, gegenüber Russlands Vorgehen auf der Krim entschieden Flagge zu zeigen: "Politische Entscheidungen wie der Ausschluss Russlands aus der Runde der G 8-Staaten bis hin zu Wirtschaftssanktionen sind denkbar und möglich", schreibt Merz in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt" (Freitagsausgabe). "Wenn der Westen dieses Mal glaubwürdiger und ernsthafter reagieren will als bei den früheren Verletzungen des Völkerrechts durch Russland, dann können die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland nicht unberührt bleiben."
Zwar räumt Merz ein, dass die westlichen Staaten in der Vergangenheit zahlreiche Sensibilitäten Russlands in der Welt nicht berücksichtigt hätten, dennoch sei jetzt ein klares Pochen Europas und der USA auf westliche Prinzipien und das Völkerrecht nötig. Allerdings schreibt Merz auch: "Das wird vor allem die sehr stark in Russland engagierte deutsche Wirtschaft betreffen, aber das muss die deutsche Wirtschaft akzeptieren. Mit diesem Risiko war und bleibt bis auf Weiteres jedes wirtschaftliche Engagement in Russland behaftet."
USA verhängen erste Sanktionen gegen Krisenverantwortliche
Die USA haben am Donnerstag die Verhängung von ersten Sanktionen gegen als für die anhaltende Krise in der Ukraine verantwortlich geltende Personen angekündigt. Russen und Ukrainern, die die territoriale Integrität der Ukraine verletzt hätten, würde ein Einreiseverbot erteilt, hieß es aus dem Weißen Haus.
Zuvor hatten bereits Verantwortliche für Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine ein Einreiseverbot erhalten. Unterdessen findet in Brüssel ein Sondergipfel zur Lage in der Ukraine statt. Dabei geht es auch um mögliche Sanktionen gegen Russland.
Quelle: dts Nachrichtenagentur