Russland und China decken sich mit Gold ab
Archivmeldung vom 08.06.2017
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittRussland und China kaufen nach wie vor das begehrte Edelmetall Gold und bauen ihre nationalen Reserven aus. Ziel ist die Unabhängigkeit von der Weltleitwährung US-Dollar. Finanzexperten sagen ein Ende des Dollars als globale Richtwährung voraus. Fachleute für den Goldmarkt erläutern im Sputnik-Interview die Hintergründe.
Darin heißt es: "„Den Wunsch dieser Nationen, sich über die Goldkäufe unabhängiger von der Weltleitwährung US-Dollar zu machen, sich somit vom Dollar abzukoppeln, können wir nachvollziehen.“ Das sagte Philip Klinkmüller, Finanzexperte vom Investitions-Beratungsunternehmen Hopf-Klinkmüller Capital Management, im Sputnik-Interview. Auf die Weltfinanzmärkte käme in den nächsten Jahren zu, dass der US-Dollar massiv abgewertet werde. „Wir sehen eine schlechte Wertenwicklung des Dollars voraus und gehen in unserer Prognose für die nächsten zehn bis 15 Jahre nicht unbedingt davon aus, dass der US-Dollar langfristig die Leitwährung der Welt bleiben wird.“
Sowohl in Russland als auch in China gebe es weiterhin großes Interesse, Gold zu kaufen, so Klinkmüller. Für die chinesischen und russischen Zentralbanken sei Gold traditionell ein wesentlicher Bestandteil der offiziellen Währungsreserven. Etwa 60 Prozent der internationalen Währungsreserven werden in US-Dollar gehalten. Laut dem Finanzexperten dient Gold einerseits als nationale Reserve für Krisenzeiten sowie andererseits als Risikoausgleich für Schwankungen des US-Dollars. Das Edelmetall wird in der US-Währung gehandelt. Der Kurs des Goldes fällt bei steigendem Dollarkurs und umgekehrt.
Russland und China wollen sich mit den Goldkäufen „eigenständiger“ im Goldhandel aufstellen, entkoppelt vom Goldhandel in den USA und unabhängiger vom US-Dollar-Kurs. So sieht es Jochen Stanzl, Chefmarktanalyst für Deutschland und Österreich bei CMC Markets in Frankfurt am Main. Er fügte hinzu, der staatliche Ankauf von Goldreserven durch Russland und China diene der Streuung (Diversifikation): „Wenn ein Staat in seinen Reserven nur auf eine Währung setzt, macht er sich stark abhängig von dieser einen Währung, von den Wechselkursen. Eine Zentralbank diversifiziert, also streut ihre Devisen und stellt sich damit breiter auf. Sie sichert damit die Staatsfinanzen und kann flexibler auf Marktbewegungen reagieren.“
Mit Blick auf die BRICS-Länder (Brasilien, Russland, China, Indien und Südafrika) meinte Stanzl:
„Nicht nur in Russland und China, sondern auch weltweit, sind die Devisenreserven seit 1995 stark angestiegen. Insbesondere bei den BRICS-Staaten, den aufstrebenden Wirtschaftsländern. Deren hohes Wirtschaftswachstum hat auch jede Menge Devisen, also Fremdwährungen wie Euro und US-Dollar, in die Länder gespült. Was bisher nicht passiert ist, war die Anpassung der Goldreserven an diese gestiegenen Devisenreserven. Rein aus Portfolio-Gesichtspunkten sagen die Zentralbanken der Staaten: Einen Teil dieser Reserven wollen wir in Gold halten und uns somit flexibler am Weltfinanzmarkt aufstellen.“
„Dass sich Russland mit Goldreserven eindeckt, ist für uns eine völlig logische, nachvollziehbare Entwicklung“, sagte Goldmarkt-Experte Klinkmüller. Moskau wolle sich über die Goldkäufe unabhängiger vom US-Dollar machen und mit Gold als Zahlungsmittel auf den internationalen Finanzmärkten agieren. Das geschehe auch angesichts der von den USA und der Europäischen Union (EU) verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Russland nach Beginn der Ukraine-Krise 2014, die vor allem Handels- und Investitionsbeschränkungen umfassen. „Da ist der staatliche Kauf von Gold ein nachvollziehbarer Schritt.“
Gold-Experte Stanzl meinte: „China ist aktuell gleichzeitig der größte Goldproduzent und der größte Goldimporteur, diese Rolle wird China wohl auch weiterhin behalten.“ Peking wolle mit dem Edelmetall zum einen die Nationalwährung Yuan stärken, die seit letztem Jahr eine Währung mit Sonderziehungsrechten im Korb der Nationalwährungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist. Außerdem haben die USA China gegenüber ein sehr großes milliardenschweres Außenhandelsdefizit in US-Dollar. China könne sich mit dem Kauf von Gold unabhängiger von ihrem Schuldner USA machen.
Der Ankauf durch Russland und China sei allerdings kein „preistreibender Faktor“ auf dem Weltgoldmarkt, so die Meinung der Experten. Laut Angaben des World Gold Council, der Organisation der internationalen Goldindustrie, liegen China und Russland weiterhin unter den Top 10 der Staaten mit den größten Goldreserven. Die USA halten derzeit die weltweit größten Vorräte mit 8.134 Tonnen, auf Platz zwei folgt Deutschland mit 3.380 Tonnen. Der IWF hält als multinationale Finanz-Organisation 2.814 Tonnen, dicht gefolgt von Italien (2.452 Tonnen) und Frankreich (2.436 Tonnen). China (1.843 Tonnen) und Russland (1.655 Tonnen) liegen nach wie vor auf dem sechsten und siebten Platz weltweit."
Quelle: Sputnik (Deutschland)