S&P stuft Euro-Rettungsschirm EFSF ab
Archivmeldung vom 17.01.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Ratingagentur Standard & Poor`s (S&P) hat am Montag die Kreditwürdigkeit des Euro-Rettungsschirms EFSF herabgestuft. Statt mit der Bestnote AAA wird der Rettungsschirm jetzt nur noch mit AA+ bewertet, teilte S&P mit. Durch den Entzug der Bestnote dürfte es künftig teurer für den Euro-Rettungsschirm werden, sich auf den Finanzmärkten Geld zu leihen, da bei einer schlechteren Bonitätsnote höhere Zinsen fällig werden.
Der Schritt von S&P war von Finanzexperten erwartet worden, nachdem die Ratingagentur am vergangenen Freitag die Bonität von insgesamt neun Euro-Ländern herabgestuft hatte. Insbesondere der Entzug der Topbonitätsnote für Frankreich hatte für teils heftige Reaktionen gesorgt. So erklärte beispielsweise der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok, dass die "Ratingagenturen einen Währungskrieg gegen Europa" führen würden.
Eurogruppen- und EFSF-Chef reagieren gelassen auf Herabstufung
Die Herabstufung des Euro-Rettungsschirms EFSF durch die Ratingagentur Standard and Poor`s (S&P) ist am Montagabend größtenteils gelassen aufgenommen worden. Die Entscheidung von S&P werde an der Stärke des Rettungsschirms nichts ändern, so die Einschätzung von Jean-Claude Juncker, Chef der Euro-Gruppe und Ministerpräsident Luxemburgs.
Laut EFSF-Chef Klaus Regling sei der Fonds weiter handlungsfähig und verfüge über ausreichende Mittel, den Verpflichtungen bis zum geplanten Inkrafttreten des dauerhaften Mechanismus ESM im Sommer nachzukommen. Die Ratingagentur Standard & Poor`s (S&P) hatte am Montag die Kreditwürdigkeit des Euro-Rettungsschirms EFSF von der Bestnote AAA auf AA+ herabgestuft. Durch den Entzug der Bestnote könnte es künftig teurer für den Euro-Rettungsschirm werden, sich auf den Finanzmärkten Geld zu leihen, da bei einer schlechteren Bonitätsnote höhere Zinsen fällig werden.
FDP-Finanzexperte Schäffler lobt Arbeit der Ratingagenturen
Der Finanzexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Frank Schäffler, hat sich zufrieden mit der Herabstufung der Kreditwürdigkeit des Euro-Rettungsschirms EFSF durch Standard and Poor`s gezeigt und generell Ratingagenturen gegen Kritik aus der Politik in Schutz genommen. "Einige Länder in Europa haben eine erhöhte Temperatur, andere eine Grippe und wieder andere sogar eine Lungenentzündung. Es ist deshalb gut, dass es mit Ratingagenturen ein Fieberthermometer gibt, das die Investoren über die Risiken ihrer Anlage informiert", sagte Schäffler der Onlineausgabe des "Handelsblatts". Das schütze die Spareinlagen von Millionen von Sparern auch in Deutschland. Die jüngste S&P-Herabstufung zeige zudem "den Handlungsbedarf, die notwendigen Reformen nicht nur anzukündigen, sondern auch in die Tat umzusetzen", fügte das FDP-Bundesvorstandsmitglied hinzu.
Schäffler wirft CDU-Politiker Brok Realitätsverdrängung vor
FDP-Finanzexperte Frank Schäffler hat dem CDU-Europaabgeordneten Elmar Brok in der Debatte über die Ratingagenturen Realitätsverdrängung vorgeworfen, nachdem Brok die USA im Hinblick auf die Herabstufung europäischer Staaten durch die Ratingagentur Standard & Poor`s scharf kritisiert hatte. Dem "Westfalen-Blatt" sagte Schäffler: "Broks Vorwurf an die USA ist Verdrängung von Realität. Das ist eine dumpfe Schuldzuweisung. Das halte ich für pharisäerhaft, eine Form von Bashing." Schäffler verteidigte die Herabstufungen: "Die Ratingagenturen haben mit den Abstufungen Recht, sie beschreiben die Realität - eine logische Konsequenz. Frankreich hat seine Versprechen in Sachen Reformbereitschaft und Haushaltskonsolidierung nicht eingehalten. Auf einen Warnschuss folgt eben Vollzug." Brok hatte zuvor behauptet, dass die "Ratingagenturen einen Währungskrieg gegen Europa" führen würden. Gegenüber der Zeitung sagte Brok: "Das ist ein gezielter Angriff auf Europa. Es ist die Interessenlage der US-Finanzwirtschaft, die mit Teilen der Politik deckungsgleich ist. Wenn man sieht, welche Kampagne Mitt Romney gegen Europa führt, der ja aus dieser Finanzwelt stammt, ahnt man, dass es da Zusammenhänge gibt." Brok forderte Konsequenzen: "Wir müssen die Macht der jetzigen Ratingagenturen begrenzen. Es ist Zeit für eine europäische Ratingagentur. Das muss aber die Wirtschaft machen. Wenn es staatlich wäre, hätte es keine Glaubwürdigkeit."
EU-Kommissar Oettinger hält weitere deutsche Finanzhilfen für EFSF für möglich
Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger hält eine weitere Entscheidung des Bundestages über einen möglicherweise zusätzlichen Finanzierungsbedarf zu Lasten Deutschlands bei der Regelung der Euro-Schuldenkrise für denkbar. "Der EFSF und der ESM müssen groß genug sein, um die gestellten Aufgaben zu erfüllen", sagte Oettinger der "Leipziger Volkszeitung". Italien zu finanzieren gehöre dabei nicht zu den Aufgaben der beiden Rettungsschirme. "Aber zu den Aufgaben gehört es, Portugal, Irland, Griechenland auf dem Weg der Haushaltskonsolidierung zu begleiten", betonte Oettinger. Deswegen müsse der Geschäftsführer des Euro-Rettungsschirms, Klaus Regling, "wenn er von den Märkten zurückgekehrt sein wird, der Politik sagen, wie groß das Rettungsvolumen bemessen sein muss", so Oettinger. "Erst dann kann die Frage entschieden werden, ob nach der Geschäftsordnung der Bundestag damit zu befassen ist." Er sei sich aber sicher, "dass der Bundestag in diesem Jahr noch mehrfach über europäische solidarische Systeme beraten wird".
Schäuble für Regulierung von Rating-Agenturen auf EU-Ebene
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich nach der jüngsten Abwertung mehrerer Euro-Staaten durch Standard & Poor`s (S&P) für eine Regulierung von Rating-Agenturen auf EU-Ebene ausgesprochen. "Ich glaube, dass solche Entscheidungen, wie wir sie am Freitag erlebt haben, den Prozess beschleunigen werden, wenn alle sehen, es besteht dringender Handlungsbedarf", sagte Schäuble im Deutschlandfunk. Der Finanzminister zweifelte zudem das Urteil von S&P an. "Ich glaube auch nicht, dass Standard & Poor`s wirklich begriffen hat, was wir in Europa schon auf den Weg gebracht haben", so Schäuble.
Standard & Poor`s wies unterdessen den Vorwurf zurück, Einfluss auf die Politik nehmen zu wollen. Man habe kein Interesse an einer quasi-regulatorischen Rolle und verfolge auch keine politische Agenda, sagte der Abteilungsleiter Länderratings, Moritz Kraemer, im Deutschlandfunk.
Frankreichs Finanzminister François Baroin rief allerdings zu Gelassenheit auf. Der Verlust der Note AAA sei keine gute Neuigkeit, aber auch keine Katastrophe, erklärte Baroin. Führende Ökonomen in Deutschland sahen die Rating-Abstufung ebenfalls gelassen. Eine Herabstufung der Bonität erschwert die Refinanzierung. Ein gutes Rating ist die Voraussetzung dafür, dass sich Staaten und Banken zu guten Konditionen neues Geld am Finanzmarkt besorgen können.
Quelle: dts Nachrichtenagentur