UN-Afghanistanbeauftragter Koenigs hält Nato-Offensive in Afghanistan für nötig
Archivmeldung vom 08.03.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDer UN-Afghanistanbeauftragte Tom Koenigs hat die Offensive der Nato-geführten Schutztruppe ISAF im Süden Afghanistans ausdrücklich begrüßt. Im Interview mit dem ARD-Hörfunkkorrespondenten Südasien, Christoph Heinzle, sagte er in Kabul:
"Dass da die Nato die
Initiative übernimmt, finde ich völlig richtig. Genauso wie ich es
voriges Jahr richtig fand, dass die Nato überhaupt in den Süden geht
und dort doch eine sehr viel kohärentere und massivere Strategie
verfolgt als das die vier oder fünf Jahre vorher war." Am Freitag (9.
März) entscheidet der Deutsche Bundestag über die Entsendung
deutscher Tornado-Aufklärungsflugzeuge nach Afghanistan.
Der deutsche UN-Diplomat hält den Einsatz ausländischer Truppen für notwendig, wenn man Entwicklung in den instabilen Süden Afghanistans bringen will. "Alle sagen zurecht, militärisch kann der Krieg nicht gewonnen werden. Das stimmt. Aber ohne Militär auch nicht. Wenn es im Süden keine Stabilität, das heißt Zugänglichkeit auch für internationale Kräfte gibt, dann kommt auch keine internationale Entwicklung dahin." Koenigs sieht Versäumnisse am Beginn des ISAF-Einsatzes vor fünf Jahren. "Alle wollen Frieden. Aber man kriegt den Frieden hier nicht ohne eine starke Nato-Präsenz. Und hätte man diese Präsenz vom ersten Tag an im Süden gehabt, dann wären die Taliban hier überhaupt nicht mehr auf die Platte gekommen. Von denen hätte man nichts mehr gesehen."
Im Rahmen der Diskussion über einen Bundeswehreinsatz im Süden
sagte Koenigs, die Details der Beteiligung einzelner Nato-Staaten an
der ISAF seien Sache der Nato, doch er wünsche sich, "dass es eine
möglichst intensive Beteiligung gibt, dass die Effizienz auch hoch
ist. Ich finde insgesamt Einschränkungen von jeder Sorte, die man als
Nationalstaat macht, erstmal negativ. Denn die Stärke der Nato
besteht in der multilateralen Integration."
Doch Koenigs warnte im ARD-Interview gleichzeitig vor einer Dauerpräsenz der Nato wie derzeit im umkämpften Süden. "Das Zeitfenster schließt sich, das Zeitfenster wo es hier noch ertragen wird, dass fremde Truppen hier sind. Auf die Dauer im Süden in der Fläche Militär vorzuhalten, so wie das die Nato jetzt tut, das werden weder wir aushalten noch die Afghanen. Wir müssen jetzt eine enorme Anstrengung darauf legen, die Polizei, die Armee, die Regierungsstrukturen, die Justiz in einen Zustand zu bringen, dass die Afghanen das selber machen können. Erstens können sie es besser, zweitens können sie es billiger und drittens ist es auch eher akzeptabel."
Der UN-Afghanistanbeauftragte forderte zusätzliche
Entwicklungsbemühungen in den Unruheprovinzen des Südens und Ostens,
auch von Deutschland. Vergleichsweise ruhigere Gebiete im Zentrum und
Norden Afghanistans dürften dabei aber nicht vernachlässigt werden.
"Das zu stabilisieren erfordert jetzt eine neue und meines Erachtens
kräftigere Anstrengung - gerade im Entwicklungsbereich. Denn die
Leute müssen sehen können, dass es sich lohnt, für die demokratische
Regierung einzutreten, und dass sie damit besser fahren."
Quelle: Pressemitteilung NDR Norddeutscher Rundfunk