Moskau sorgt sich um Entwicklungen im Nahen Osten
Archivmeldung vom 07.05.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMöglicherweise steht der Nahe Osten vor einem neuen bewaffneten Konflikt, berichtet Susanne Brammerloh bei Radio "Stimme Russlands". Nach Angriffen von Israel ist Damaskus bereit zurückzuschießen. Russland ist besorgt über die Lage und fürchtet, die Diskussionen um mögliche Chemiewaffen könnten den Vorwand für eine Invasion liefern.
Bei Radio "Stimme Russlands" heißt es im Bericht weiter: "Am Montag berichtete das syrische Staatsfernsehen, die syrische Armee habe bereits Ziele festgelegt, die im Falle neuer Angriffe der israelischen Luftwaffe auf syrisches Gebiet in Israel überfallen werden sollen, berichtet das Staatsfernsehen Syriens. Den Truppen sei befohlen worden, auf jeden Angriff seitens Israels zu reagieren, ohne auf weitere Verordnungen des Oberkommandos zu warten. Syrien soll auch den Palästinensern grünes Licht für deren Vorgehen gegen Israel von den besetzten Golan-Höhen aus gegeben haben.
Moskau hebt die Verschärfung der Situation um Syrien hervor. Besondere Besorgtheit lösten Meldungen über israelische Luftangriffe auf Vorstädte von Damaskus aus, heißt es in einer Erklärung des russischen Außenministeriums. „Eine weitere Eskalation der bewaffneten Konfrontation würde die Risiken der Schaffung von Spannungsherden nicht nur in Syrien, sondern auch im Libanon heftig steigern. Darüber hinaus könne sie die bisher relativ ruhige Lage nahe der libanesisch-israelischen Grenze destabilisieren“ ,heißt es auf der Webseite des russischen Außenministeriums.
Moskau glaubt darüber hinaus, die aktive Diskussion um mutmaßliche Nutzung von Chemiewaffen in Syrien zeuge von der Vorbereitung der öffentlichen Meinung auf eine Intervention. "In Materialien internationaler Medien sind besonders viele Diskussionen zum Thema des Einsatzes chemischer Waffen im Kampf zwischen Regierungstruppen und Militanten erschienen. Diese Anzeichen der Vorbereitung der Weltöffentlichkeit auf die Möglichkeit der gewalttätigen Einmischung in den internen Konflikt in Syrien lösen ernste Besorgnis aus", erklärte der Sprecher des russischen Außenministeriums, Alexander Lukaschewitsch.
Die USA wussten nichts vom geplanten Luftangriff auf Entwicklungszentrum bei Damaskus. Dies teilte am Montag ein Vertreter des US-amerikanischen Nachrichtendienstes mit. Die US-Administration teile die Sorge Israels über die Waffenlieferung an die Hisbollah, zu den mutmaßlichen israelischen Luftschlägen auf das syrische Territorium hüllt sich Washington jedoch in Schweigen."
Stehen Syrien und Israel vor einem Krieg?
Konstantin Garibow berichtet ebenfalls bei Radio "Stimme Russlands" zur der Situation in der Region: "Syrien hat nach den Angriffen der israelischen Luftwaffe auf seine militärischen Objekte bei Damaskus seine Raketen auf Israel gerichtet. Die Raketen-Batterien zeigen auch in Richtung des von Israel besetzten Palästina.
Israel verlegte seinerseits zwei Batterien seiner Raketenabwehr an die syrische Grenze. Das könne zu einem umfangreichen Krieg in der Region führen, erklärte Syriens Informationsminister Omran al-Zoubi:
„Israels Raketenangriffe können beliebige Folgen in der Region nach sich ziehen. Diese Aktion bestätigt das Vorhandensein einer Koordinierung zwischen Israel und den terroristischen Gruppierungen.“
Das Ziel dieses Angriffs sei ebenso eine Partie iranischer Raketen gewesen, bemerkt der Direktor des Nahost-Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften, Jewgeni Satanowski:
„Alles, was geschehen ist, kann durchaus als eine gewisse Probe eines künftigen iranisch-israelischen Krieges betrachtet werden. Wenn die Israelis recht leicht ein Militärobjekt bei Damaskus liquidieren können, so können sie genauso die Nuklearobjekte des Irans auf dessen Territorium vernichten. Und das weiß man in Teheran sehr gut.“
Kairo verurteilt die Angriffe Israels auf syrisches Territorium. In einer Erklärung der Kanzlei des ägyptischen Präsidenten heißt es, diese Raketenangriffe seien eine Verstoß gegen internationale Gesetze und würden die Situation in der Region noch mehr erschweren. Die C-Waffen in Syrien haben womöglich Kämpfer der Opposition eingesetzt, nicht aber die Regierungstruppen, erklärte die frühere Hauptanklägerin des Internationalen Tribunals der UNO für das ehemalige Jugoslawien, Carla del Ponte. Gegenwärtig ist sie Mitglied der Sonderkommission der UNO zur Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen in Syrien. Die Angaben dieser Kommission stehen im Widerspruch zu den Erklärungen der USA.
Die Situation erinnere stark an die Ereignisse von vor zehn Jahren. Als Anlass zur Intervention gegen den Irak hätten damals die Angaben der US-amerikanischen Aufklärung gedient, dass Saddam Hussein über C-Waffen verfüge, bemerkt der Experte Ashdar Kurtow vom Russischen Institut für Strategie-Studien.
„Alle haben im Fernsehen gesehen, wie in einer Sitzung der UNO der Außenminister der USA Reagenzgläser mit einem weißen Pulver demonstrierte und behauptete, das seien Proben jenes Stoffes, den die Regierung von Saddam Hussein im Irak besitzen würde, und deshalb müsse man den Einsatz von Massenvernichtungsmitteln in diesem Lande durch eine direkte Aggression verhindern. Und das taten die Amerikaner dann auch im Jahr 2003. Später, als keinerlei Beweise für ein Vorhandensein von C-Waffen im Irak gefunden worden waren, wurde niemand dafür verantwortlich gemacht. Die Amerikaner entschuldigten sich nicht einmal.“
Die Tatsache, dass die USA nicht in einen offenen militärischen Konflikt mit Syrien treten, spreche nicht davon, dass es den Amerikanern an Beweisen für eine Intervention mangeln würde, sondern dass die USA jetzt andere Aufgaben haben, ist der Experte Sergej Demidenko vom Institut für strategische Einschätzungen und Analyse überzeugt:
„Das Problem besteht darin, dass die Schlussfolgerungen einer beliebigen Kommission den Vereinigten Staaten absolut nichts bedeuten. Wie sie entscheiden, so werden sie es tun. Wenn die USA entschieden haben, das Baschar-al-Assad-Regime auf militärischem Wege zu vernichten, so würde es dieses nicht mehr geben, denn die Militärpotentiale der einen und der anderen Seite sind nicht vergleichbar. Im Weißen Haus entscheiden sie, was gut und was schlecht ist, wer gebraucht wird und wer nicht. Und werden sie keineswegs durch die Schlussfolgerungen irgendeiner Kommission gezügelt, sondern nur durch bestimmte geopolitische und geoökonomische Umstände, bei deren Analyse sie zur Schlussfolgerung gelangen, dass eine militärische Intervention für sie in Syrien nicht zweckmäßig sei.“
Übrigens beziehen die USA gegenwärtig hinsichtlich Syriens eine recht vorsichtige Position. Der Informationskrieg gegen dieses Land verklingt jedoch keine einzige Minute. Hierfür gibt es genug Gerüchte und Verdächtigungen, selbst wenn sie nicht belegt sein sollten. Wer weiß, wie später die Situation gewendet wird."
Quelle: Text Susanne Brammerloh und Konstantin Garibow - „Stimme Russlands"