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Waffen für die Ukraine – was wirklich passiert

Archivmeldung vom 20.05.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.05.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
Sowjetische T-55 Kampfpanzer MTB
Sowjetische T-55 Kampfpanzer MTB

Bild: gemeinfrei (US national Archives)

Ein Thema, das in den Medien andauernd gepusht wird, ist die Ver­sorgung der Ukraine mit west­lichen, hoch­mo­dernen Waffen. Am 10. Mai unter­zeichnete der US-Prä­sident Joe Biden das soge­nannte „Zweiter-Welt­krieg-Gesetz“. Dieses wurde 1941 in Kraft gesetzt und ermög­lichte den USA, die Länder Europas massiv mit Waffen aus­zu­statten, um die deutsche Armee nie­der­zu­ringen. Dieses Gesetz bescherte der dama­ligen Sowjet­union Tau­sende US-Panzer, nachdem die eigene Pan­zer­waffe – damals kriegs­ent­scheidend — auf etwas über 600 Panzer zusam­men­ge­schrumpft war. Nun ist der Weg frei für massive Lie­fe­rungen an schwerem Gerät in die Ukraine. Die Welt nickt zustimmend, dass die armen, ange­grif­fenen Ukrainer sich nun hoch­ef­fektiv gegen die bösen Russen wehren können. Hinter den Kulissen sieht es aber etwas anders aus. Dazu schreibt Niki Vogt ihren nachfolgenden Artikel bei " Die Unbestechlichen".

Weiter heißt es wie folgt: "

Die Nach­rich­ten­seite n‑tv berichtet hierzu:

„US-Prä­sident Joe Biden hat ein Gesetz unter­zeichnet, das die Lie­ferung von Rüs­tungs­gütern an die Ukraine und andere ost­eu­ro­päische Staaten erleichtert. Das Gesetz basiert auf einem Pro­gramm aus der Zeit des Zweiten Welt­kriegs im Kampf gegen Nazi-Deutschland. Die USA würden damit den Kampf der Ukraine unter­stützen, ‚ihr Land und ihre Demo­kratie gegen Putins bru­talen Krieg zu ver­tei­digen‘, sagte Biden. ‚Die Kosten des Kampfes sind nicht gering. Aber ein Nach­geben gegenüber der Aggression ist noch teurer.‘“

Die Unter­zeichnung des Gesetzes ist mit breiter Mehrheit quer durch die Par­teien unter­stützt worden. Demnach können nicht nur die Ukraine, sondern auch alle Staaten in Ost­europa, die sich von einem rus­si­schen Angriffs­krieg bedroht fühlen, mit Berufung auf dieses Gesetz Waf­fen­lie­fe­rungen erhalten. Die Waf­fen­systeme können geliehen oder gepachtet werden.

Die USA rüsten nun die Ukraine im großen Stil auf, um das Land gegen Russland zu unter­stützen. Der Ukraine wurden bereits mili­tä­rische Unter­stützung im Umfang von rund vier Mil­li­arden Dollar (rund 3,8 Mil­li­arden Euro) zugesagt. Biden unter­zeichnete das neue Gesetz just an dem Tag, an dem der rus­sische Prä­sident Wla­dimir Putin in Moskau eine Mili­tär­parade zum Tag des Sieges über Nazi-Deutschland abnahm.“

Ein Fest für die Ame­ri­ka­nische Rüs­tungs­in­dustrie. Der „Inde­pendent“ titelt „War in Ukraine is a ‚gold rush‘ for Western arms makers, experts say“ (der Krieg in der Ukraine in ein Gold­rausch für west­liche Waf­fen­fa­bri­kanten). Natürlich in aller­erster Linie für die USA. Die Seite „the con­ver­sation“ liefert Zahlen: „Die Ver­tei­di­gungs­gi­ganten der Welt machen mit dem Krieg still­schweigend Mil­li­arden“. Der Ukraine-Krieg füllt die Schlag­zeilen, aber von der Waf­fen­in­dustrie höre man so gut wie nichts. Sie liefert Waffen an beide Seiten, es geht um Mil­li­arden. Die EU bestellt gerade Waffen in Höhe von einer halben Mil­liarde, die an die Ukraine geliefert werden sollen. Die USA zahlt der Ukraine 350 Mil­lionen Dollar zusätzlich zu den fast 100 Tonnen Mili­tär­güter und den zuge­sagten 650 Mil­lionen US-Dollar der letzten Monate.

Bis jetzt haben die USA und NATO 17.000 Pan­zer­ab­wehr­waffen und 2.000 Stinger Flug­ab­wehr­ra­keten geschickt. Eine inter­na­tionale Koalition von Nationen bewaffnet auch bereit­willig den ukrai­ni­schen Wider­stand, dar­unter Groß­bri­tannien, Aus­tralien, die Türkei und Kanada.

Hier sehen wir einmal, wo die Steu­er­gelder der arbei­tenden Men­schen im Westen hin­fließen, um Ukrainer und Russen sich gegen­seitig töten zu lassen:

Orange = Lockheed Martin; hellblau = Boeing; gelb = Ray­theon; dun­kelblau = BAe-Systeme; lila = Nor­throp Grumman; blau = S&P 500. Handelsansicht / Bild: Screenshot "Die Unbestechlichen"

Es wird spannend sein zu sehen, ob das mit den Waf­fen­lie­fe­rungen und dem Einsatz an der Front über­haupt so funktioniert.

Denn: Laut einem Haus­halts­be­richt des US-Kon­gresses sind „Rus­sische Waffen im Ver­gleich zu west­lichen Sys­temen bil­liger sowie ein­facher zu bedienen und zu warten.“ Die größten rus­si­schen Ver­tei­di­gungs­un­ter­nehmen sind der Rake­ten­her­steller Almaz-Antey (Umsatz­vo­lumen 6,6 Mil­li­arden US-Dollar), United Air­craft Corp (4,6 Mil­li­arden US-Dollar) und United Ship­building Corp (4,5 Mil­li­arden US-Dollar).

Die rus­si­schen Waf­fen­systeme sind schlicht robuster, prak­ti­scher und offen­sichtlich etwas weniger kom­pli­ziert und stör­an­fällig. Und hier sind wir schon beim Kern des Problems.

Die teuren, kom­pli­zierten, west­lichen Waf­fen­systeme erfordern eine umfäng­liche Aus­bildung der Sol­daten, die sie bedienen. Das weiß ich per­sönlich von einem Militär. Das dauert — je nachdem — Monate oder ca. ein Jahr. Wie wir aber wissen, werden in der Ukraine alle wehr­fä­higen Männer einfach ein­ge­zogen, eine Woche an den Gewehren und Abwehr­ra­keten usw. aus­ge­bildet, bekommen eine Knarre in die Hand gedrückt und werden an der Front ver­heizt. Die ukrai­ni­schen Sol­daten fluchen über die Waffen, die sie nicht bedienen können. Daher muss Deutschland die ukrai­ni­schen Sol­daten not­dürftig an den schweren Waffen, wie der Pan­zer­hau­bitze aus­bilden.

Mitt­ler­weile suchen die USA und der Westen hän­de­ringend die Welt nach rus­si­schen Waffen oder NVA-Waffen aus der DDR-Zeit ab. Damit kennen sich die ukrai­ni­schen Sol­daten eher aus. Zurzeit ver­langen die USA von den Griechen, ihre gepan­zerten Fahr­zeuge, die sie in den 90er Jahren von den Russen gekauft haben, an die Ukraine her­aus­zu­rücken. Das berichten die grie­chi­schen Zei­tungen „Ta Nea“ und „Kathi­merini“. Das betrifft besonders Bat­terien des rus­si­schen Rake­ten­systems S‑300, die Luft­ab­wehr­systeme OSA-AK und TOR M‑1 und gepan­zerte Fahr­zeuge des Typs BMP‑1, berichtet die Ber­liner Zeitung.

Die Griechen wollen ihre Waffen aber nicht her­aus­rücken, weil ihre Sol­daten sich damit gut aus­kennen und Grie­chenland ja ständig wegen ver­schie­dener Inseln in Feind­se­lig­keiten mit der Türkei ver­strickt ist. Ver­ständ­li­cher­weise will Grie­chenland sich in dieser Lage nicht „nackig machen“.

„In der Ägäis ist die Lage zwi­schen den Nato-Staaten Grie­chenland und Türkei sehr gespannt. Ankara spricht Grie­chenland die Sou­ve­rä­nität über etliche Inseln in der öst­lichen Ägäis ab, weil diese mili­ta­ri­siert sind. Athen hin­gegen ver­weist auf die zahl­reichen Lan­dungs­boote an der tür­ki­schen West­küste, die die Inseln bedrohten, weshalb diese für eine Ver­tei­digung gerüstet sein müssten.“

Der Focus schreibt hierzu:

„Rigo Herold ist Pro­fessor für digitale Systeme an der Fach­hoch­schule in Zwickau und Kurator einer Aus­stellung über Mili­tär­waffen in der DDR, die derzeit im Mili­tär­museum in Suhl zu besich­tigen ist. Er sagt: Die DDR ver­fügte über gut geölte Prä­zi­si­ons­waffen. (…) Die sollten funk­tio­nieren. Die DDR war sehr, sehr fort­schrittlich, was die Waf­fen­technik anbe­langt. Die Hand­feu­er­waffen wurden zum Bei­spiel in einer Art Fett­folie auf­be­wahrt, eine Kon­ser­vie­rungs­lösung. Die können nach 30 Jahren raus­geholt werden und sind sofort ein­satz­bereit. (…) Die Inge­nieure und Arbeiter, die die Waffen her­ge­stellt haben, sind sehr präzise und genau gewesen. Das Qua­li­täts­ma­nagement war weit fort­ge­schritten. (…) Panzer und so etwas gab es nicht als DDR-Pro­duktion. (hier) hatte man von der Sowjet­union Pläne und Lizenzen gekauft und in der DDR nach­gebaut: zum Bei­spiel die Hand­feu­er­waffe Makarow. (…) Die Bun­deswehr hat einige Waffen über­nommen, aber in den meisten Fällen nie benutzt mit Aus­nahme der sowje­ti­schen MIG-Kampf­flug­zeuge. (…) Es ist nicht mehr viel übrig, dass da jetzt größere Mengen an die Ukraine geliefert werden konnten, hat mich gewundert.“

Wir können also fest­halten, das die USA nicht ohne Grund die Welt hän­de­ringend nach alten rus­si­schen Waffen absucht, für die sie nach Insi­der­infor­ma­tionen relativ viel Geld zu zahlen bereit sind. Das alte, russische/DDR Equipment ist weit weniger kom­pli­ziert und fast gar nicht anfällig für Stö­rungen. Und die ukrai­ni­schen Sol­daten können damit umgehen. Ins­be­sondere können sie die rus­si­schen Beschrif­tungen lesen und verstehen.

Dann kommt hinzu, dass aus China seit zwei Monaten ja prak­tisch nichts mehr her­aus­kommt. Solar­an­lagen-Bau­teile sind nicht mehr zu bekommen, Akkus auch nicht und seltene Erden auch nicht mehr. Im großen Insider-Report des manager-magazins lesen wir:

„Die Waf­fen­her­steller sind unzu­rei­chend gerüstet für das anste­hende 100-Milliarden-Aufbauprogramm.“

Um die modernen Hightech-Waf­fen­systeme zu bauen, braucht es aber die „Sel­tenen Erden“, also Halb­metall-Leiter mit ganz spe­zi­fi­schen Eigen­schaften. Da China unter Deng Xiao Ping, einem Inge­nieur, diese sel­tenen Erden zu Dum­ping­preisen in die Welt ver­kaufte, hat man im Westen die auf­wändige, teure und umwelt­schäd­liche Aus­beutung der eigenen Sel­tenen-Erden-Metalle (aus der Lan­thanoid-Gruppe) auf­ge­geben. China erhöhte, nachdem es den Welt­markt beherrschte, die Preise und redu­zierte den Handel mit den Sel­tenen Erden stark, wohl wissend, dass die Welt diese Ele­mente braucht. Statt­dessen begann China, Wert­schöp­fungs­ketten auf­zu­bauen, zwei spe­zielle Uni­ver­si­täten zu gründen, die Hightech-Bau­teile ent­wi­ckeln, wie LED-Dis­plays, Com­puter- und Fern­seh­bild­schirme und andere Hightech-Gerät-Bau­teile. Und die werden eben auch in Waf­fen­sys­temen benötigt und verbaut.

Mit anderen Worten: Die west­lichen Waf­fen­pro­du­zenten geraten in Pro­bleme, weil sie die nötigen Bau­teile für ihre Hightech-Waf­fen­systeme von China nicht bekommen. Sie können die bestellten Mengen an Waf­fen­sys­temen gar nicht herstellen.

Das liegt nicht nur am Lie­fer­ket­ten­problem. Es liegt auch daran, dass China diese Bau­teile und Sub­stanzen nicht liefern will, denn China hat kein, aber auch gar kein Interesse daran, dass Russland in diesem Kon­flikt unter­liegt. In diesem Fall wäre nicht nur das ambi­tio­nierte Projekt „Neue Sei­den­straße“ (one Belt one Road) Geschichte, China hätte auch noch das Problem, sowohl an der Ost, als auch an der West­flanke die Waf­fen­systeme der USA direkt an seiner Grenze zu haben.

Deshalb über­rascht es auch nicht, dass Bloomberg eine hoch­bri­sante Nach­richt meldet, die alle anderen Haupt­medien diskret verschweigen:

EU-Ana­lysis sug­gests China may send Tech Hardware to help Putin (Eine EU-Analyse lässt ver­muten, dass China Hightech-Geräte sendet, um Putin zu helfen). Das ist sogar mehr als nur wahr­scheinlich, auch wenn es im Beitrag heißt, die EU habe noch keine harten Beweise dafür und sowohl China als auch Russland streiten es natürlich ab. Bloomberg berichtet weiter:

„Chinas poten­zi­eller Ein­fluss auf die Situation in der Ukraine war ein zen­trales Thema in Gesprächen zwi­schen Prä­sident Joe Biden und seinen Ver­bün­deten aus der NATO, der Gruppe der sieben Indus­trie­na­tionen und der EU am Don­nerstag in Brüssel. Auf dem Nato-Gipfel habe es einen breiten Konsens darüber gegeben, dass die Ver­bün­deten China daran hindern sollten, Russland zu nahe zu kommen, aber es gebe keine Einigkeit darüber, wie sie das erreichen sollen, sagte ein anderer Diplomat.“

Hübsch for­mu­liert. De facto gibt es keine Mög­lichkeit, China über­haupt an irgend­etwas zu hindern. Und die Inter­es­senlage Chinas ist son­nenklar. Im Zwei­felsfall und wenn Russland droht zu unter­liegen, wird China, obwohl es gar nicht scharf darauf ist, an der Seite Russ­lands stehen. Punkt. Die USA haben zwar, wie George Friedman von Stratfor einmal schön erklärte, über Jahr­zehnte ver­hindern können, dass sich Russland und Deutschland näher kommen und die Vor­macht­stellung der USA gefährden. Bei China und Russland ist das noch in Zeh­ner­po­tenzen gefähr­licher für die USA, aber aus­sichtslos. Es gibt eben nicht nur keine Einigkeit, sondern keine Möglichkeit.

Die USA werden am Ende ver­lieren. Wenn US-Prä­sident Biden sagt, er „habe dem chi­ne­si­schen Prä­si­denten Xi Jinping letzte Woche in einer Video­kon­ferenz „deutlich gemacht“, dass China seine Pläne für Wirt­schafts­wachstum durch den inter­na­tio­nalen Handel ris­kiere, wenn es dem Kreml Hilfe leiste“, dann wird das China zwar nicht gefallen, aber an den Macht­ver­hält­nissen nichts ändern. Wenn die USA einen Regi­me­change in Russland zuwege bringen sollten – und das ist ja das eigent­liche Ziel dieses Krieges –, dann hat China ein sehr viel grö­ßeres Problem. China wäre der nächste.

Wie das Tita­nen­ringen aus­gehen wird, weiß niemand wirklich. Ob Europa dabei unter die Räder kommen wird und wie schlimm es werden wird auch nicht. Aber wie sagte meine Oma immer? „Kopf hoch, und wenn der Hals auch dreckig ist“. "

Quelle: Die Unbestechlichen (Niki Vogt)

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