Weltwirtschaft koppelt sich von den USA ab
Archivmeldung vom 29.11.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.11.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine expansive Geld-, Fiskal- und Wechselkurspolitik wird die USA im zweiten Halbjahr aus ihrer Schwächephase herausholen. Diesem Szenario weisen die Volkswirte der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen in ihrem Kapitalmarktausblick 2008 eine Wahrscheinlichkeit von 60 % zu.
Sowohl Asien als auch Europa könnten sich teilweise von der
erwarteten Wachstumsschwäche im ersten Halbjahr in den USA abkoppeln.
"Die Weltwirtschaft verfügt mittlerweile über drei Lokomotiven, von
denen derzeit nur eine schwächelt", konstatiert Dr. Gertrud R. Traud,
Chefvolkswirtin der Helaba. Besonders für die deutsche Konjunktur
zeigen sich die Helaba-Volkswirte optimistisch. Gleichzeitig weisen
die Volkswirte auf die vielfältigen Risiken hin, die die
wirtschaftliche Entwicklung im kommenden Jahr negativ beeinflussen
könnten. "Zweifelsohne ist das Risiko eines Übergreifens der
Liquiditätskrise auf die Realwirtschaft nicht von der Hand zu
weisen", betont Traud. Diesem Szenario messen die Experten immerhin
eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 30 % bei.
Deutschland: BIP-Wachstum über Potenzial
Zwar wird sich das deutsche BIP-Wachstum 2008 auf etwa 2 %
abschwächen. Trotz dieser temporären Abschwächung liegt die
Wachstumsrate aber deutlich über Potenzial. "Die vollzogenen
Restrukturierungsprozesse haben ausreichend Potenzial geschaffen, um
kleinere Wachstums-schwächen durchzustehen", betont Traud. Auf Basis
des prognostizierten BIP-Zuwachses von rd. 2 % wird sich der
Arbeitsmarkt 2008 weiter erholen - wenn auch in etwas langsamerem
Tempo. Die Arbeitslosenquote sollte von 9,1 % in diesem Jahr
zurückgehen auf 8,5 %. Die günstige Arbeitsmarktentwicklung wird den
Konsum stützen, so dass nach dem enttäuschenden Konsumjahr 2007 ein
Zuwachs von 1,7 % zu erwarten ist.
Der Außenhandel bleibt ein wichtiges Standbein der deutschen
Konjunktur. Bedingt durch die Wirtschaftsschwäche in den USA und den
hohen Außenwert des Euro gegenüber dem US-Dollar gehen die Ausfuhren
in die USA zwar weiter zurück. Dies wird jedoch durch die steigende
Exporttätigkeit in die EU sowie die OPEC-Staaten und Russland
teilweise kompensiert. Bei nur leicht abgeschwächter Dynamik der
Weltwirtschaft werden die deutschen Exporte 2008 um etwa 5,5 %
zulegen (2007: 8 %).
US-Wirtschaft schrammt an Rezession vorbei
Wohnungsbaurezession, Kreditmarktkrise und Ölpreisschock führen in
den USA im ersten Halbjahr 2008 zu einer deutlichen
Wachstumsabschwächung. Stützend für die US-Konjunktur wirken dagegen
die solide Weltkonjunktur, die vergleichsweise gute finanzielle Lage
der US-Unternehmen sowie eine expansive Geld- und Fiskalpolitik.
Solange keine weiteren Schocks die US-Wirtschaft treffen, ist nach
Ansicht der Experten deshalb nicht mit einer Rezession zu rechnen.
Mitte 2008 dürfte die US-Konjunktur demnach das Schlimmste
überstanden haben. Für das Gesamtjahr ist dann ein BIP-Zuwachs von
gut 2 % zu erwarten.
Dollar-Schwäche läuft zur Jahresmitte 2008 aus
Die temporäre Wachstumsschwäche der USA verbunden mit
Zinssenkungen der US-Notenbank stellen derzeit ein erhebliches
Belastungspotenzial für den US-Dollar dar. So ist zum Jahreswechsel
ein Überschreiten der Marke von 1,50 Dollar/Euro wahrscheinlich. Zwar
wird sich die Dollar-Schwäche noch bis zur Jahresmitte 2008
fortsetzen, allerdings ist keine weitere signifikante Abwertung mehr
gegenüber dem Euro zu erwarten. Einerseits ist der "faire Wert"
bereits deutlich überschritten, andererseits werden 2008 andere
Währungen einen größeren Anteil der Anpassungslast tragen. Für die
zweite Jahreshälfte erwarten die Helaba-Volkswirte bei einer wieder
erstarkenden US-Wirtschaft eine Festigung des Dollar bis auf 1,35.
Wachstums-Inflations-Rochade bestimmt das Jahr 2008
Aktuell preisen die Rentenmärkte eine deutliche Abschwächung in den USA ein. Auch weitere Zinssenkungen der US-Notenbank sind bereits eskomptiert. Somit ist das Potenzial für die Rentenmärkte begrenzt. Zwar können die Renditen diesseits und jenseits des Atlantiks zum Jahreswechsel noch bis auf 3,9 % fallen, allerdings zieht die hohe Bewertung dann einen Boden ein. Mitte des nächsten Jahres werden schwindende Wachstumsbedenken sowie wieder aufkommende Inflations-sorgen zu einem Anstieg der Zinsen führen: 10-jährige US-Staatsanleihen steigen bis Jahresende 2008 auf 4,8 %; 10jährige Bundesanleihen erreichen wieder die Marke von 4,5 %. "Die Rentenmärkte werden also durch die stattfindende Wachstums-Inflations-Rochade in Bedrängnis geraten", resümiert Traud.
Quelle: Pressemitteilung Helaba Landesbank Hessen-Thüringen