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Truppenaufmarsch an Grenze zu Ungarn: Rüstet sich Ukraine für „zweiten Donbass“?

Archivmeldung vom 04.10.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.10.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Ukraine: Ukrainian troops guarding a road in Donbass (Symbolbild)
Ukraine: Ukrainian troops guarding a road in Donbass (Symbolbild)

Foto: Natuur12
Lizenz: CC BY 3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin hat erklärt, dass am 4. Oktober an Ungarn eine Note mit der Forderung an dessen Konsul in Beregowo geschickt wird, das Land zu verlassen. Ungarns Außenminister Peter Szijjarto sagte daraufhin, dass die guten Kontakte zur Ukraine durch Kiews Maßnahmen ruiniert wurden, schreibt das Portal „zvezdaweekly.ru“.

Weiter berichtet die deutsche Webseite des russischen online Magazins "Sputnik": "Ukrainische Nationalisten nahmen den ungarischen Außenminister in die Datenbank der Denunziation-Webseite Mirotworez auf. Der ungarische Chefdiplomat wurde zum Feind erklärt, nachdem er in der UNO die Verlegung ukrainischer Truppen zur ungarischen Grenze mitgeteilt hatte.

Ein Geheimnis war das schon lange nicht mehr! In den sozialen Netzwerken kursiert seit langem ein Video, in dem zu sehen ist, wie ukrainische Militärtechnik in Richtung westliche Grenze verlegt wird. Es ist zu sehen, wie Streifenwagen eine Kolonne aus Schützenpanzerwagen, LKWs und sanitären Fahrzeugen mit der ukrainischen Flagge begleiten. Die Journalistin Anna Kultschizkaja berichtete, dass Technik und Personal aus Lwiw ins Karpatenland gebracht werde. Kein Geheimnis ist auch, dass das ukrainische Verteidigungsministerium eine Militäreinheit in Beregowo stationieren will, wo vorwiegend Ungarn wohnen.

Nachdem in die Datenbank von Mirotworez persönliche Daten der Abgeordneten von Transkarpatien und des stellvertretenden Bürgermeisters der Stadt Tschop aufgenommen wurden, sagte Außenminister Szijjarto, dass „Ungarn die Rechte jedes Mitglieds der ungarischen Gemeinde in Transkarpatien verteidigen wird“.

Szijjarto sagte am 3. Oktober auf einer Pressekonferenz nach Verhandlungen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow in Moskau: „Meine Aufnahme in die Mirotworez-Liste ist kein Problem, ein viel größeres Problem ist, dass das Bildungsgesetz, das die Rechte der ungarischen nationalen Minderheit verletzt, bislang nicht revidiert wurde. Ungeachtet der Tatsache, dass wir an guten Nachbarschaftsbeziehungen und Kontakten mit der Ukraine interessiert sind, haben der Präsident der Ukraine und ihre Regierung unsere guten Kontakte zwischen den Ländern ruiniert.“

Für großen Ärger zwischen der Ukraine und Ungarn sorgt die Vergabe von ungarischen Pässen an ethnische Ungarn in Transkarpatien.

Ein wundervolles Land – die heutige Ukraine! Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin teilte vor wenigen Tagen mit, dass sein Amt eigentlich seit langem von der Vergabe von ausländischen Pässen in Transkarpatien gewusst habe, das jedoch nicht habe beweisen können. Bei der Sammlung der Beweise half ein Video im Internet. Da wurde nach einem festgestellten Fakt der Vergabe von ungarischen Pässen in der Ukraine ein Strafverfahren wegen Landesverrat eingeleitet. Es wurde damit begonnen, ethnische Ungarn zu überprüfen, ob sie einen weiteren Pass haben.

Laut ukrainischen Gesetzen ist eine zweite Staatsbürgerschaft verboten. Doch im Gesetz steht nichts darüber, ob der „illegale“ Pass weggenommen werden darf. Wenn ja, wie soll das erfolgen? Deswegen stellt sich die Frage: Was geschieht nun mit den Inhabern von zwei Pässen? Der Generalstaatsanwalt Juri Luzenko drohte ihnen mit dem Entzug der ukrainischen Staatsbürgerschaft.

Nach der Veröffentlichung der Geschichte mit den ungarischen Pässen drohte Kiew Budapest mit der Ausweisung des ungarischen Konsuls aus der Ukraine. Außenminister Szijjarto antwortete darauf: „Wenn die ukrainische Seite den Konsul Ungarns des Landes verweist, wird das nicht ohne entsprechende Maßnahmen seitens der ungarischen Seite geschehen.“ Kiew hat nach einiger Bedenkzeit anscheinend auf diese Idee verzichtet. Dafür aber tauchte im Grenzgebiet plötzlich ukrainisches Kriegsgerät auf.

Der zum damaligen Zeitpunkt in New York weilende Außenminister Szijjarto sagte am Rande der UN-Generalversammlung, dass diese Meldungen die ungarische Regierung verblüffen. „Es ist ziemlich ungewöhnlich, dass die Ukrainer ihre Truppen an die Grenzen eines Nato-Landes verlegen. Welchen Sinn das hat, das sollte man sie fragen – ich kenne die Antwort nicht“, sagte er.

Die Behörden der Ukraine gaben nun eine Antwort. Das ukrainische Verteidigungsministerium will 30 Kilometer vor der ungarischen Grenze Antiterrormanöver abhalten.

„Das heißt, dass Kiew die ungarische Gemeinde als Bedrohungsfaktor betrachtet. Das ist empörend, weshalb Ungarn kategorisch dagegen ist“, sagte Szijjarto.

Aus Kiew kamen keine Dementis.

Der ungarische Außenminister zeigte sich über die Pläne der Ukraine empört, eine Garnison in Beregowo wiederaufzubauen, 30 km vor der ungarischen Grenze. Szijjarto war vor allem über den Grund für die Stationierung der Truppen in Transkarpatien entrüstet. Kiew erklärte, dass das „angesichts der Bedrohung der territorialen Integrität der Ukraine“ notwendig sei.

Der entsprechende Beschluss wurde am 9. Februar dieses Jahres getroffen. Die Einheiten der Brigade sind in anderen großen Städten in Transkarpatien stationiert, wo vorwiegend ethnische Ungarn leben – Uschgorod, Mukatschow und Winogradow.

Bei einer Sitzung des Stadtrats von Beregowo wurden Informationen von der Führung der ukrainischen Streitkräfte publik gemacht, dass ein Bataillon bereits Ende 2018 verlegt werden könne. „Dieser Bedarf entstand wegen der notwendigen Zerstückelung der Truppen und Soldatenausbildung in der ganzen Ukraine“, sagte ein Sprecher des ukrainischen Militärkommandos.

Die Gebirgsjäger der 128. Transkarpatien-Infanteriebrigade hielten regelmäßig Rotationen in der „Antiterroroperation“-Zone im Donbass ab. Anschließend wurden sie zu ihren früheren, bereits seit den Sowjetzeiten existierenden Stellungen im Südwesten des Landes verlegt.

Ungarns Außenministerium drückte schon damals Besorgnisse wegen der Stationierung einer Einheit (mit Erfahrung der ethnischen Säuberung im Donbass!) in einer Stadt mit dem größten Anteil der in Transkarpatien ansässigen Ungarn aus.

Die Einrichtung eines Militärstützpunktes der ukrainischen Streitkräfte bedeute, dass Kiew die ungarische Minderheit als Bedrohung ansehen würde, hieß es im ungarischen Außenministerium.

Laut dem Politologen Stanislaw Byschok wird Ungarn in diesem Konflikt von Polen unterstützt werden, was ein großes Problem für Kiew ist, weil Warschau als Hauptanwalt der Ukraine bei der EU-Integration gilt. In den vergangenen Jahren unterstützten Ungarn und Polen aktiv einander, weil beide Länder eine deutlich nationalistischere Politik verfolgen, als in toleranten westeuropäischen Ländern üblich ist. Zudem gehören sie zur Visegrad-Gruppe. Was die Verlegung der ukrainischen Truppen nach Transkarpatien betreffe, sei es zwar kein freundschaftlicher Schritt, doch er würde kaum zu militärischen Vorfällen führen, so der Experte.

Auf der anderen Seite kommt es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Konflikten zwischen den ukrainischen Nationalisten und der ungarischen Minderheit. Die ukrainischen Radikalen organisierten mehrere Provokationen gegen ungarische Kulturzentren. Zuvor hatten in der Hauptstadt von Transkarpatien, Uschgorod, Unbekannte das Gebäude der Gemeinschaft der ungarischen Kultur zweimal in Brand gesetzt. Danach hatte Budapest sogar zur Entsendung von OSZE-Beobachtern in die Region aufgerufen.

Zuletzt berichteten selbst ukrainische Medien, dass Transkarpatien in der nächsten Zeit zum zweiten Donbass für Kiew werden könne. Dafür gibt es genug Gründe.

Die Beziehungen zwischen Kiew und Budapest haben sich wegen des ukrainischen Bildungsgesetzes zugespitzt, das den Schulunterricht  in der Sprache der nationalen Minderheiten massiv einschränkt. Doch nun wird schon nicht mehr vom provokativen Bildungsgesetz, sondern von plötzlichen ukrainischen Manövern an der Grenze zu Ungarn gesprochen.

Laut offizieller Mitteilung will das ukrainische Verteidigungsministerium die Mobilmachung von Einheiten üben, darunter Landungseinheiten. Laut der Sprecherin des ukrainischen Außenministeriums, Marjana Baz, ist die Stationierung und Verlegung des Militärs auf dem eigenen Territorium eine souveräne Angelegenheit des Landes. Doch in vielen osteuropäischen Hauptstädten wurden diese Manöver bereits als eine direkte und harte Antwort auf das „Verhalten“ Ungarns eingestuft.

In der Region wohnen viele Ruthenen, die offen mit Russland sympathisieren. Die ungarische Diaspora zählt etwa 200.000 Menschen, die Hälfte davon hat bereits ungarische Pässe. Die rumänischen Behörden stellten auch großzügig Pässe an Rumänen in Bukowina (Gebiet Tschernowzy) aus, die Polen verzeihen den Ukrainern nicht die Heroisierung von Bandera. Zudem hat die Bevölkerung Tausende Schusswaffen in den Händen …

Falls der Konflikt eskaliert, könnte Ungarn Truppen zum Schutz seiner Landsleute entsenden — ebenso Rumänien in die Bukowina. Dann müssten die Kiewer Behörden die Armee zwischen dem Donbass, der Krim (im Gebiet Cherson ist eine große Gruppierung der ukrainischen Streitkräfte stationiert), Transkarpatien und der Bukowina aufteilen.

Während Experten auf beiden Seiten der Grenze alarmierende Prognosen abgeben, entdeckte Kiew die „Spur Putins“. Laut ukrainischen Spurensuchern soll es der russische Präsident gewesen sein, der dem ungarischen Premier Viktor Orban Ratschläge gegeben habe, wie der Ukraine Transkarpatien weggenommen werden könne.

„Transkarpatien kann den Weg des Donbass gehen und eine neue Konfliktzone in der Ukraine werden. Transkarpatien ist eine sehr risikoreiche Region aus der Sicht der Hybrid-Methoden“, sagte der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin, ein Experte bei der Entlarvung der Hybrid-Strategie des Kreml.

Ukrainische Nazis kennen keine diplomatischen Mittel und fallen deswegen mit der Tür ins Haus. Der Vorsitzende der Organisation der ukrainischen Nationalisten (in Russland verboten), Bogdan Tscherwak, rief im August dazu auf, Ungarn wegen des Anschlags auf die territoriale Integrität der Ukraine und der versuchten Wegnahme des Gebiets Transkarpatien zu bestrafen. „Bei Ungarn ist die Sache eindeutig. Das von Chauvinismus verseuchte Budapest meint, dass es uns Transkarpatien wegnehmen kann. Doch dieser Wunsch wird schnell verschwinden, wenn in Transkarpatien die Einheiten der ukrainischen Streitkräfte und Nationalgarde loslegen.“

Nun steht Außenminister Szijjarto auf der Mirotworez-Liste, die eine direkte Bedrohung für den Vertreter des benachbarten Landes bedeutet.

Ein weiterer Grund für die Aufnahme des ungarischen Außenministers in die Liste ist wohl seine jüngste Feststellung, dass die Unterdrückung der Ungarn in Transkarpatien nicht aufhören werde, solange Präsident Petro Poroschenko an der Macht sei.

Auf der Webseite des ukrainischen Außenministeriums tauchte kurz nach der Veröffentlichung dieses Artikels eine offizielle Mitteilung auf:

„Ungarns Konsul in der Stadt Beregowo wurde zur Persona non grata erklärt. Das wurde heute dem Botschafter Ungarns in der Ukraine mitgeteilt. Ihm wurde eine Note mit Informationen übergeben, dass gemäß Artikel 23 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen von 1963 der Konsul des Konsulats Ungarns in der Stadt Beregowo wegen einer Tätigkeit, die mit dem Status des Konsul-Beamten nicht kompatibel ist, das Territorium der Ukraine innerhalb von 72 Stunden verlassen muss.“"

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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