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Wer treibt den Balkan in den Krieg?

Archivmeldung vom 24.11.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.11.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Topografische Karte des Balkans
Topografische Karte des Balkans

Lizenz: Captain Blood
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Dem Balkan droht eine „absolute Katastrophe“ – davor hat Serbiens Präsident Aleksandar Vucic seine Nation und die Weltöffentlichkeit in einer speziellen Ansprache gewarnt. Wenn man nur sieht, was auf dem Balkan gerade passiert, scheint ein Krieg in der Region unausweichlich zu sein, schreibt die Zeitung „Wsgljad“.

Die deutsche Ausgabe des russischen online Magazins "Sputnik" berichtet weiter: "Entweder die Machthaber des quasistaatlichen Kosovo haben den Verstand verloren. Oder sie sind dazu übergegangen, die serbische Führung vor den Augen der Weltöffentlichkeit unverhohlen zu erpressen: Pristina erhebt seit neuestem auf alle Waren aus Serbien und Bosnien-Herzegowina einen Einfuhrzoll von 100 Prozent! Mehr noch: Die Einfuhr ist nur erlaubt, wenn die Waren mit einer speziellen kosovarischen Kennzeichnung versehen sind.

Was das bedeutet, lässt sich leicht ausrechnen: Serbische Waren verteuern sich im Kosovo über Nacht um das Doppelte und werden einfach nicht mehr gekauft. Und die Kennzeichnungspflicht zwingt die serbischen Produzenten dazu, die umstrittene Republik Kosovo quasi als Staat anzuerkennen.

Wirtschaftlich macht die Zolleinführung überhaupt keinen Sinn. Aus Belgrads Sicht aber sieht die Maßnahme wie eine Frechheit aus, ein Schlag ins Gesicht. Die serbische Führung muss darauf reagieren. Die Situation hängt an einem dünnen Faden, die Region schwankt an der Schwelle eines neuen Krieges.

Von einer Kriegsvorbereitung sprechen die Serben offiziell noch nicht, hinter vorgehaltener Hand tun sie es aber – und zwar häufiger als noch 2008, als die serbische Teilrepublik Kosovo mit Hilfe der Vereinigten Staaten und der EU entgegen einer vorher gefassten UN-Resolution ihre Unabhängigkeit von Belgrad erklärte.

Wie gefährlich die gegenwärtige Situation ist, scheint der EU-Führung bewusst zu sein. Einen Balkan-Krieg will Brüssel offenbar nicht riskieren, die Europäische Union hat ohnehin genug Probleme im eigenen Haus.

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Zu den von Kosovo verhängten Einfuhrzöllen hat Federica Mogherini, die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, laut der Zeitung erklärt: „Die Regierung von Kosovo muss diese Beschlüsse umgehend annullieren.“

Was die USA anbelangt, so ist ihnen nur recht, wenn die EU sich um die Angelegenheit kümmert. Washington hat Kosovo immer schon unterstützt, die abtrünnige Republik ist ein Projekt der Vereinigten Staaten. In Kosovo befindet sich der größte Stützpunkt der US-Amerikaner auf dem europäischen Kontinent – alles Weitere: egal.

Es ist indes nicht so, dass Pristina an seinen Beschlüssen jetzt um jeden Preis festhalten wird. Wenn die kosovarische Führung daraus Profit schlagen kann, wird sie die Einfuhrzölle auch wieder zurücknehmen.

Nur werden die Machthaber im Kosovo eine Gegenleistung dafür verlangen. Von Belgrad bestimmt, vielleicht aber auch von Brüssel. Eine Visaerleichterung mit der EU zum Beispiel – das könnten sich die Kosovoalbaner als Gegenleistung gut vorstellen, sagte Aleksandar Vucic laut der Zeitung.

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Ein anderes Motiv, das der serbische Präsident hinter der „Zollaktion“ von Pristina vermutet, sei die Absicht, „im fremden Interesse“ einen Konflikt zu provozieren, um die Region vollends zu destabilisieren. Und parallel dazu würde still und leise eine ethnische Säuberung in Kosovo und Metochien vorgenommen – sprich: Die Serben würden aus dem Gebiet vertrieben.

Das mit der ethnischen Säuberung glaubt man vielleicht nicht auf Anhieb. Fakt aber ist, dass das Leben der Serben im Kosovo sich nach der Einführung von Zöllen drastisch verschlechtern wird. Letztlich könnten Konflikte im Nordkosovo und in Bosnien ausbrechen, sollte Sarajevo beschließen, die Führung in Pristina zu unterstützen.

Krieg und ethnische Säuberungen – das sind natürlich Begriffe, mit denen Vucic der EU-Führung in Brüssel richtig Angst einjagen kann. Aber der serbische Präsident übernimmt auch eine friedensstiftende Funktion.

In seiner Ansprache an die Nation sagte er, zuviel Blut sei auf dieser Erde geflossen, „darum müssen wir alles dafür tun, den Frieden zu erhalten“. Belgrad werde sich so gut es geht „vernünftig und verantwortungsbewusst“ verhalten und Entscheidungen „zum Schutz der Interessen seines Volkes“ treffen.

Mit einem Krieg hat Vucic also nicht gedroht. Er hat lediglich das benannt, was bereits Tatsache ist: die Unausweichlichkeit eines Krieges angesichts der gegebenen Lage. Der serbische Staatschef will, so die Zeitung, dass die Welt ihn erhört: Nach sorgfältiger Abwägung aller Pros und Contras sei derzeit alles möglich. Die Entsendung serbischer Truppen in den Kosovo zum Schutz der serbischen Bevölkerung ist demnach laut der Zeitung auch eine Option.

Dass er in diesem Streit nicht verlieren, nicht einen Schritt zurückweichen darf, ist Vucic schon klar. Aber einen Krieg will er definitiv nicht – jedenfalls nicht jetzt, da die Modernisierung seiner Armee noch nicht abgeschlossen ist. Deshalb setzt der serbische Präsident laut der Zeitung auf Diplomatie und einen sicheren Auftritt.

Seiner Ansprache an die Nation war eine Sitzung des serbischen Sicherheitsrates vorausgegangen. Im Anschluss daran traf sich Vucic erst mit den Botschaftern Russlands und Chinas (mit den „russischen und chinesischen Freunden“, wie er laut der Zeitung sagte) und dann mit den Botschaftern der Vereinigten Staaten, Englands, Deutschlands, Frankreichs und Italiens.

Die letztgenannten Länder müssen jetzt einen Weg finden, das von ihnen selbst erschaffene Monster – den quasistaatlichen Kosovo – zu zähmen. Sollte das misslingen, wird Vucics bedrohliche Prognose zur Wirklichkeit: Der Balkan schlittert in die „absolute Katastrophe“.

Für den russischen Außenminister Lawrow wird die Schwierigkeit dann vor allem darin bestehen, sich gegenüber seinen „westlichen Partnern“ zurückzunehmen und ihnen nicht zu sagen: „Wir hatten euch ja gewarnt, ihr Vollidioten“, so die Zeitung."

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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