Skandalöse Geschäftspraktiken bei der Internationalen Entwicklungsbank (IDB)
Archivmeldung vom 28.12.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDurch unverantwortliches Verhalten zerstört die Internationale Entwicklungsbank (IDB) die Existenzgrundlage tausender Kleinbauern und Indigenen-Familien in Paraguay.
Die Umweltaktivistin Brigitte Fuzellier praktiziert in dem südamerikanischen Land ein Paradebeispiel im Kampf gegen die Armut, durch die Produktion und den Absatz von natürlichen Loofah-Produkten (Schwamm-Gurken). Die IDB handelte unverantwortlich, indem sie vertragliche Absprachen über Bord warf und in der Folge Fuzelliers Initiative „Loofah S.A.“ an den Rand der Existenz stieß.
Von Thomas Rottluff und Thomas Freih. von Schilling
Glückliche Momente und wie alles begann
Es war einer der größten Augenblicke im Leben der Oberbayerin Brigitte Fuzellier. Bundespräsident Horst Köhler reiste ins ferne Paraguay, schüttelte ihre Hand und beglückwünschte sie zu ihrem außerordentlichen sozialen Engagement für die paraguayischen Landarbeiter, die Bevölkerungsgruppen der Indigenen und Campesinos. Selten wird ein solch denkwürdiges Erlebnis noch gesteigert. Auch bei der Mittvierzigerin nicht. Aber nach dem Besuch des Staatsoberhauptes der Bundesrepublik Deutschland im März 2007 ging es für sie und ihre Initiative bergab. Doch wie viele Probleme sie Dank der Schwamm-Gurken haben sollte, konnte die gebürtige Münchnerin nicht im Entferntesten ahnen: ausgerechnet die Internationale Entwicklungsbank (IDB) outete sich durch fragwürdige Geschäftspraktiken als größte Bedrohung für die Campesinos und das Projekt.
Alles begann vor neun Jahren, als Frau Fuzellier in einem Klostergarten Nonnen das Anlegen von Biogärten zeigte. Dabei entdeckte sie das seltsame Gewächs, die Schwamm-Gurke, und fragte die Nonnen, was dies denn sei. „Ach, nur Unkraut“, antworteten die Nonnen achselzuckend, „es taugt bestenfalls für Schwämme“. Schwämme - damit war für Brigitte Fuzellier eine Geschäftsidee für die paraguayischen Landarbeiter geboren. Mit ihrer Non Governmental Organisation (NGO) OIPIC entwickelte sie das Produkt „Loofah-Art“ und begeisterte die ersten hundert Campesinos zu dessen Anbau. Nachdem ein Investor seine anfängliche Bereitschaft zurückgezogen hatte, musste sie wegen der einhundert Kleinbauern schnell handeln. Frau Fuzellier nahm einen privaten Kredit auf und wandte sich an die amerikanische NRO „Nature Conservancy“, die ihr einen Kredit von 50.000 US-Dollar gab. Eine Bedingung allerdings war an die Kreditvergabe geknüpft: sie musste eine Aktiengesellschaft gründen, Loofah S.A. war geboren. Bereits nach vierzehn Monaten war sie in der Lage, den gesamten Kredit zurückzuzahlen.
Die Interamerikanische Entwicklungsbank zeigt Interesse
Auf diese Erfolgsgeschichte wurde die Internationale Entwicklungsbank (IDB) aufmerksam und bot ihr die Finanzierung eines landesweiten Projektes an. Frau Fuzellier hatte zu diesem Zeitpunkt kaum Zeit, ein derartig großes Projekt zu entwickeln, da sie ihre aktuelle Initiative nicht gefährden wollte. Daraufhin schickte ihr die IDB zwei Experten, die sich dieser Aufgabe widmeten. Das Ergebnis: ein nationales Entwicklungsprojekt mit einem Investitionsvolumen von 710.000 US-Dollar. Dessen Finanzierung stellte sich wie folgt dar: für den Ankauf der Loofah gab es von der IDB eine zweckgebundene Kreditlinie von 250.000 US-Dollar, hinzu kamen nicht rückzahlbare Fördermittel, auch aus deutschen Entwicklungshilfegeldern, in Höhe von 210.000 US-Dollar. Diese Fördermittel dienten ausschließlich der Produktentwicklung und Zertifizierung, dem Schulungsprogramm von 11.000 Kleinbauern und Indigenen, und vor allem der Absatzfinanzierung. Die verbleibende Summe in Höhe von 250.000 US-Dollar musste Frau Fuzellier über Fremdfinanzierung aufbringen und zweckgebunden für den Produktions- und Strukturaufbau verwenden.
Die IDB und das Kleingedruckte
Mitarbeiter der IDB verhandelten mit den Vertriebsunternehmen, woraufhin die IDB das Unternehmen Loofah S.A. verpflichtete, einen dreijährigen Exklusivvertrag mit der französischen Firma „Mastrad“ in Paris zu schließen. Dieser Kontrakt gilt für Gesamt-Europa und beinhaltet ein Auftragsvolumen von 1.000.000 US-Dollar. Das Schriftwerk liegt der Aktuellen Rundschau vor. Allerdings kam die Firma „Mastrad“ ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nach, und die Warenabnahme beschränkte sich lediglich auf einen Auftragswert von 70.000 US-Dollar.
Zu einem weiteren dreijährigen Exklusiv-Vertrag - nunmehr für den gesamten amerikanischen Raum - wurde Loofah S.A. gegenüber dem Unternehmen „Janitta International“ mit einem jährlichen Auftragsvolumen von 500.000 US-Dollar verpflichtet. Nach kleineren Aufträgen kam es zu einem Großauftrag von 100.000 US-Dollar, es blieb ein Rechnungsbetrag von 50.000 US-Dollar bis heute offen. Weitere Bestellung von 300.000 Loofah-Produkten warten immer noch auf deren Abnahme. Statt sich an die vertraglichen Vereinbarungen zu halten, ging die Firma „Janitta International“ mit der Firma „Sitlax“ ein Joint Venture ein. Beide Unternehmen verschmolzen und firmieren nunmehr unter der Firmenbezeichnung „Sitlax“. Sitlax gründete das amerikanische Unternehmen „Loofah-Art“ mit dem Label von Loofah S.A. Unter diesem Label vertreibt das Unternehmen von der amerikanischen Ostküste aus derzeit erfolgreich Loofah-Produkte: zwar mit der Erfolgsstory von Loofah S.A. aus Paraguay – allerdings mit qualitativ minderwertigen asiatischen Produkten. Für einen Rechtsstreit auf nordamerikanischem Boden fehlen Frau Fuzellier derzeit die Mittel.
Die IDB zahlt deutsche Entwicklungshilfegelder für die Absatzfinanzierung nicht aus
Der IDB wurden diese unhaltbaren Umstände vorgetragen, diese sah jedoch keinen Handlungsbedarf. Somit waren der Firma Loofah S.A. in Paraguay wegen der Exklusivität der Verträge die Hände gebunden, es gab keine Möglichkeit, andere Vertriebskanäle zu öffnen. Die Situation spitzte sich zu, 1 Million Loofah-Schwämme lagen auf Lager, mehr als 500.000 Schwämme befanden sich bei den Campesinos und Indigenen. Sie brauchte dringend einen Absatzmarkt. Als sich Frau Fuzellier entschloss, die Verträge mit beiden Unternehmen zu kündigen, stellte die IDB die Zahlungen der nicht rückzahlbaren Fördermittel an Loofah S.A. für die Absatzfinanzierung ein. Eine bürokratische Hinhaltetaktik begann. Frau Fuzellier legte ihre letzten finanziellen Reserven in das Unternehmen ein und nahm an kleineren Messen teil. Mit Erfolg, der Umsatz von Loofah S.A. stieg von 100.000 USD auf 350.000 USD an. Für weitere Messen fehlte ihr das Geld. Immer noch keine Zahlungseingänge von der IDB. In der Folge kam die „Loofah S.A.“ mit ihrer Absatzfinanzierung in Schwierigkeiten und konnte an keiner der großen internationalen Messen teilnehmen.
Die amerikanische Handelskammer schaltete sich ein und bot Frau Fuzellier eine Messe-Vorfinanzierung in Amerika an, unter der Voraussetzung, dass die IDB die Kosten der Kammer erstattet. Die IDB geriet unter Druck und stimmte einer Kostenerstattung zu, aber nur wenn Frau Fuzellier auf dieser Messe verkauft. Sie hat verkauft und hat zwei neue Kunden hinzu bekommen. Die vereinbarte Kostenerstattung leistete die IDB nicht, Frau Fuzellier blieb der amerikanischen Handelskammer die Rückzahlung schuldig.
Hat die Internationale Entwicklungsbank ein Korruptions-Problem?
Zwischenzeitlich liefen die ersten Zinszahlungen an die IDB auf. Frau Fuzellier handelte einen neuen Zahlungsplan aus, der im Nachhinein einseitig von der IDB verworfen wurde. Der für das Projekt zuständige Mitarbeiter, Herr Gustavo S., bat Frau Fuzellier um ein Vier-Augen-Gespräch. Bei diesem Gespräch offerierte er ihr, „er müsse nur ein paar Telefonate führen, um ihr Problem zu lösen, so was koste natürlich Zeit und Geld“. Brigitte Fuzellier wollte diese zweideutige Aussage nicht verstehen und beendete das Gespräch. Seitdem sind die Fronten zwischen der IDB und der Firma Loofah S.A. sehr verhärtet.
Die IDB fordert eine Buchprüfung und einen umfassenden Geschäftsbericht
Eine von der IDB empfohlene Buchprüfungsgesellschaft wurde beauftragt, und das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Dem Unternehmen Loofah S.A. wurde eine positive Bilanz bescheinigt. Bemängelt wurde unter anderem eine fehlende Vollversion des Buchführungsprogramms, die internen Kontrollen müssten angepasst werden, fehlende Unterschriften auf Listen und weitere Kleinigkeiten ohne größere Bedeutung. Dem zuständigen Finanzleiter der IDB, Herrn Gustavo S., missfiel dieses Ergebnis. Er erstellte einen eigenen, nicht fundierten Bericht mit dem Ergebnis, das Projekt zu annullieren. Frau Fuzellier konfrontierte die Buchprüfungsgesellschaft mit dem Bericht von Herrn Gustavo S., Fassungslosigkeit machte sich breit. Die Buchprüfungsgesellschaft wollte einen Gegenbericht erstellen. Loofah S.A. schaltete einen Anwalt ein und vereinbarte mit der IDB einen Termin.
Wir berichten und recherchieren weiter, zum Redaktionsschluss lagen uns noch nicht alle neuen Fakten vor. Wir warten noch auf die Gegendarstellung der Buchprüfungsgesellschaft, und die Verhandlungsergebnisse.
Quelle: Editorial Germany International S.A.