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Griechenland zieht deutsche Firmen in den Abgrund

Archivmeldung vom 26.02.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.02.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Deutsche Konzerne warten auf ihr Geld. Bild: pixelio.de, RainerSturm
Deutsche Konzerne warten auf ihr Geld. Bild: pixelio.de, RainerSturm

Die bereits die gesamte Eurozone destabilisierende Schuldenkrise Griechenlands droht für viele deutsche Großkonzerne zur Belastungsprobe zu werden. Denn weil die Staatsfinanzen kollabiert sind und die Regierung inzwischen unter die Aufsicht Brüssels gestellt wurde, bleiben immer mehr Rechnungen aus der Bundesrepublik unbeglichen.

Die schlechte Zahlungsmoral des griechischen Staates wird für Merck, Fresenius SE, Siemens sowie für Thyssen-Krupp und die RTL Group ein Problem.

Staatsbankrott nicht zu erwarten

"Wenn sich die aktuelle Situation nicht extrem zuspitzt und nicht zeitgleich auch Länder wie Großbritannien, Spanien oder Portugal von der EU gerettet werden müssen, dürfte eigentlich kein Staatsbankrott Griechenlands zu erwarten sein", erläutert Jürgen Matthes, Fachmann für internationale Wirtschaftspolitik am Institut der deutschen Wirtschaft Köln, im Gespräch mit pressetext. Über die schlechte Zahlungsmoral beklagen sich trotzdem immer mehr Deutsche. So musste der Pharma- und Chemieriese Merck zuletzt Wertberichtigungen von 12,5 Mio. Euro auf Forderungen aus staatlichen Kliniken in Griechenland vornehmen.

Das Problem scheint im Fall Merck einem Handelsblatt-Bericht nach seit längerem bekannt. Eigenen Angaben nach begleichen die betroffenen Krankenhäuser nun bereits seit drei Jahren keine Rechnungen. Ohne Rabatte zu gewähren, glaubt Merck jedenfalls nicht, sein Geld auf lange Sicht wiederzubekommen. Auch Fresenius SE klagt über teilbezahlte Rechnungen. Das Land sei dafür bekannt, nicht pünktlich zu bezahlen, sagt Fresenius-Finanzvorstand Stephan Sturm. Zwischen Weihnachten und Neujahr sei zumindest ein kleiner Teil beglichen worden.

Offene Forderungen für U-Boote, Panzer und Co

"Griechenland hat - wie sich auch an den frisierten Haushaltszahlen gezeigt hat - damals nicht die EU-Beitrittsbedingungen erfüllt. Zudem hat man über all die Jahre fiskalpolitisch schlecht gewirtschaftet. Was die Regierung zeigen muss, ist eine breite Reform- und damit verbundene Konsolidierungsbereitschaft", so Matthes gegenüber pressetext. Setzt man diese Forderungen nicht um, dann befürchten Insider, dass deutsche Großkonzerne künftig nur noch mit kleinen Privatunternehmen und nicht mehr länger mit dem Staat Geschäfte machen könnten. Siemens beispielsweise könnte das durchsetzen, da man sein Hauptgeschäft mit Staatsaufträgen macht.

Aber auch Rüstungskonzerne wie Thyssen-Krupp sitzen auf einigen offenen Rechnungen. Die Essener warten dem Bericht nach noch immer auf eine halbe Mrd. Euro für die Lieferung von U-Booten. Wegen angeblicher Qualitätsmängel hatte die griechische Marine die Abnahme der Unterseeboote verweigert. Thyssen-Krupp ist empört und hat angekündigt, sich aus dem Land zurückziehen zu wollen. Auch Krauss-Maffei-Wegmann hatte vor sieben Jahren die Lieferung von 170 Kampfpanzern über 1,8 Mrd. Euro vereinbart und wartet noch auf 200 Mio. Euro.

Griechenland: Deutsche Banken flüchten in Scharen

Einem Bericht der Financial Times Deutschland nach wollen sowohl Eurohypo als auch Hypo Real Estate (HRE) und die Postbank nicht mehr in Staatsanleihen investieren. Auch die Deutsche Bank will ihr Engagement in griechische Bonds reduzieren.

Zweifel an politischer Regulierung

"Der Newsflow der letzten 36 Stunden ist für Griechenland desaströs. Es ist erstaunlich, wie schnell und vor allem relativ geschlossen die deutsche Bankenlandschaft scheinbar das Vertrauen in die politische Regulierungsmacht verloren hat. Aus heutiger Sicht erscheint es als relativ offen, ob die fälligen Bonds überhaupt noch beglichen werden können", so UniCredit-Analyst Kornelius Purps im pressetext-Gespräch. Dem Experten nach ist die aktuelle Lage für den griechischen Haushalt gegenwärtig ein "dramatisches Ereignis".

Obwohl sich Landesbanken wie die BayernLB oder die Landesbank Baden-Württemberg zum Fall von griechischen Anleihen nicht äußern wollten, soll es bereits hinter vorgehaltener Hand heißen, dass Investitionen in Griechenlandbonds derzeit "kaum vorstellbar" seien. "Wenn sich deutsche Banken erst einmal von Griechenland zurückziehen, könnte das schnell einen Effekt haben, dass sich auch Banken aus anderen Ländern aus dem Land zurückziehen", sagt Purps. In einem solchen Fall müsste Griechenland dadurch entstehende höhere Zinskosten schultern.

Deutschland drittgrößter Gläubiger

Laufen dem Mittelmeerstaat tatsächlich weitere Banken davon, so würde dies den Kampf der Regierung gegen die Staatsschulden weiter erschweren. Denn man wäre dazu gezwungen, im kommenden Monat neue Anleihen auszugeben, um frisches Geld aufzutreiben. Die Schulden haben sich inzwischen vervielfacht. Allein bei den deutschen Banken steht Athen gegenwärtig mit mehr als 43 Mrd. Euro in der Kreide. Nach Frankreich und der Schweiz belegen sie unter den Auslandsgläubigern den dritten Platz. Die HRE hat knapp zehn Mrd. Euro investiert.

Branchenbeobachter schließen einen Staatsbankrott Griechenlands aber aus. Trotzdem scheint sich die Budgetlage mit dem aktuellen Schritt der Banken nun deutlich zu verschlechtern. Die Anleihen bieten wegen des hohen Risikoaufschlages derzeit zwar lukrative Renditen, dennoch ziemen sich die Geldinstitute noch. Die Aussichten belasten den Euro, der im Handelsverlauf gegenüber dem Dollar auf 1,345 Dollar den tiefsten Stand seit Mai 2009 erreicht hat. Der Dax sackte um 1,5 Prozent ab, wobei auch die US-Handelsplätze ihre größten Verluste erlebten.

Quelle: pressetext.deutschland (Florian Fügemann)

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