Putin verteidigt russisches Gebaren in Krim-Krise
Archivmeldung vom 11.01.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittRusslands Präsident Wladimir Putin hat den Anschluss der Krim mithilfe russischer Truppen gerechtfertigt. "Für mich sind nicht Grenzen und Staatsterritorien wichtig, sondern das Schicksal der Menschen", sagte Putin in einem Interview mit "Bild".
Der Staatsstreich der Nationalisten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew habe im Februar 2014 2,5 Millionen russischen Menschen auf der Krim große Angst eingejagt. "Was haben wir also gemacht? Wir haben keinen Krieg geführt, nicht geschossen, es wurde kein einziger Mensch getötet. Unsere Soldaten haben lediglich die ukrainischen Truppen auf der Krim daran gehindert, die freie Meinungsäußerung der Menschen dort zu behindern."
Zugleich versicherte Putin, dass man sich im Fall der Krim an das Völkerrecht gehalten habe. Putin: "Gemäß der UN-Charta hat jedes Volk das Recht auf Selbstbestimmung, nehmen Sie nur das Kosovo: Damals wurde von UN-Instanzen entschieden, dass das Kosovo von Serbien unabhängig werden kann und die Interessen der serbischen Zentralregierung dahinter zurückstehen müssten. Das können Sie in allen Akten nachlesen, auch in den deutschen." Wenn aber die Kosovaren das Selbstbestimmungsrecht gehabt hätten, "warum sollen es die Menschen auf der Krim nicht haben", fragte Putin.
Seit der Erklärung der Unabhängigkeit von der Ukraine Ende Februar 2014 und einem Referendum über ihren Status im Verlauf der Krim-Krise ist die völkerrechtliche Zugehörigkeit der Halbinsel umstritten.
Putin will nicht an Münchener Sicherheitskonferenz teilnehmen
Wladimir Putin will nicht zur Münchner Sicherheitskonferenz kommen. Das sagte Putin in einem Interview mit "Bild".
Zugleich rief er den Westen auf, im Kampf gegen den islamistischen Terror enger mit Russland zusammenzuarbeiten. "Ja, wir sollten weltweit viel enger zusammenstehen im Kampf gegen den Terror, der eine große Herausforderung ist. Und wenn wir uns dabei auch nicht immer und in jedem Punkt einig sind, soll das bitte niemand zum Vorwand nehmen, uns zu Feinden zu erklären."
Putin sieht sich selbst unverändert und hält die gegenseitige Sympathie der Deutschen und Russen weiter für die Grundlage der Beziehungen. "Auch mit anti-russischer Propaganda ist es den Massenmedien in Deutschland nicht geglückt, diese Sympathie zu beschädigen", sagte Putin. Aber in den internationalen Beziehungen zwischen Staaten gehe es anders zu, so Putin. "Da bin ich bin weder Freund, noch Braut noch Bräutigam. Ich bin der Präsident von 146 Millionen Russen. Für ihre Interessen muss ich einstehen. Wir sind bereit, das ohne Konflikte auszutragen und auf der Basis des internationalem Rechts nach Kompromissen zu suchen."
Putin: Russland hätte seine Interessen früher klarmachen müssen
Russlands Präsident Wladimir Putin sieht in der damaligen Schwäche der Sowjetunion einen Grund für das angespannte Verhältnis zum Westen heute: "Wir waren zu spät. Hätten wir von Anfang unsere nationalen Interessen viel deutlicher gemacht, wäre die Welt heute noch im Gleichgewicht", sagte Putin in einem Interview mit "Bild". Stattdessen seien nach dem Fall der Berliner Mauer "unsichtbare Mauern in den Osten Europas verschoben worden". Das habe zu "gegenseitigen Missverständnissen und Schuldzuweisungen geführt, aus denen all die Krisen seitdem erwachsen sind."
Die damaligen Nato-Staaten hätten im eigenen Interesse auf die Ost-Erweiterung des Bündnisses verzichten sollen, aber: "Die Nato und die USA wollten den vollen Sieg über die Sowjetunion. Sie wollten allein auf dem Thron in Europa sitzen aber da sitzen sie nun und wir reden über die ganzen Krisen, die wir sonst nicht hätten."
Putin: Sanktionen treffen Russland
Russlands Präsident Wladimir Putin hat eingeräumt, dass die westlichen Sanktionen das Land und seine Wirtschaft treffen. "Beim Agieren auf den internationalen Finanzmärkten schaden die Sanktionen Russland merklich", sagte Putin in einem Interview mit "Bild".
"Größerer Schaden entsteht derzeit jedoch durch den Verfall der Energiepreise. Beim Export von Öl und Gas haben wir gefährliche Einnahme-Einbußen zu verzeichnen, die wir an anderer Stelle zum Teil ausgleichen können", so Putin weiter. Das Ganze habe aber auch etwas Gutes: "Wenn man - wie wir früher - so viele Petro-Dollars einnimmt, das man im Ausland alles kaufen kann, dann bremst das die Entwicklungen im eigenen Land."
Zugleich versicherte Putin, dass Russlands Wirtschaft derzeit "Schritt um Schritt" stabilisiert werde. "Das Bruttoinlandsprodukt ist im vergangenen Jahr um 3,8 Prozent gesunken, die Industrieproduktion um 3,3 Prozent. Die Inflation liegt bei 12,7 Prozent. Die Handelsbilanz ist aber weiter positiv, wir exportieren zum ersten Mal seit Jahren deutlich mehr Güter mit hoher Wertschöpfung und wir haben über 300 Milliarden Dollar an Goldreserven. Es laufen mehrere Programme zur Modernisierung der Wirtschaft."
Ganz generell bezeichnete Putin die Sanktionen als "absurdes Theater".
Putin kritisiert US-Raketenschirm
Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Pläne der USA scharf kritisiert, einen Raketenabwehrschirm in Europa zu installieren. Das "Streben nach absolutem Triumph sehen Sie auch an den amerikanischen Plänen zur Raketenabwehr", sagte Putin in einem Interview mit "Bild". US-Präsident Barack Obama habe 2009 gesagt, die Raketenabwehr werde allein dem Schutz vor iranischen Atomraketen dienen. "Aber jetzt gibt es einen internationalen Vertrag mit dem Iran, der ein mögliches militärisches Atomprojekt Teherans unterbindet", so Putin. Die Internationale Atomenergie-Behörde kontrolliere die Sanktionen gegen den Iran, "doch an dem US-Raketenabwehrsystem wird ungebremst weiter gearbeitet".
Putin vertraut Kanzlerin Merkel
Putin hat sich anerkennend über Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geäußert: "Ich vertraue ihr, sie ist ein sehr offener Mensch", sagte Putin in einem Interview mit "Bild". Sie unterliege zwar "bestimmten Zwängen und Beschränkungen. Aber sie bemüht sich ehrlich darum, die Krisen beizulegen, auch im Südosten der Ukraine", so Putin. "Wir haben ein geschäftsmäßiges Verhältnis. Ich habe sie sieben Mal im vergangenen Jahr getroffen, mindestens 20-mal haben wir telefoniert."
Am Rande entschuldigte sich Putin auch für einen Vorfall aus dem Jahr 2007. Damals hatte er seinen Hund zu einem Treffen mit Merkel in Sotschi mitgebracht. Auf die Frage, ob er gewusst habe, dass Merkel eine gewisse Angst vor Hunden habe, antwortete Putin jetzt: "Nein, das wusste ich nicht. Ich wollte ihr eine Freude machen. Als ich erfuhr, dass sie Hunde nicht mag, habe ich mich natürlich entschuldigt."
Quelle: dts Nachrichtenagentur