Der slowenische Ministerpräsident ist in Brüssel nicht willkommen
Archivmeldung vom 05.07.2021
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.07.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićGemäß Artikel 16 Absatz 9 des Vertrags über die Europäische Union wechselt der Vorsitz im Rat der Europäischen Union alle sechs Monate zwischen den Mitgliedsstaaten. Diese Regel, die allen EU-Ländern einmal alle 13 Jahre ein Mitspracherecht in Brüssel einräumt, führt manchmal zu Kohabitationen, in denen sich die Protagonisten nicht viel (Nettes) zu sagen haben. Dies berichtet das Magazin "Unser Mitteleuropa" unter Verweis auf einen Bericht in der ungarischen Tageszeitung "VISEGRÁD POST".
Weiter berichtet das Magazin: "Janez Janša, ein Viktor Orbán nahestehender Konservativer
Das ist nun seit zwei Tagen der Fall, denn Slowenien hat soeben den Vorsitz der Europäischen Union für die zweite Jahreshälfte nach Deutschland und Portugal übernommen, bevor die Reihe an Frankreich und dann an die Tschechische Republik kommt. Der konservative slowenische Ministerpräsident Janez Janša – seit März 2020 wieder an der Macht in Laibach (Ljubljana) – steht allerdings nicht gerade im Ruch der Unantastbarkeit bei den aktuellen Führungsgremien der Europäischen Union, denn ihm wird u.a. – abgesehen von dessen Nähe zu seinem ungarischen Amtskollegen Viktor Orbán – vorgeworfen, ein „Populist“ zu sein, „die Pressefreiheit einzuschränken“, „das Justizsystem durcheinander zu bringen“ usw., kurzum, alles, was den ungarischen und polnischen „Liberalisierungsverderbern“ bereits vorgeworfen wird.
„Wir sind der Europäischen Union nichts schuldig“
Man nimmet ihm auch übel, dass er sagt, was er von den Brüsseler Behörden hält, wie er es zum Beispiel im vergangenen Mai tat, als er auf Twitter erklärte: „Wir sind der Europäischen Union nichts schuldig […] Wir haben vor 30 Jahren für unsere Freiheit und für unsere Demokratie gekämpft.“
Einige warnten deshalb vor der „Gefahr“, einen solchen Unruhestifter nach Brüssel kommen zu lassen. So prophezeite die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley (SPD), die von der Welt zitiert wurde, eine „herausfordernde Zeit“ und forderte, dem slowenischen Regierungschef „keine Bühne für seine demokratieverachtende Rhetorik und Politik zu bieten“, während die Orfganisation Reporter ohne Grenzen befürchtet, dass Janša versuche, „die Bemühungen zur Stärkung der Medienfreiheit in Europa zu behindern.“ In diesem Geisteszustand ist alles gut, um sich über die kleinsten Dinge aufzuregen.
Das heikle Thema der “kommunistischen Richter“
Dies war gestern beim Eröffnungstreffen der slowenischen Ratspräsidentschaft in Brdo (nordwestlich von Laibach) der Fall, wo Janez Janša, der heftig angegriffen wurde, weil er es gewagt hatte, die Befangenheit bestimmter Richter aus der kommunistischen Ära zu kritisieren – ein Problem, mit dem auch Polen konfrontiert ist –, den Gipfelteilnehmern ein Foto zeigte, das slowenische Richter in Gesellschaft sozialdemokratischer Politiker zeigt. Herr Janša sieht dies als Beweis für politische Absprachen, die sich die europäischen Führer nicht vorstellen wollen. Unter dem Vorwand dieser Meinungsverschiedenheit weigerte sich der sozialdemokratische Vizepräsident der Europäischen Kommission, der Niederländer Frans Timmermans, am Ende des ersten Gipfeltreffens der slowenischen Ratspräsidentschaft einfach, sich auf das traditionelle „Familienfoto“ zu stellen, und erklärte der Presse:
„Ich konnte einfach nicht auf demselben Podium stehen wie Ministerpräsident Janša nach seinem inakzeptablen Angriff und der Diffamierung von zwei Richtern und zwei Europaabgeordneten“ von der S&D‑Fraktion im Europaparlament. „Er stellte ihre Integrität in Frage, weil sie im selben Bild waren. Die richterliche Unabhängigkeit und die Achtung der Rolle der gewählten Abgeordneten sind die Eckpfeiler der Rechtsstaatlichkeit, ohne die die EU nicht funktionieren kann. Wir dürfen nie aufhören, diejenigen herauszufordern, die sie angreifen.“
Slowenien verzögert Ernennung eines stellvertretenden Staatsanwalts bei der Europäischen Staatsanwaltschaft
Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen, die es sehr auffällig vermied, mit dem slowenischen Ministerpräsidenten zu sprechen, kritisierte ihrerseits sehr, dass Slowenien es bisher versäumt hat, einen stellvertretenden Staatsanwalt für die Europäische Staatsanwaltschaft zu ernennen: „Dies ist ein entscheidendes Element, um das Geld der Steuerzahler zu schützen. Es ist eine wichtige Institution. Es ist sehr gut, dass Slowenien beigetreten ist, und jetzt muss Slowenien sein Versprechen einhalten und handeln, denn ich denke, es ist jetzt Zeit und richtig, dass es einen stellvertretenden Staatsanwalt ernenne […]. Ich zähle auf den Premierminister, dass er dringend Namen vorlege.“
Tatsächlich findet Janez Janša die Haltung der europäischen Staatsanwältin Laura Codruța Kövesi „zu politisch“ und antwortete Ursula von der Leyen in diesem Punkt auf kryptische Weise: „Slowenien ist ein Mitglied der Europäischen Union und Sie sollten sich daran gewöhnen.“
Bei einer solchen Stimmung gleich am ersten Tag und angesichts der Tatsache, dass viele Mitglieder der Europäischen Kommission es planen, in naher Zukunft einen ernsthaften Streit mit Ungarn und Polen zu führen, zeichnet sich bereits jetzt ab, dass die slowenische EU-Ratspräsidentschaft eine stürmische und wenig konsensfähige sein wird."
- Datenbasis: VISEGRÁD POST
Quelle: Unser Mitteleuropa