Griechenland muss Kassensturz und Umschuldung machen
Archivmeldung vom 26.04.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittCSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt will zur Überwachung des Sparprogramms der Griechen deutsche Experten entsenden. "Deutschland sollte das Recht auf einen eigenen Sparkontrolleur haben, der Griechenland beim Sparen genau auf die Finger schaut", sagte Dobrindt der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post".
Der "griechische Finanzschlendrian" dürfe nicht weitergehen. Der CSU-Politiker forderte Griechenland zu einem "von der EU überwachten Kassensturz" auf. Vorher könne die Politik nicht über etwaige Kredite entschieden. "Wenn es zu Hilfen kommt, müssen wir wissen, worauf wir uns einlassen." Die griechische Regierung müsse jetzt die Sparanstrengungen nochmals deutlich verstärken. Außerdem spricht sich der CSU-Generalsekretär für eine Umschuldung aus. "Wenn Griechenland Kredite bekommt, müssen die an IWF und Euroländer vorrangig zurückgezahlt werden. Auf einer solchen Umschuldung sollten wir bestehen, weil damit auch ein Konsolidierungsbeitrag der bisherigen Geldgeber und Banken eingefordert wird, die mit griechischen Anleihen Geld verdienen wollten."
Union fordert strenge Auflagen für Griechenlandhilfe
Die EU-Hilfe an Griechenland darf nach Ansicht des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs, nur unter strengen Auflagen gegeben werden. "Die griechische Regerung muss sich gesetzlich verpflichten, die Stabilitätskriterien des Maastrichter Vetrtrages möglichst schnell wieder zu erreichen", sagte Fuchs dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Dazu sei es nötig, "dass der Staat seine Einnahmen durch Steuererhöhungen und konsequentere Einziehung von Steuern erhöht sowie seine Ausgaben durch Pensionskürzungen und Verlängerung der Arbeitszeit verringert." Außerdem müssten der Internationale Währungsform und die EU-Behörde Eurostat die Maßnahmen akribisch überwachen. "Andern falls sehe ich schwarz für eine Zustimmung im Deutschen Bundestag", sagte der CDU-Politiker.
Oettinger verteidigt EU-Hilfen für Griechenland
EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat die geplanten Hilfszahlungen der Euro-Länder für das hochverschuldete Griechenland verteidigt. "Es ist eine notwendige Entscheidung, die an strenge Sparauflagen geknüpft ist", sagte der EU-Kommissar dem Berliner "Tagesspiegel" (Dienstagausgabe). Der griechischstämmige FDP-Europaabgeordnete Jorgo Chatzimarkakis äußerte unterdessen Zweifel, dass Griechenland bis Ende 2012 seine Neuverschuldung unter die erlaubte Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes drücken kann, wie dies von der EU-Kommission verlangt wird. "Unter rein wirtschaftstheoretischen Gesichtspunkten wird es verdammt schwer sein, dies zu schaffen", sagte er der Zeitung. Das Drei-Prozent-Ziel werde nur mit flankierenden Hilfsmaßnahmen zur Wirtschaftsbelebung zu erreichen sein. So solle etwa die Billigssupermarktkette Lidl in ihren griechischen Filialen Artikel griechischen Ursprungs mit einem Anteil von 50 Prozent anbieten, schlug Chatzimarkakis vor.
Unions-Fraktionsvize Fuchs sieht Hilfsmaßnahmen skeptisch
Der Finanzwissenschaftler Prof. Wolfgang Gerke befürchtet, dass die deutschen Finanzhilfen für Griechenland doppelt so hoch ausfallen wie offiziell angenommen. In der SWR-Talkshow "2+Leif" erklärte Gerke am Montagabend: "Diese 8,5 Milliarden jetzt, das ist ja nur der Anfang von der Geschichte, es kommt ja noch wesentlich mehr auf uns zu aus Griechenland. Das wird der doppelte Betrag werden." Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Fuchs, zeigte sich in "2+Leif" ebenfalls skeptisch über die Wirksamkeit der geplanten Hilfsmaßnahmen: "Keiner weiß heute wirklich, wie die Märkte Griechenland nach der ersten Rettungsaktion behandeln werden." Fuchs forderte von den Griechen lückenlose Transparenz: "Wir brauchen klare nachprüfbare Kriterien. Wenn wir die nicht haben, dann bin ich dagegen, dann werde ich sogar im deutschen Bundestag dagegen stimmen, dass wir Griechenlandhilfen machen." Er kritisierte scharf, dass Griechenland nur durch Bilanzfälschungen in die Eurozone aufgenommen worden sei. "Wenn alle Staaten Bilanzen so gut fälschen könnten wie die Griechen, dann wäre ganz Europa pleite", sagte der Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung im SWR Fernsehen. Der Finanzexperte Wolfgang Gerke rechnet mit einem Erfolg der angekündigten Klage gegen die geplanten Hilfen vor dem Bundesverfassungsgericht: "Wenn unter den Bundesverfassungsrichtern nicht dominant Diplomaten sitzen, dann sehe ich kein Argument dafür, das jetzige Vorgehen durchzuwinken." Zudem würden sich die geforderten Sparmaßnahmen nicht durchsetzen lassen: "Griechenland kann die Auflagen, die wir jetzt machen müssen, nicht erfüllen, das bringt Revolutionen in die Straße hinein." Der Bankenexperte widerspricht Warnungen, eine Rückkehr Griechenlands zur Drachme würde eine gefährliche Kettenreaktion auslösen und erwartet stattdessen positive Auswirkungen auf die anderen gefährdeten Länder der Eurozone. Er erklärte im SWR: "Der Euro wird gestärkt, wenn andere Länder sehen, man kann sich nicht auf die Solidargemeinschaft verlassen. Ich bin sicher, dass das Italien, Spanien, Portugal hinbringen werden. Die haben eine andere Dynamik als Griechenland."
Quelle: Rheinische Post / Kölner Stadt-Anzeiger / Der Tagesspiegel / SWR