Trump vs. China: „Kein Antipode von Obama, sondern dessen Weiterentwicklung“
Archivmeldung vom 12.04.2017
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas globale Wirtschaftsmodell, das zum Teil auf einer Symbiose der chinesischen und der US-Wirtschaft basiert, ist verletzlich. Die beiden Länder scheinen bereit zu sein, es zu demontieren. Die Politik von Donald Trump steht dabei in keinem krassen Gegensatz zu der von Barack Obama, postuliert der russische Auslandsexperte Fjodor Lukjanow.
In einem Gastbeitrag für die „Rossijskaja Gaseta“ schreibt Lukjanow: „Das amerikanisch-chinesische Verhältnis ist ein krasses Beispiel für die dialektische Komplexität der gegenwärtigen Welt, für die Nichtlinearität der laufenden Vorgänge.“
„Die äußerst enge gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit in Kombination mit der geopolitischen Konkurrenz, die zunimmt und immer offensichtlicher wird, verursacht eine unzertrennliche Symbiose. Diese ist beiden Ländern eigentlich nicht besonders recht, doch es ist nicht klar, wie man ohne schweren Schaden beiderseits einen Ausweg finden könnte“, erläutert der Experte.
An die US-Präsidentenwahl 2016 habe man in China gewisse Hoffnungen geknüpft, denn die Beziehungen mit der Administration von Barack Obama hätten sich schwierig gestaltet. Anfangs habe es danach ausgesehen, dass Obama die Beziehungen mit China festigen und auf einen neuen Stand bringen wolle. Doch seine „Wende nach Asien“ habe einen klar antichinesischen militärpolitischen Hintergedanken aufgewiesen. Und Obamas Versuch, die Transpazifische Partnerschaft TPP zu gründen, sei unter dem Motto erfolgt, dass China nicht die Regeln des Welthandels schreiben dürfe, so der Kommentar.
Ein wichtiger Faktor sei die Weltfinanzkrise 2008 gewesen: „Sie zeigte, dass das globale Wirtschaftsmodell, das zu einem wesentlichen Teil auf der Symbiose der amerikanischen und der chinesischen Wirtschaft basiert, verletzlich und erschöpflich ist.
Die Krise veranlasste die beiden Länder, darüber nachzudenken, ob es zweckmäßig sei, dieses Modell aufrechtzuerhalten und zu festigen. Zuerst dachte man in Peking darüber nach. Dort begannen Ausführungen zu kursieren, wonach es nötig sei, sich nicht mehr auf den Export zu stützen, sondern den Binnenmarkt stärker ins Visier zu nehmen.“
Bald danach habe Washington eben mit seiner antichinesischen „Wende nach Asien“ begonnen. Man habe noch nicht gewagt, die gegenseitige Abhängigkeit zwischen China und Amerika zu zerbrechen, doch das Gefühl, dass das ‚Goldene Zeitalter‘ vorbei sei, habe zugenommen, hieß es.
„Wie auch in einigen weiteren Fällen ist Trump kein Antipode von Obama, sondern dessen Weiterentwicklung – trotz der diametral entgegengesetzten Rhetorik“, postuliert Lukjanow. Nun sei Washington – ebenso wie Peking – bereit, jenes Modell zu demontierten, das dem bisherigen Typ der Stabilität zugrunde gelegen habe.
„An die Macht kam Trump mit antiglobalistischen Losungen, die zu einem großen Teil eine Anti-China-Ausrichtung bedeuteten. Nun macht sich auch Amerika Sorgen um seinen Binnenmarkt – in dem Sinne, dass Produktionen aus dem Ausland zurückkehren sollen. In Wirklichkeit geht es also darum, auf welche Weise dieses Schema der gegenseitigen Abhängigkeit sich ändern soll – abrupt oder evolutionär“, heißt es in dem Kommentar."
Quelle: Sputnik (Deutschland)