China braucht mehr Kinder: Geburten- und Kinderprämien sollen helfen
Archivmeldung vom 11.03.2023
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie Ein-Kind-Politik in China ist passé. Das Land braucht mehr Kinder. Gefördert wird das jetzt mit Geburtenprämien, Kinderbeihilfen und sonstigen Anreizen. Doch die Chinesen haben sich auf kleine Familiengrößen eingestellt. Zudem kosten mehr Kinder mehr Geld. Traditionell unterstützen junge Chinesen auch ihre alten Eltern, was zusätzlich kostet. Dies berichtet das Portal "AUF1.info".
Weiter berichtet das Portal: "Junge Frauen wollen immer später heiraten, weil sie lieber arbeiten und finanziell unabhängig sind. Kinder bekommt man in China aber erst nach der Heirat. Zudem gibt es einen Überhang an Männern. All das stellt China vor große Herausforderungen.
Während Europa weiterhin darauf setzt, hochqualifizierte Jobs mit zum Teil analphabetischen Migranten abdecken zu können, setzt Peking auf fähige und gut ausgebildete Arbeitskräfte aus dem eigenen Land. Also müssen mehr Kinder her. China will 2023 ein Wirtschaftswachstum von 5 Prozent erreichen. Das ist zwar deutlich weniger als früher, aber nach den Null-Covid-Jahren, wo alles stillstand, doch beachtlich. Angesichts der neuen Asien-Allianz, die der Westen durch selbstzerstörerische Sanktionen gegen Russland geradezu erzwungen hat, wird China seinen Status als zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt noch festigen – wenn nicht sogar ausbauen. Dazu braucht es qualifizierte Arbeitskräfte, die im internationalen Wettbewerb bestehen können.
Super-Prämien
Laut Statistik gab es in China 2020 pro Frau 1,28 Geburten, in den USA 1,64 und in Japan 1,34. Im Februar stellten die Behörden erstmals einen Bevölkerungsrückgang seit 60 Jahren fest. 9,56 Millionen Menschen wurden geboren, 10,41 Millionen starben. Dazu kommt die hohe Lebenserwartung der Chinesen. Schon in den letzten Jahren hat die Regierung ihre Ein-Kind-Politik gelockert. 2016 durften Paare zwei Kinder bekommen. 2021 bereits drei. Doch die Geburtenrate stieg kaum. Also versucht man es jetzt mit Anreizen. In der High-Tech-Stadt Hangzhou, auch Standort von Alibaba, zahlt die Regierung Eltern für ein drittes Kind umgerechnet knapp 2.800 Euro. Für ein zweites Kind gibt es knapp 700 Euro. In Wenzhou, einer Stadt in Süd-China, soll es künftig knapp 400 Euro pro Kind geben. In Shenyang, im Nordosten von China, zahlt die Behörde für jedes Kind pro Monat bis zum dritten Lebensjahr knapp 70 Euro Kinderbeihilfe. In Shanghai und Shanxi gibt es mehr bezahlte Urlaubstage bei einer Hochzeit. Die Spanne reicht von drei bis 30 Tagen.
Familien-Tradition
Laut einer Umfrage vom Vorjahr bei 20.000 jüngeren Chinesen zwischen 18 und 25 gaben zwei Drittel an, sie wollen keine Kinder. Die Ein-Kind-Politik hat die Größenordnung der Familie in den Köpfen der Menschen nachhaltig verankert. Sie hat auch dazu geführt, dass es einen Überhang an Männern gibt, da man Buben bevorzugte. In China kamen 2020 auf 100 neugeborene Mädchen 111,2 neugeborene Buben. Die Ehe ist immer noch eine Voraussetzung dafür, Kinder zu bekommen. Denn der Erhalt der Familien-Linie steht weiterhin ganz oben. Auch deshalb sind uneheliche Kinder eine Ausnahme. Alleinerziehende Mütter, wie in den USA oder Europa verbreitet, sind eine Ausnahme.
Zu teuer
Ein wichtiger Grund dafür, nicht mehr Kinder zu haben oder überhaupt zu heiraten, sind auch die Kosten. In der chinesischen Kultur steht der Zusammenhalt der Familie an oberster Stelle. Kinder sorgen für ihre Eltern, wenn sie nicht mehr arbeiten oder krank sind. Traditionell muss auch eine hohe Mitgift bezahlt werden. Dazu kommen hohe Aufwendungen für eine gute Ausbildung der Kinder. Ebenso für Miete oder Immobilienkauf und für die Gesundheitsvorsorge. Auch wenn junge Menschen mehr Kinder wollten, können sie sich das nicht leisten. Eine 26-jährige Krankenschwester rechnete das vor: Um sich überhaupt ein Kind leisten zu können, müsste sie das Doppelte ihres aktuellen Gehalts von knapp 1.200 Euro verdienen. Dazu kommt, dass immer mehr Frauen eine Karriere anstreben, um wirtschaftlich unabhängig zu sein und mehr Lebensqualität zu haben. Das besagt eine Umfrage von 2021.
Junggesellen-Phänomen
Immer mehr Frauen wandern zudem aus ländlichen Gebieten in die umliegenden Städte ab. Die Männer am Land finden keine Frauen mehr und fristen ihr Dasein als „Junggesellen“. Der „Import“ von Ehefrauen aus anderen asiatischen Ländern in ländliche Gebiete funktioniert auch nicht. Für sie wäre es keine Verbesserung. Besonders betroffen davon ist u.a. die Region Xiangyin, in der Provinz Hunan. Ein hoher KP-Funktionär schlug vergangenen Herbst in einem Artikel ein „radikales Projekt“ vor. Er nannte es „Operation – wärmt das Bett der älteren Männer“. In der Parteizeitung „Rotes Netz“ beschrieb er mögliche Wege für das „Heiratsflucht“-Phänomen junger Frauen: Ein Blind-Date-Partnerservice, weniger Papierkram für die Familiengründung in Dörfern, besser bezahlte Jobs in den Dörfern und eine Kampagne „zur Förderung von Ehe und Kinderwunsch“. Der Vorschlag wurde in den sozialen Medien verrissen. Er spricht aber ein Problem an, das in den nächsten Jahren in China virulent wird."
Quelle: AUF1.info