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EU – USA: „Killertomaten und Gen-Viechereien“

Archivmeldung vom 08.03.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.03.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: © Flickr.com/openDemocracy/cc-by-sa 3.0 - STIMME RUSSLANDS
Bild: © Flickr.com/openDemocracy/cc-by-sa 3.0 - STIMME RUSSLANDS

Am 9. März soll in Brüssel die vierte Verhandlungsrunde über die Bildung einer Freihandelszone zwischen der Europäischen Union und den USA stattfinden. Diese Verhandlungen sind seit Mitte 2013 im Gange. Allerdings teilte in diesen Tagen die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, die in den Besitz eines internen Expertenberichts für das deutsche Kabinett gelangt war, mit, dieser Prozess sei momentan schwieriger geworden. Wie sich herausstellt, werden die Meinungsunterschiede zu einigen umstrittenen Aspekten immer schärfer. Dies berichtet Oleg Sewergin bei Radio "Stimme Russlands".

Weiter heißt es dort: "Am 12. Februar 2013 sagte der Chef des Weißen Hauses Barack Obama in seiner traditionellen alljährlichen Ansprache über die Lage der Nation feierlich Folgendes: „Heute Abend gebe ich bekannt, dass wir Verhandlungen über eine umfassende transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft mit der Europäischen Union starten werden.“Mehrere Monate später, am 8. Juli, setzten sich zwei Delegationen an den Verhandlungstisch – der EU-Kommission unter Leitung des Spaniers Ignacio Garcia Bercero und der USA unter Leitung von Michael Froman. Dieses Treffen leitete den immer noch laufenden Verhandlungsmarathon zwischen den beiden ökonomischen Hauptakteuern des Planeten ein. Im Raum der USA und der EU leben insgesamt etwa 850 Millionen Menschen, ihr Anteil an der Weltproduktion erreicht 45 Prozent und ein Drittel des Welthandelsumsatzes.

Der US-Präsident sprach überzeugt von einem „freien und fairen“ Handel über den Atlantik. Allerdings blieb bei diesem ersten Treffen der Vertreter beider Seiten eine Nuance im Hintergrund, die in jenen Tagen wenig bemerkbar war, aber unter den Europäern zunehmend Reiz weckt. Und zwar fand schon der erste Meinungsaustausch hinter verschlossenen Türen statt. Diese Tatsache für beliebige Verhandlungen, wenn sie keinen geheimen Charakter tragen, würde auch dieses Mal nichts Besonderes gewesen sein, wenn das formelle Vertrauen nicht in die faktische Verschlossenheit eines Partners hinübergewachsen wäre. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt, habe die amerikanische Seite vor kurzem die Bitte der EU-Kommission abgelehnt, dass sich die Vertreter der nationalen Parlamente mit den Vorschlägen der amerikanischen Experten zum Funktionieren der künftigen Freihandelszone vertraut machen können. In der Antwort hieß es, bestenfalls könnten sich die Abgeordneten nur mit einigen, bereits abgestimmten Punkten des in Vorbereitung befindlichen Abkommens vertraut machen, und das auch nur in den Botschaften der USA, in speziell für das Lesen von Geheimdokumenten eingerichteten Räumen.

Wie aus dem oben erwähnten Bericht für die deutsche Regierung hervorgeht, ist die Verschlossenheit des großen atlantischen Partners bei weitem nicht das einzige Hindernis auf dem Wege der Verhandlungen. Laut diesem Dokument hat man in Berlin „enttäuscht“ die Position der USA zu Fragen der Zolltarife in der künftigen Freihandelszone wahrgenommen. Besonders stürmische Diskussionen weckt in Deutschland und den anderen Ländern der EU die Gefahr des massenhaften Imports von Fleisch aus den USA, wo die Tiere mittels Klonen oder dem Einsatz von Hormonen gezüchtet werden, aber auch die Gefahr des Imports von genmodifizierten Produkten, für die die Standards in den USA bedeutend niedriger als die europäischen Standards sind. Die Gegner einer Einfuhr derartiger Erzeugnisse haben im Internet bereits mehrere Hunderttausend Unterschriften unter ihre Protesterklärungen gesammelt. Diskussionen wird es auch hinsichtlich der in Vorbereitung befindlichen Bestimmung über den Schutz von Investitionen geben, wo erneut die amerikanischen Konzerne versuchen, für sich selbst Vorteile zu erwirken.

Wie in diesen Tagen den Massenmedien zu entnehmen ist, äußern auch in den USA die Gegner von genmodifizierten Erzeugnissen, besonders die Farmer, immer aktiver ihre Befürchtungen hinsichtlich des künftigen Abkommens. Aber wie Professor Iwan Rodionow von der Wirtschaftshochschule meint, können die Verhandlungen wohl kaum abgebrochen werden:

„Ich bin überzeugt, dass sie ein Einvernehmen erzielen. Zwischen diesen beiden Blocks wird etwas gemacht werden, was für die anderen nicht zugängig sein wird. Dieses Blockspiel wird den Teilnehmern bestimmte Präferenzen bringen.“

Der Chefredakteur des Journals „Internationale Politik“ der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Dr. Sylke Tempel, macht auch auf einen anderen wichtigen Aspekt aufmerksam.

„Es geht nämlich nicht nur um Exportgüter, sondern auch um den Umgang mit einer Ware, über deren Bedeutung wir uns immer noch nicht im Klaren sind: Daten, oder genauer, das, was die Amerikaner Big Data nennen. Digitale Großsammlungen, immer genauere Profile von Internetnutzern, die Goldstaub sind für Unternehmen und verlockende Beute für Geheimdienste.“

„Freihandelsabkommen: Persilschein für Gentechnik“ – so bezeichnete das österreichische Internet-Portal „EU-Infothek“ das in Vorbereitung befindliche Abkommen über die Freihandelszone. Sein Resümee lautete so: „Killertomaten und Gen-Viechereien haben in Europa nichts verloren.“ Das ist eine inoffizielle Meinung, aber zumindest wurde sie offen gesagt."

Quelle: Text Oleg Sewergin - „Stimme Russlands"

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