Frankreich bleibt Spitzenreiter bei Insolvenzen in Westeuropa
Archivmeldung vom 30.05.2018
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.05.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttFrankreich bleibt das Land mit der höchsten Insolvenzrate in Westeuropa. Trotz wirtschaftlicher Erholung werden für dieses Jahr immer noch mehr als 51.000 Firmenpleiten in Deutschlands größtem europäischen Exportmarkt prognostiziert - so viele wie unmittelbar vor der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008. Das geht aus dem aktuellen Country Report Western Europe des internationalen Kreditversicherers Atradius hervor.
Die zweithöchste Insolvenzrate in Westeuropa wird in diesem Jahr für Deutschland vorhergesagt, die dritthöchste für Großbritannien. Insgesamt zeigt die Analyse der Atradius-Risikoprüfer für 2018 einen Rückgang der Konkurse in Westeuropa, dies gilt jedoch nicht für alle Volkswirtschaften. So dürfte in Dänemark und Großbritannien die Zahl der Firmenpleiten ansteigen.
"In Frankreich haben die Insolvenzzahlen nach der Finanz- und Wirtschaftskrise lange stagniert. Zwar hat sich in den letzten zwei Jahren die Situation wieder verbessert, allerdings ist das Risiko für Exporteure, bei Geschäften mit französischen Unternehmen einen Zahlungsausfall zu erleiden, vor allem bei kleinen Abnehmern, nach wie vor vergleichsweise hoch", sagt Dr. Thomas Langen, Senior Regional Director Deutschland, Mittel- und Osteuropa von Atradius. "In Großbritannien wirken sich die Unsicherheiten nach der Brexit-Entscheidung weiter auf die Wirtschaft aus, davon sind letztlich auch dänische Unternehmen betroffen, für die das Vereinigte Königreich einer der größten Außenhandelspartner ist."
Risiken halten sich trotz guter Wirtschaftsentwicklung
Frankreichs Wirtschaft trat nach der Finanz- und Wirtschaftskrise mehrere Jahre auf der Stelle, erst 2017 zog die Konjunktur wieder spürbar an. 2018 wird eine Zunahme des Bruttoinlandprodukts von 1,9 % erwartet, unterstützt durch mehr Exporte, Steuersenkungen sowie einer besseren Stimmung unter Konsumenten und Unternehmen. Dies führt zu einem Rückgang der Insolvenzen in nahezu allen Branchen. Das Land birgt aber weiterhin Risiken für Lieferanten und Dienstleister, unter anderem wegen der hohen Unternehmensschulden und wegen der großen Zahl an neugegründeten und kleinen Firmen. Auf Letztgenannte entfallen rund neun von zehn Insolvenzen. Sollte die Europäische Zentralbank die Zinsen erhöhen, könnten sich Zahlungsverzögerungen und -ausfälle häufen. Aus Sicht von Atradius sind derzeit die französische Agrar- und Lebensmittelbranche am riskantesten, unter anderem aufgrund volatiler Rohstoffpreise. Daneben besteht bei Abnehmern aus dem Textil- und Papierbereich eine hohe Ausfallgefahr. Unter anderem aufgrund sinkender Margen könnten sich zudem im Baubereich die Insolvenzen wieder erhöhen.
In Großbritannien ist ein Konjunktureinbruch nach der Brexit-Entscheidung zwar ausgeblieben, die Unsicherheiten sind jedoch weiterhin groß. Konsum- und Investitionsstimmung sind in der Folge des Votums im Juni 2016 weiter gedämpft. Darüber hinaus kühlt sich der Wohnungsbau ab. Nach der Insolvenz des Baukonzerns Carillion könnten gehäuft finanzielle Engpässe bei kleineren Baufirmen auftreten. Neben den Branchen Bau und Baumaterialien weisen auch die Bereiche Metall, Stahl, Papier und Textilien erhöhte Risiken für Lieferanten für Forderungsausfälle auf. Nach einem Anstieg der Insolvenzen 2017 um 3,8 % dürften die Insolvenzen auch in diesem Jahr zulegen, der Atradius-Prognose zufolge um 4 %. Mit voraussichtlich 15.800 Firmenpleiten hat das Land damit wieder Vorkrisenniveau erreicht.
Dänemarks Insolvenzrate steigt in diesem Jahr um 2 % an. Konjunkturell zeigt sich das Land zwar robust dank einer soliden Inlandsnachfrage und eines 2 % BIP-Wachstums für 2018. Die Verschuldung privater Haushalte ist jedoch mit durchschnittlich 240 % des verfügbaren Einkommens weiterhin hoch. Eine restriktivere Kreditvergabe an Personen mit hohen Verbindlichkeiten soll nun - insbesondere im Raum Kopenhagen - einer Immobilienblase vorbeugen. Darüber hinaus wirken sich die Unsicherheiten von Großbritannien auch auf die dänische Wirtschaft aus, als viertgrößter Außenhandelspartner ist das Land stark von der ökonomischen Entwicklung der Briten abhängig.
In anderen westeuropäischen Ländern gehen die Insolvenzzahlen in unterschiedlichem Maße zurück. Nichtsdestotrotz bleiben zum Teil erhebliche Risiken für Zahlungsverzögerungen und -ausfälle für Lieferanten und Dienstleister bestehen. So werden in Italien in diesem Jahr voraussichtlich 75 % mehr Firmen Insolvenz anmelden müssen als vor der Krise, in Spanien mehr als 400 %. "Zudem haben wir in mehreren Ländern zuletzt eine Zunahme der Großinsolvenzen beobachtet. Vor diesem Hintergrund bleibt es für exportierende Unternehmen wichtig, dass sie ihre Forderungen auch in Phasen des konjunkturellen Aufschwungs durch eine Kreditversicherung schützen. Nur so können sie ihr Wachstum sicherstellen", sagt Dr. Thomas Langen.
Der Country Report Western Europe von Atradius analysiert die aktuelle wirtschaftliche Situation von Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, den Niederlanden, Spanien, Schweden, der Schweiz und Großbritannien. Sie können den kompletten Bericht kostenlos im Internet auf www.atradius.de im Menüpunkt Publikationen herunterladen.
Über Atradius
Atradius ist ein globaler Anbieter von Kreditversicherungen, Bürgschaften und Inkassodienstleistungen mit einer strategischen Präsenz in mehr als 50 Ländern. Die von Atradius angebotenen Kreditversicherungs-, Bürgschaften- und Inkasso-Produkte schützen Unternehmen weltweit vor den Ausfallrisiken beim Verkauf von Waren und Dienstleistungen auf Kredit. Atradius ist Mitglied der Grupo Catalana Occidente (GCO.MC), einer der größten Versicherer in Spanien und einer der größten Kreditversicherer der Welt. Weitere Informationen finden Sie online unter www.atradius.de
Quelle: Atradius (ots)