Geflüchteter tibetischer Mönch schildert die Qualen, die er während seiner Haftzeit durchmachte
Archivmeldung vom 02.05.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDer tibetische Mönch Sonam Dorje, der 13 Jahre lang in den berüchtigten Gefängnissen von Lhasa einsaß, beschrieb in einem Interview mit dem tibetischen Dienst von Radio Free Asia (www.rfa.org), wie er dort von den Wachen gefoltert wurde.
"Zwölf Jahre lang war ich in Drapchi inhaftiert. Im April 2005 wurden wir, d.h. über 100 tibetische politische Gefangene, nach Chushul verlegt. Sie brachten uns mitten in der Nacht dorthin, wobei jeder von uns von je drei Soldaten bewacht wurde."
Dorje, 38, der nach seiner Haftentlassung über Nepal nach Dharamsala, dem Exilort des Dalai Lama, fliehen konnte, sagte, Folter und Einzelhaft seien in Drapchi gang und gäbe gewesen.
"Sie fesselten unsere Hände und prügelten mit einem sandgefüllten Gummischlauch auf uns ein", erzählte er. "Häufig wurden wir in Einzelzellen gesperrt, was durchschnittlich einen Monat dauerte."
Gesundheitliche Probleme der Gefangenen:
Wie Sonam
berichtete, verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Gefangenen infolge
der Folterungen und der unzureichenden Ernährung rapide.
"Es gab keinen
einzigen tibetischen Gefangenen, der nicht an Nierenproblemen gelitten hätte",
sagte er. „Wir wurden regelmäßig gezwungen, auf dem kalten Betonboden zu sitzen,
wovon wir ganz schwach und krank wurden“.
Dorje hatte im April 1992 an einer
Demonstration gegen die chinesische Herrschaft teilgenommen und wurde deshalb zu
13 Jahren Gefängnis verurteilt. Er saß vom 30. Juni 1992 bis zum 30. Juni 2005
ein.
"Fünf von uns Mönchen waren an der Protestaktion beteiligt. Bei einer großen Versammlung hielten wir die tibetische Fahne hoch und riefen, Tibet sei ein unabhängiges Land und die Chinesen sollten nach Hause gehen. Die Ortspolizei nahm uns sofort in Gewahrsam, und auf der Wache schlugen sie uns schwer und folterten uns."
Wie Sonam berichtet, waren die Hauptgründe für die Protestaktion die Einführung der für China gültigen Ein-Kind-Politik auch in Tibet, die enormen Schwierigkeiten tibetischer Bauern infolge der chinesischen Politik, die durch den Zuzug von Han-Chinesen verursachte Arbeitsplatzknappheit sowie die rigorose Durchführung der patriotischen Umerziehung in den Klöstern der Region.
Elektrische Schlagstöcke eingesetzt:
Sonam sagte weiter
aus, einer aus seiner Fünfer-Gruppe, Sonam Rinchen, sei in Drapchi durch die
exzessive Folterung gestorben.
"Zu den Verhören wurden die Gefangenen in
einen Extraraum gerufen. Immer wenn die Folterknechte nicht die Antwort bekamen,
die sie hören wollten, mißhandelten sie uns weiter und schlugen uns
zusammen.
Nach den Verhören brachten sie uns wieder in unsere Zelle und
folterten uns gleich noch einmal. Sie fesselten uns regelmäßig an Händen und
Füßen und berührten uns dann mit elektrischen Schlagstöcken. Meistens schlugen
sie uns allerdings mit Eisenstangen“, erinnerte er sich.
Nachdem wir diese körperlichen und die psychischen Qualen hinter uns hatten, konnten wir meist keinen Schritt mehr tun“.
„Die Zustände in den chinesischen Gefängnissen in Tibet sind grauenvoll", sagte er und fügte hinzu, die Folterungen seien nach der Verlegung nach Chushul sogar noch schlimmer geworden. "Dem Essen, das sie uns im Gefängnis gaben, mangelte es generell an Nährwert. Das Gemüse wurde einfach in Wasser gekocht und uns vorgesetzt."
Sonam Dorje stammt aus der Gemeinde Gyama im Bezirk Meldrogunkar (chin. Mozhu gongka) im Bezirk Lhasa. Er möchte nun in Dharamsala, dem Sitz der tibetischen Exilregierung und des Dalai Lama, ein neues Leben beginnen.
Pressemitteilung Internationale Gesellschaft fur Menschenrechte (IGFM)