Venezuela: Loyalität mit Russland und Ölgeschäfte mit den USA
Archivmeldung vom 21.03.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićVenezuela hatte nach einem Treffen mit Regierungsvertretern der USA Anfang März in Caracas signalisiert, dass es sehr an einem Neustart in den Beziehungen zu Washington interessiert sei. Allerdings nicht um den Preis des Verrats an seinen stabilen Partnern Russland und China. Dies berichtet Maria Müller im Magazin "RT DE".
Weiter berichtet Müller auf RT DE: "Der eilige Sondierungsbesuch einer hochkarätigen US-Delegation am 6.
März in Venezuela sollte prüfen, ob und wie viel venezolanisches Öl
erneut auf den US-Markt gelangen könnte. Nach dem Motto "viel Öl, wenig
politische Erneuerung" machte Washington in der darauffolgenden Woche
deutlich, dass es lediglich seine Versorgungsprobleme aufgrund der
Sanktionen gegen Russland lösen möchte.
Die politische Normalisierung im Verhältnis der beiden Staaten und das Ende der schweren US-Sanktionen sind Trümpfe, die sich die USA je nach wirtschaftlicher Konjunktur und dem Kriegsverlauf in der Ukraine weiterhin vorbehalten. Auch die venezolanische Loyalität mit Russland spielt dabei eine Rolle. Insofern ist die Politik der USA in Lateinamerika und besonders gegenüber Venezuela nach wie vor weder verlässlich noch berechenbar.
Venezuela hatte nach dem Treffen im Regierungssitz in Caracas Anfang März signalisiert, dass es sehr an einem Neustart in den Beziehungen zu Washington interessiert sei. Allerdings nicht um den Preis des Verrats an seinen stabilen Partnern Russland und China.
Venezuela erklärt sich auf dem Diplomatenforum in der Türkei
Das zweite Internationale Diplomatische Forum in Antalya vom 10. bis 13. März bot dem Land die Gelegenheit, vor einem internationalen diplomatischen Publikum seine Position zu bekunden. Dort trafen sich Teilnehmer aus 75 Ländern, darunter 17 Staatsoberhäupter, 80 Minister und 39 Vertreter internationaler Organisationen.
Der venezolanische Außenminister Félix Plasencia äußerte sich auf dem Forum eindeutig:
"Wir sind engagierte Verbündete der russischen Regierung, und wir respektieren deren Präsidenten (Wladimir) Putin als verantwortungsbewusstes Mitglied der internationalen Gemeinschaft, und wir sind überzeugt, dass er das Beste für die Menschen tun wird."
Gleichzeitig betonte Plasencia, dass Venezuela die größten Öl- und Gasreserven der Erde habe und dass das Ölgeschäft seines Landes mit den USA "historisch" sei und "seit langer Zeit" stattfinde. In einem Interview mit der türkischen Zeitung Anadolu sagte der Minister:
"Wir machen seit hundert Jahren Ölgeschäfte mit amerikanischen Unternehmen. Wir forderten sie nie dazu auf, das Land zu verlassen. Ich hoffe, sie respektieren die Souveränität und Legitimität meines Landes. Wenn sie das respektieren, können wir im Ölgeschäft viel gemeinsam erreichen."
Venezuelas Dialog mit Russland in der Türkei
Ebenfalls in Antalya traf sich die venezolanische Vizepräsidentin Delcy Rodríguez mit dem russischen Außenminister – "unser Freund" – Sergei Lawrow. In dem Gespräch bekräftigten beide Seiten die engen freundschaftlichen Beziehungen der zwei Staaten.
"Wir haben unsere bilateralen strategischen Beziehungen und das komplexe internationale Szenario überprüft", sagte Rodríguez vor der Presse und betonte, dass Russland eine wichtige Rolle bei der Wahrung der Souveränität und Selbstbestimmung Venezuelas spiele.
Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hatte zu Beginn des Ukraine-Krieges die NATO und die USA beschuldigt, letztlich die Verantwortung für diese Eskalation zu tragen, weil sie verhinderten, dass der 2014 unterzeichnete Vertrag von Minsk eingehalten wurde. In der Folge habe das Bemühen der NATO, bis nahe an die russische Grenze vorzurücken, Russlands rote Linie überschritten.
Wenige Tage nach den Gesprächen in Antalya schlossen beide Staaten eine Vereinbarung über bessere Flugverbindungen im Rahmen der Tourismusbranche ab. Sowohl reguläre Flüge als auch Charterflüge sollen ausgeweitet werden. Für den Zahlungsverkehr wolle man vor allem die Bankkarte Mir einsetzen.
Ein Austausch zwischen Josep Borrell und Félix Plasencia
Das internationale Diplomatentreffen auf türkischem Boden bot Venezuela auch Raum für ein Gespräch mit dem außenpolitischen Vertreter der Europäischen Union, Josep Borrell.
Nach einer Einladung des Außenamtes der EU traf sich der venezolanische Außenminister Plasencia mit Josep Borrell, dem Chef der internationalen Beziehungen der Europäischen Union. Auch Europa ging es in erster Linie darum auszuloten, ob man Venezuela im geostrategischen Ringen auf die eigene Seite ziehen könne, ohne politische Zugeständnisse machen zu müssen.
Plasencia forderte in diesem Gespräch ein Ende der seit über drei Jahren andauernden Sanktionen der Europäischen Union gegen den Karibikstaat, die vor allem die venezolanische Bevölkerung schwer treffen.
Außerdem betonte Plasencia, die venezolanische Regierung sei zum friedlichen Dialog in der Innen- und Außenpolitik bereit. Wenige Tage zuvor hatte Präsident Maduro zu einem neuen Anlauf in der landesinternen Verständigung aufgerufen, an der sich ein breites Spektrum der Zivilgesellschaft beteiligen sollte. Denn eine Erneuerung der Gesellschaft könne nicht allein zwischen Regierung und Opposition ausgehandelt werden.
Offenbar bewegte sich der EU-Vertreter jedoch keinen Zentimeter weit weg von der gut sieben Jahre alten politischen Linie gegenüber Venezuela. In einem anschließenden Twitter-Beitrag wies Borrell erneut auf angebliche Demokratiedefizite und Wahlfälschungen hin. Die Vorwürfe sind untrennbar mit den wiederholten Umsturzversuchen der USA gegen die Regierung Maduros verbunden.
USA: Ein Schritt vor, zwei zurück
Kurz nach der US-Visite in Caracas sagte US-Staatssekretär Antony Blinken am 10. März, die USA seien daran interessiert, mit Venezuela eine konstante Energieversorgung aufrechtzuerhalten. Washington verfolge mit seinen diplomatischen Bemühungen auch weltweit dieses Ziel.
"All diese Dinge gelten sowohl für Venezuela als auch für andere Staaten der Welt, in denen wir eine Vielzahl von Interessen haben und mit Diplomatie versuchen, sie zu fördern."
Zu diesem Zeitpunkt erschienen in den USA Medienberichte, wonach die Regierung von Präsident Biden die Möglichkeit prüfte, einen Teil der Ölsanktionen gegen Venezuela aufzuheben, damit es seine Ölversorgung erhöht. Das könnte dazu beitragen, den Preisdruck für ein Barrel Rohöl auf den internationalen Märkten zu verringern.
Fünf Tage später wurde der Vorstoß der Biden-Administration gegenüber Venezuela hart gebremst. Die Initiative hatte Widerstand in beiden Kongress-Parteien geweckt und wurde auch im Ausland kritisiert.
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, bekräftigte bei ihrem täglichen Presse-Briefing: "Gegenwärtig wird der Ankauf von venezolanischem Öl nicht in Betracht gezogen." Und weiter:
"Die Vereinigten Staaten werden 'vorerst' keine Kontakte mit Venezuela unterhalten oder Pläne zum Ölimport von dort realisieren."
Kolumbiens Präsident Iván Duque hatte mittlerweile mit Biden gesprochen und darauf gedrängt, Kolumbiens Erdöl in Anspruch zu nehmen, um den Ölpreis in den USA zu stabilisieren.
Psaki führte aus:
"Wir sprechen weiterhin mit einer Reihe von Öl-Erzeugern über die Bedeutung für das globale Angebot, die Fördermengen aufrechtzuerhalten. Es geht nicht nur um die Versorgung in den Vereinigten Staaten, sondern um die Sicherung der Versorgung des Weltmarkts. Außerdem schätzen wir unsere Beziehung zu Kolumbien."
Eine deutliche Absage der USA
Am 17. März kam dann eine noch deutlichere Absage: Der Sprecher des Außenministeriums der USA, Ned Price, verneinte, dass die Reise nach Caracas – die erste mit hochrangigen US-Beamten seit Jahren – eine Schwächung der Oppositionsrolle von Juan Guaidó bedeute, der von Washington als Interimspräsident Venezuelas betrachtet wird. In diesem Sinne verlangten die USA eine "Verhandlungslösung" in Venezuela.
Auf die Frage, wie die Position der USA gegenüber Venezuela sei, antwortete Price, dass die Vereinigten Staaten in ihrer Außenpolitik gegenüber Venezuela "den Kurs nicht geändert" hätten. Doch bei ihrem Besuch in Caracas signalisierten sie eine Öffnung und weitere Gespräche.
Zum Schluss sei angemerkt, dass die USA sowohl gegenüber der Ukraine als auch gegenüber Venezuela und Kolumbien eine mehrgleisige Politik mit verschiedenen Optionen fahren, die zu gefährlichen Missverständnissen führen und außer Kontrolle geraten können. Politische Täuschungsmanöver gehören offenbar zum Alltag der US-Diplomatie. Sie schüren geradezu den Hass zwischen Nachbarstaaten, um sie dazu zu bringen, sich gegenseitig zu bekämpfen. Washington pokert mit hohem Einsatz."
Quelle: RT DE