Krim-Krise: Nato will Aufklärungsflugzeuge nach Polen und Rumänien schicken
Archivmeldung vom 10.03.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDie Nato will angesichts der anhaltenden Krise auf der Krim Awacs-Aufklärungsflugzeuge nach Polen und Rumänien entsenden. Das beschloss der Nato-Rat am Montag in Brüssel, wie ein Sprecher mitteilte. Diese sollen die Grenze zur benachbarten Ukraine überwachen.
Die Aufklärungsflüge würden ausschließlich über dem Gebiet von Nato-Staaten stattfinden, so der Sprecher. Am Sonntag soll auf der ukrainischen Halbinsel Krim ein Referendum über einen möglichen Anschluss der Region an Russland stattfinden. Internationale Politiker, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, zweifeln an der Rechtmäßigkeit dieser Abstimmung.
Ukrainische Armee soll Gefechtsbereitschaft testen
Die ukrainische Armee soll auf Anordnung der Interimsregierung ihre Gefechtsbereitschaft testen. Der Verteidigungsminister der Übergangsregierung, Igor Tenjuch, erklärte am Montag, die Truppen seien landesweit ausgerückt. Auch wenn volle Kampfbereitschaft angeordnet sei, wolle man weiter auf eine friedliche, diplomatische Lösung setzen. Man hoffe nicht, dass ein Einsatz der Truppen wirklich nötig werde.
Unterdessen gab das Verteidigungsministerium an, prorussische Bewaffnete und russische Soldaten hätten ein Militärkrankenhaus in Simferopol besetzt. Eine Bestätigung von russischer Seite gab es nicht. Am Sonntag soll auf der ukrainischen Halbinsel Krim ein Referendum über einen möglichen Anschluss der Region an Russland abgehalten werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte am Montag erneut die Rechtmäßigkeit des Referendums in Frage. Sie forderte Russland erneut dazu auf, an einer Kontaktgruppe zur Lösung der Krise mitzuwirken. Sonst müsste Russland mit weiteren Sanktionen rechnen. In der vergangenen Woche hatte die EU bereits die Aussetzung von Verhandlungen über Visa-Erleichterungen und über ein Grundlagenabkommen angekündigt.
Nato schaltet sich mit Drei-Stufen-Plan in Krim-Krise ein
Die Nato schaltet sich mit einem Drei-Stufen-Plan in die Krise zwischen Russland und der ukrainischen Übergangsregierung ein. "Wir haben seit Sonntag mehrere wichtige Schritte unternommen", sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in einem Interview mit der "Bild-Zeitung". "Erstens bleiben wir wachsam. Die Auswirkungen der Krise auf die Allianz werden von uns gründlich untersucht."
Das schließe auch die Unterstützung von Mitgliedsländern mit Abwehrsystemen ein. "Ich begrüße auch den Umstand, dass die Vereinigten Staaten weitere Kampfjets für unsere Luftraumüberwachung der baltischen Staaten zur Verfügung gestellt haben. Das zeigt, dass die Allianz an einem Strang zieht."
Als weiteren Schritt will das Bündnis die Kooperation mit Kiew verstärken, sagte Rasmussen der "Bild-Zeitung": "Zweitens werden wir unsere Partnerschaft mit der Ukraine intensivieren und noch besser zusammenarbeiten, um demokratische Reformen zu erreichen. Wir verstärken unsere Zusammenarbeit mit der politischen und militärischen Führung der Ukraine", so der Nato-Generalsekretär. "Wir erhöhen unsere Anstrengungen, die Leistungsfähigkeit der ukrainischen Armee zu verbessern. Dazu gehören gemeinsame Übungen und Ausbildungsprogramme. Und wir werden die Ukraine stärker in unsere hochmodernen, multinationalen Projekte einbinden, mit denen ihre Fähigkeiten weiterentwickelt werden."
Die dritte Stufe umfasse direkte Maßnahmen gegen Russland, erklärte Rasmussen: "Drittens haben wir deutlich gemacht, dass Russland gegen die Prinzipen verstößt, auf denen unsere Partnerschaft beruht. Die Planungen für unseren ersten gemeinsamen Militäreinsatz sind abgebrochen." Sämtliche Treffen zwischen zivilen und militärischen Mitarbeitern seien aufgeschoben. Die gesamte Bandbreite der Zusammenarbeit zwischen Nato und Russland werde neu bewertet.
Gabriel: Russische Provokationen gehen weiter
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat angesichts der Entwicklungen der vergangenen Tage und des Vorziehens des Referendums über einen möglichen Anschluss der ukrainischen Halbinsel Krim an Russland, den Eindruck, "dass die Provokationen weitergehen. Und mein Eindruck ist, die Russen scheinen sich darüber nicht im Klaren zu sein, dass sie die Verantwortung dafür in den Händen halten, dass ganz Europa zurück fällt in die Zeiten des Kalten Krieges", sagte er im "ARD - Bericht aus Berlin".
Sollte die Krim nach dem Referendum tatsächlich an Russland angeschlossen werden, würde dies "nicht unbeantwortet bleiben", so der Vizekanzler. "Das Referendum verstößt gegen die Verfassung der Ukraine. Das ganze Handeln, darauf hat auch der frühere Bundeskanzler Schröder hingewiesen, ist völkerrechtswidrig", betonte er. "Und dann wird eine Entwicklung der Boykottmaßnahmen oder der Wirtschaftssanktionen kaum noch aufzuhalten sein."
Europa könne den Entwicklungen auf der Krim-Halbinsel nicht tatenlos zusehen, weshalb er auf weitere Gespräche hoffe. Mit Blick auf mögliche Wirtschaftssanktionen gegen Russland glaube er, "dass dabei am Ende für beide Seiten schwierige Zeiten anbrechen werden". Doch Russland könne kein Interesse daran haben, dass es zu wirtschaftlichen oder politischen Boykottmaßnahmen kommt. "Deswegen ich kann nur hoffen, dass Rationalität eintritt."
Merkel will Regierungserklärung zur Lage in der Ukraine abgeben
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will am Donnerstag eine Regierungserklärung zur Entwicklung in der Ukraine abgeben. Die Regierungserklärung von Merkel im Bundestag kündigte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin an. Die Situation in der Ukraine und insbesondere auf Schwarzmeer-Halbinsel Krim sei "weiterhin besorgniserregend", so Seibert. "Wir wollen ganz klar den Weg des Gesprächs und der Verständigung. Aber wir sind gegebenenfalls auch bereit zu handeln", sagte Seibert mit Blick auf etwaige weitere Sanktionen gegen Moskau.
Unterdessen rechnet die Führung auf der Krim bei dem Referendum über den künftigen Status der Halbinsel, das am Sonntag stattfinden soll, mit einer großen Mehrheit für einen Anschluss der Krim an Russland. "Mehr als 80 Prozent der Einwohner der Krim sind für den Beitritt zu Russland", sagte der Chef des Regionalparlaments auf der Krim, Wladimir Konstantinow, am Montag laut russischen Medienberichten.
Quelle: dts Nachrichtenagentur