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US-Drohnenkrieg läuft über Deutschland

Archivmeldung vom 31.05.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.05.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Die Lockheed Martin RQ-170 Sentinel ist eine unbemannte militärische Aufklärungsdrohne der US-Luftwaffe. Bild: Truthdowser / wikipedia.org
Die Lockheed Martin RQ-170 Sentinel ist eine unbemannte militärische Aufklärungsdrohne der US-Luftwaffe. Bild: Truthdowser / wikipedia.org

In die gezielten Tötungen von Terrorverdächtigen in Afrika durch Drohnen sind US-Standorte in Deutschland maßgeblich eingebunden. Insbesondere geht es dabei um "Africom", das 2008 neu eingerichtete Oberkommando des US-Militärs für Afrika in Stuttgart. Auch das Air Operations Center (AOC) der US-Air Force Basis im rheinland-pfälzischen Ramstein spielt dabei technisch eine zentrale Rolle. Das haben Recherchen des NDR-Politikmagazins "Panorama" und der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) ergeben.

Seit 2011 steuert eine Flugleitzentrale auf dem deutschen US-Stützpunkt Ramstein auch Angriffe der US-Luftwaffe in Afrika. Über eine spezielle Satelliten-Anlage in Ramstein hält der Pilot in den USA offenbar zudem Kontakt zur Kampfdrohne am afrikanischen Einsatzort - und lenkt sie zu den Personen, die getötet werden sollen. Ohne diese Satelliten-Relais-Station für unbemannte Flugobjekte "können Drohnen-Angriffe nicht durchgeführt werden", heißt es in einem internen Papier der US Air Force, das "Panorama" und der "SZ" vorliegt. Es handelt sich um einen Bauplan, der weiter ausführt, dass eine temporäre Anlage diese Aufgaben bereits jetzt erfüllt und in sechs Monaten durch eine dauerhafte Installation ersetzt werden soll: "Die Ausführung dieses Projektes soll die Satelliten-Kommunikation mit Drohnen der Typen Predator (Raubtier), Reaper (Sensenmann) und Global Hawk (Globaler Habicht) langfristig verbessern und das gegenwärtige Provisorium ersetzen", heißt es dort. Die neue Flugleitzentrale wurde im Oktober 2011 unter dem Namen "Air and Space Operations Center" (AOC) auf dem US-Stützpunkt eröffnet. Hier überwachen bis zu 650 Mitarbeiter den afrikanischen Luftraum, werten Drohnen- und Satellitenbilder aus und planen Einsätze. Bis heute sollen in Somalia mindestens neun tödliche Drohnenangriffe durchgeführt worden sein, bei denen, laut unterschiedlicher Quellen, bis zu 29 Menschen starben. Präsident Barack Obama soll jeden dieser Einsätze persönlich abgezeichnet haben.

Aufgrund der extremen Geheimhaltung einzelner Operationen ist die genaue Rolle von Ramstein nicht in jedem Detail klar. Das US-Militär versichert aber gegenüber "Panorama" und der "SZ", dass für alle militärischen Operationen in Afrika die Verantwortung bei Africom in Stuttgart liege.

"Panorama" und der "SZ" liegen Stellenausschreibungen für "Geheimdienst-Analysten" in Stuttgart vor, deren Job es sein soll, Ziele - auch Individuen - für die Ziellisten der Amerikaner zu "nominieren". Insofern werden offenbar in Stuttgart gezielte Tötungen in Afrika geplant.

Die Einbettung Deutschlands in das geheime Drohnenprogramm der USA wirft völkerrechtliche und strafrechtliche Fragen auf. Der Gießener Völkerrechtler Prof. Thilo Marauhn sagt: "Die Tötung eines Terrorverdächtigen mithilfe einer bewaffneten Drohne außerhalb eines bewaffneten Konflikts kann - wenn die Bundesregierung davon weiß und nicht dagegen protestiert - Beteiligung an einem völkerrechtlichen Delikt sein."

Die Bundesregierung betonte auf Nachfrage, sie habe keinerlei Anhaltspunkte, dass Drohnenangriffe über Deutschland geplant oder durchgeführt werden. Sie betont zugleich, dass aus verfassungsrechtlicher Sicht der Grundsatz gelte, "dass von deutschem Staatsgebiet aus keine völkerrechtswidrigen militärischen Einsätze ausgehen dürfen."

Falls US-Stützpunkte in Deutschland für Drohnentote verantwortlich sind, müsse die Bundesregierung "dringendst informieren", sagt Omid Nouripour, verteidigungspolitischer Sprecher der Grünen. Notfalls müsse sie der US-Regierung untersagen, "weiterhin extralegale Tötungen von Deutschland aus zu organisieren".

Allein, dass Africom sein Hauptquartier in Stuttgart bezog, sollte vor sechs Jahren nicht öffentlich diskutiert werden. Das Auswärtige Amt empfahl damals der US-Regierung, Deutschland als Standort von Africom nicht groß zu erwähnen. Das würde sonst zu "Schlagzeilen in der Presse" und zu "unnötigen öffentlichen Debatten" führen.

Quelle: NDR / Das Erste (ots)

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