Nord-Stream-Anschlag: Deutsche Behörden verärgert über Polen
Archivmeldung vom 07.09.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićBei der Aufklärung des Anschlags auf die Nord-Stream-Pipelines wächst der Ärger deutscher Behörden über Polen. Wie die "Welt am Sonntag" berichtet, sind die Bundespolizei und der Generalbundesanwalt darüber verstimmt, dass ein europäischer Haftbefehl gegen den Hauptverdächtigen samt Durchsuchungsbeschluss nicht vollstreckt wurde.
Der Tauchlehrer konnte sich von Polen aus in die Ukraine absetzen.
"Offensichtlich hat ihn die polnische Regierung laufen lassen, um die
eigene Beteiligung bei dem Anschlag auf die Pipelines zu vertuschen",
sagte der frühere BND-Präsident August Hanning der "Welt am Sonntag". Er
ist überzeugt davon, dass die Präsidenten Polens und der Ukraine,
Andrzej Duda und Wolodymyr Selenskyj, über den Terrorakt unterrichtet
gewesen seien. "Operationen von einer derartigen Dimension sind ohne
Billigung der politischen Spitzen der beteiligten Länder nicht
vorstellbar", erklärte Hanning.
Der Chef des Büros für Nationale
Sicherheit in Polen, Jacek Siewiera, gleichzeitig Sicherheitsberater des
Präsidenten Duda, weist die Vorwürfe zurück. Siewiera sagte der "Welt
am Sonntag": "Die Behauptung, die Ukraine habe diese Aktion mit
polnischem Wissen durchgeführt, entbehrt jeder Grundlage." Er spricht
von Anschuldigungen und Unterstellungen, die von Privatpersonen kämen.
Bei diesen handele es sich um einen engen Kreis von ehemaligen
prorussischen Beamten, die kein Amt mehr bekleideten.
"Ich hoffe,
dass wir es nicht mit einer organisierten Desinformationskampagne zu
tun haben, bei der sich Menschen haben dazu benutzen lassen, Polen die
Verantwortung zuzuschieben", so Siewiera. Polen gehe allen Hinweisen
nach. Dass Russland an dem Anschlag beteiligt gewesen sei, werde dabei
nach wie vor als eine Hypothese angesehen.
Generalbundesanwalt
Jens Rommel soll verärgert sein, weil sensible Details des Verfahrens
mehrfach an die Öffentlichkeit durchgestochen wurden. "Die
Bundesregierung äußert sich nicht und kommentiert auch nicht Berichte
über angebliche 'detaillierte Ermittlungsergebnisse' in den Medien",
heißt es in einer Antwort des Bundesjustizministeriums auf eine Anfrage
des Bundestagsabgeordneten Roderich Kiesewetter (CDU). Das Ministerium
ist zuständig für Rommels Behörde.
Kiesewetter weist noch auf
einen anderen Aspekt hin: Auf die Nachricht, dass der Anschlag auf die
Pipelines von Kiew aus gesteuert worden sein soll, sei nur wenige Tage
später die Ankündigung der Bundesregierung gefolgt, der Ukraine keine
neuen Militärhilfen zu gewähren. "Die Botschaft soll offenbar lauten:
Der Ukraine ist nicht zu trauen, deshalb geben wir nicht noch mehr Geld.
Der Verdacht soll wohl gezielt auf die Ukraine gelenkt werden, um eine
Rechtfertigung für zurückgehende Unterstützung zu haben", sagte
Kiesewetter der "Welt am Sonntag".
Quelle: dts Nachrichtenagentur