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Schulz gegen Orbán: Wer gewinnt?

Archivmeldung vom 10.07.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.07.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Johann Strauß
Bild: Johann Strauß

Die Beziehung zwischen Martin Schulz und Viktor Orbán ist schon lange gespannt. Schulz setzt sich für europäische Einheit und Erfüllung der Verpflichtungen, die die Staaten beim EU-Beitritt auf sich genommen haben, ein. Für Orbán haben nationale Interessen Ungarns und nicht die gesamteuropäischen den Vorrang. Ein Stein des Anstoßes ist die Flüchtlingspolitik.

Bild: Johann Strauß
Bild: Johann Strauß

 "Zusammen stehen, doch nicht zu nah" – so kann man das ungarische Verhalten zur Europäischen Union charakterisieren. Die Konfrontation zwischen Budapest und Brüssel dauert schon ein paar Jahre und die strittige Hauptfrage ist die Aufnahme der Flüchtlinge. Viktor Orbán gehört zu den härtesten Kritikern der Flüchtlingspolitik, die Bundeskanzlerin Angela Merkel Europa vorgeschlagen hat. Er sagt offen: "Flüchtlingspolitik geht uns nichts an, das ist ein deutsches Problem." Das Streben des Ministerpräsidenten, ungarische Grenzen, kulturelle und christliche Werte und Identität zu schützen, kann man verstehen. Orbán muss aber nicht vergessen, dass sein Land ein EU-Mitglied ist. Die Europäische Union ist die Organisation der Staaten, die gemeinsame Ziele, Politik und Wirtschaft haben. Als Ungarn der EU beigetreten und den Vertrag von Lissabon unterschrieben hat, hat es bestimmte Verpflichtungen übernommen und muss sie ohne weiteres erfüllen. Die Weigerung bedeutet seine Partner zu verraten, und das sind keine großen Worte.

Orbán sagte über Schulz: "Ich respektiere ihn, er ist ein großer Kämpfer. Aber er hat eine komplett andere Vorstellung von Europa als wir." Ja, eine andere. Für Schulz bedeutet Europa vor allem Solidarität und Einheit und nicht wenn jeder Staat für sich selbst. Gerade diesen Gedanken versuchte der ehemalige Chef des EU-Parlaments Orbán zu übertragen. 2015 warnte Schulz den ungarischen Ministerpräsidenten vor dem Alleingang und rief ihn zur gemeinsamen Bewältigung des Flüchtlingsproblems auf.

Trotz der Appelle wurde das Referendum über EU-Flüchtlingsquoten am 2. Oktober 2016 durchgeführt. Doch wurde es wegen der niedrigen Beteiligung der Bürger für ungültig erklärt und der deutsche Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff, sprach von einer "Ohrfeige" für Viktor Orbán. Und sie war eigentlich verdient.

Martin Schulz ist sicher, dass Europa für seine glückliche Zukunft seine Politik weiterhin gemeinschaftlich über die Brüsseler Institutionen gestalten muss. Und "die Renationalisierungsstrategie der Regierungen in Polen und Ungarn" könnte die langjährigen Bemühungen um die Vereinigung der europäischen Staaten zunichte machen und zum Zerfall der EU führen.

Es gibt heute nur zwei Wege, um die Errungenschaften von 28 Staaten zu bewahren. Der eine besteht darin, dass Ungarn, Polen, Rumänien, die Slowakei und Tschechien ihren Fehler in der Flüchtlingsfrage einsehen und mit anderen EU-Mitgliedern mitwirken werden. Das ist leider wenig wahrscheinlich, denn diese Länder wollen keine Flüchtlinge aufnehmen und Zäune errichten. Außerdem ignorieren sie das von der EU-Kommission eigeleitete Verfahren.

Der zweite Weg ist die Ausschließung Ungarns und anderer "Meuterer" aus der Europäischen Union. Ob die EU etwas versäumt, wenn das passiert? Nein, das Gegenteil würde wahr. Die Brexit-Wiederholung könnte eine Gesundheitsmaßnahme für die EU sein. Ungarn und andere osteuropäische Staaten rücken immer rechter, was in Widerspruch mit dem europäischen Entwicklungskonzept steht. Was die Wirtschaft betrifft, bringt der "Ostblock-Exit" fatale Auswirkungen, weil die osteuropäische Wirtschaft vorwiegend auf Kosten der Subventionen aus Brüssel existiert.

Vielleicht ist jetzt nicht die beste Zeit für solch eine entscheidende Transformation der EU. Aber Martin Schulz bemerkte richtig: "Man kann nicht immer von anderen Solidarität verlangen, sie selbst aber verweigern." Deswegen müssen die Staaten, die gemeinsame Verantwortung nicht tragen möchten, begreifen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Brüssel sie in Ruhe lässt, heute hoch wie noch nie ist.

Quelle: Johann Strauß

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