EG-Prognose: Europa wird mit USA brechen und sich Russland zuwenden
Archivmeldung vom 08.01.2016
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.01.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGlobale geopolitische Wandlungen, die strategische Schwäche europäischer Politiker, die gleich in mehreren lokalen Krisen stecken, und die Isoliertheit der US-Politik sind jene drei Faktoren, die die historisch feste transatlantische Partnerschaft in ein „leeres Bündnis“ verwandeln, so die Prognose der Beratungsfirma Eurasia Group (EG) für 2016. Das berichtet die deutsche Ausgabe des russischen online Magazins "Sputnik".
Weiter heißt es auf der deutschen Webseite: "Die Eurasia Group-Chefs Cliff Kupchan und Ian Bremmer, beide namhafte Politikwissenschaftler, sind sich darüber einig, dass im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in den USA die außenpolitische Agenda in den Vordergrund getreten sei, in der sich aber kein Platz für die transatlantischen Beziehungen gefunden habe. Deshalb werde Europa mit der Zeit an der amerikanischen Führungsrolle, am Charakter der Beziehungen zwischen der Alten und Neuen Welt sowie an den gemeinsamen Werten zweifeln, auf denen sie beruhen.
„Die heutigen Widersprüche sind viel schwerer zu überwinden: Sie widerspiegeln den tiefen Mangel an Überzeugung unter der europäischen Öffentlichkeit, was die Idee vom geeinten Europa und die Vorzüge der Globalisierung betrifft. Diese Unsicherheit fällt mit dem gefährlichen Prozess einer Unterspülung der transatlantischen Beziehungen zusammen“, pflichtet ihnen Yudi Dempsey, Analystin des Carnegie Europa Center, bei.
Ihr zufolge ist das Prinzip der offenen Grenzen und mit ihm die Idee, um die die Europäische Union entstanden ist, bereits tot. Das Konzept des geeinten Europas werde sterben, sollte es der Alten Welt nicht gelingen, die größte Herausforderung für den Kontinent zu meistern – die Zerstörung der westlichen liberalen Ordnung, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden war und die Prinzipien der transatlantischen Zusammenarbeit durch den Marshall-Plan gefestigt hatte.„Europa ist gespalten, verwundbar und steht schlecht auf den Beinen. Die nationalen Regierungen gehen in verschiedene Richtungen“, heißt es in einem Bericht der Eurasia Group. Der Zentrifugaltrend offenbare sich deutlich am Beispiel der drei führenden europäischen Länder – Frankreich, Deutschland und Großbritannien, die neue Interessenpartner suchen.
Paris neige zu einer Allianz mit Moskau – die französische Regierung schätze den Terrorismus als größte Bedrohung für den ganzen Kontinent ein, und, im Unterschied zu den Amerikanern, den Briten und Deutschen, führe es eine aktive Kampagne in Syrien, so die Experten. Frankreichs Präsident François Hollande setze auf Russland als den wichtigsten Partner bei der Erreichung des – aus Pariser Sicht – wichtigsten Ziels für Europa – der Verringerung des Stroms syrischer Flüchtlinge an die EU-Grenzen. Mehr noch: Nach den Terroranschlägen in der französischen Hauptstadt habe Hollande keinen Nato-Bündnisfall ausgerufen, weil dabei eine Zusammenarbeit mit Russland praktisch unmöglich gewesen wäre.
Berlin sei seinerseits klar, dass Merkels Politik der „offenen Tür“ nur dann funktionieren werde, wenn es gelingen sollte, den Flüchtlingsstrom in die EU über das Territorium der Türkei – eines Landes, das der Nato mit seinen Handlungen und Zielen in Syrien das Leben erschwert – zu verringern, heißt es in der Prognose. Großbritannien setze aus ökonomischen Gründen auf China, denn das Land brauche ausländische Investitionen zur Entwicklung der Infrastrukturprojekte, für die wegen der strengen Sparpolitik im Lande selbst schwer Geld aufzutreiben sei."
Quelle: Sputnik (Deutschland)