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Mehrheit der deutschen Elite zweifelt an griechischer Reformbereitschaft

Archivmeldung vom 22.07.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.07.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Klaus Brüheim / pixelio.de
Bild: Klaus Brüheim / pixelio.de

Deutschlands Top-Entscheider sind skeptisch, ob Griechenland auf Dauer in der Eurozone zu halten ist. Wie das aktuelle "Capital-FAZ-Elite-Panel", eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD) unter 500 Führungsspitzen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung, ergab, bezweifeln mehr als drei Viertel (77 Prozent), dass es gelingen wird, mit Griechenland verbindliche Reformpläne zu vereinbaren. Mittlerweile sehen sogar mehr als die Hälfte (52 Prozent) in einem Ausscheiden Griechenlands für die Eurozone mehr Chancen als Risiken.

Entsprechend stark bzw. sehr stark beunruhigt sind 63 Prozent der Elite über die Situation in der Eurozone. Während des Befragungszeitraums Ende Juni/Anfang Juli hatte die griechische Regierung ihr Referendum angekündigt. "Im Befragungszeitraum für das 'Capital-FAZ-Elite-Panel' gab es einen völligen Umschwung bei der Einschätzung, ob Griechenland auf Dauer Euro-Mitglied bleiben wird. Entscheidend wird sein, ob Griechenland seine Reformzusagen verlässlich einhält", unterstreicht Allensbach-Institutsleiterin Prof. Dr. Renate Köcher. Fast einstimmig ist die Elite für einen Verbleib Großbritanniens in der EU: Aktuell sagen 97 Prozent, dass es ihnen "wichtig" oder sogar "sehr wichtig" ist, Großbritannien in der Europäischen Union zu halten.

Freihandelsabkommen mit den USA wichtig

Die überwältigende Mehrheit der Entscheider (89 Prozent) hält das geplante Freihandelsabkommen TTIP mit den USA für wichtig, gut zwei Drittel (69 Prozent) sind auch davon überzeugt, dass es zu einem solchen Vertrag kommen wird. Europa hat aus Sicht der Führungskräfte höhere Standards im Umweltschutz und beim Arbeitsschutz, die USA seien hingegen bei Produktsicherheit, Haftung und Verbraucherschutz strenger. 66 Prozent der Führungsspitzen gehen davon aus, dass ein ausgewogener Kompromiss erreicht wird.

Akzeptanz für die Arbeit der Großen Koalition wächst

Die Führungsspitzen schätzen die Arbeit der Großen Koalition inzwischen weniger negativ ein als vor einem Jahr. Projekte wie der Mindestlohn und Rente mit 63, die damals für großen Unmut gesorgt hatten, sind inzwischen vom Gesetzgeber beschlossen. Allerdings ist immer noch ein Drittel der Top-Manager davon überzeugt, dass der Mindestlohn der deutschen Wirtschaft schadet. Insgesamt sind 46 Prozent der Elite mit der Arbeit der Großen Koalition zufrieden und 48 Prozent enttäuscht. Ein Jahr zuvor lagen die Werte noch bei 42 bzw. 54 Prozent.

Korrekturbedarf sehen die Führungsspitzen vor allem bei der Energiepolitik (75 Prozent), bei der Flüchtlingspolitik (73 Prozent) sowie Steuer- und Finanzpolitik (59 Prozent). So meinen 77 Prozent der Elite, dass Deutschland auf absehbare Zeit weiter Energie aus Kohle braucht. Über 50 Prozent sehen die Energiewende nach wie vor als ernsthafte Belastung für den Standort an.

Breite Zustimmung für höhere Flüchtlingsquote Deutschlands

Angesichts des Flüchtlingsstroms nach Europa sagen 78 Prozent der Führungsspitzen des "Capital-FAZ-Elite-Panels", dass Deutschland noch mehr Flüchtlinge aufnehmen kann als bisher. Eine Mehrheit von 77 Prozent rechnet nicht damit, dass der Flüchtlingsstrom in absehbarer Zeit in den Griff zu bekommen ist. Die australische Methode, Flüchtlinge vor der eigenen Küste konsequent abzuweisen, ist für mehr als drei Viertel der Elite (77 Prozent) kein gangbarer Weg in Europa. 55 Prozent der Top-Entscheider glauben nicht, dass Schlepperbanden erfolgreich bekämpft werden können, indem mehr legale Einwanderungsmöglichkeiten geschaffen werden. Die Bevölkerung ist in der Flüchtlingsfrage allerdings gespaltener als die Elite: "Ich befürchte, dass hier das Meinungsbild deutlich kritischer wird, wenn innerhalb der nächsten Jahre die Unterbringungsprobleme in den Kommunen eskalieren", urteilt Köcher.

Schäubles Ansehen profitiert von der Griechenlandkrise

Trotz der Kritik aus dem Ausland ist das Ansehen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bei der Elite auf einen neuen Bestwert gestiegen. Schäuble profitiert unter anderem von seinem resoluten Auftreten in den Verhandlungen mit Griechenland: 92 Prozent (2014: 84 Prozent) bescheinigen ihm eine gute Arbeit. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel verliert dagegen: Der SPD-Chef überzeugt mit seiner Arbeit nur noch 37 Prozent (48 Prozent), obwohl er viele Positionen vertritt, die in der Wirtschaftselite auf große Zustimmung treffen.

Quelle: Capital, G+J Wirtschaftsmedien (ots)

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