Malaysia vor wichtigen Wahlen – politische Revolution oder weiter so?
Archivmeldung vom 12.03.2018
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMalaysia steht vor den wichtigsten Wahlen seit der Unabhängigkeit: Dr Mahathir (92!) fordert den amtierenden Premierminister Najib mit Hilfe seines inhaftierten alten Erzfeinds Anwar Ibrahim heraus. Stellen Sie sich vor, Gerhard Schröder würde die SPD verlassen, sich mit den Linken, den Grünen und der AFD verbünden, sich dann von diesen zum Bundeskanzler wählen lassen, um dann Oskar Lafontaine mit dem Segen von Präsident Steinmeier zum Bundeskanzler zu machen. So in etwa kann man die Situation in Malaysia mit den deutschen politischen Protagonisten vergleichen.
Der seit 1997 in Kuala Lumpur lebende Volker Friedrich, Geschäftsführer von GBP INTERNATIONAL teilt dazu mit: "In Malaysia stehen Wahlen an, die bis spätestens im August abgehalten werden müssen. Die Wettbüros in England wissen nicht wie Sie Ihre Quoten berechnen sollen, sofern Sie auf das Ergebnis wetten möchten. Das kleine aber strategisch wichtige Land in Südostasien ist wichtiger strategischer Partner für Deutschland und Europa in Südostasien und gilt als moderat islamisch, wirtschaftsfreundlich und ethnisch tolerant. Im Jahr der ersten großen Asienkrise 1997 war Dr. Mahathir noch Premierminister und Anwar Ibrahim sein Stellvertreter, bevor dieser die Mehrheit der letzten 20 Jahren im Gefängnis unter sehr fragwürdigen Umständen verbringen musste. Die bevorstehenden Wahlen haben diesmal einen besonders ungewissen Ausgang und das Szenario der politischen Landschaft könnte ohne weiteres als Drehbuch für einen Oscar-verdächtigen Polit- und Wirtschaftskrimi in Hollywood herhalten.
Im Jahr 2017 eskalierte die Stimmung in Malaysia durch die sogenannte 1 MDB Krise, die das Ansehen Malaysias international schwer beschädigt hat. Eine Mischung aus Gier, Unvermögen, krimineller Energie und Korruption auf Seiten der Verbündeten von Premierminister Najib brachte die ganze Nation in Misskredit. Ein mittlerweile wieder zurückgezahlte „Spende“ aus Saudi-Arabien auf das Privatkonto von Premier Najib brachte die Untersuchungen ins Rollen. Dr M. sah sein Lebenswerk „Vision Malaysia 2020“ gefährdet. Er entschloss sich nun im hohen Alter von 92 dazu sich noch einmal zur Wahl zu stellen. Wer Südostasien kennt, weiß, dass der nur als Dr. M bekannte langjährige Staatschef wie kein anderer zu seiner aktiven Zeit Malaysia und die ASEAN Region insgesamt positiv geprägt hat.
Für deutsche Unternehmen ist Malaysia – unabhängig von der skizzierten politischen Situation - ein Land in dem sich gut und günstig produzieren und handeln lässt. Mehr als 300 deutsche Unternehmen haben in Malaysia vorrangig mit dem Ziel investiert, die günstige Lage zwischen Thailand und Singapur auszunutzen, um die ASEAN Länder zu bedienen. In den letzten Jahren haben mehrere Free Trade Agreements zu einem weiter erleichterten Zugang zu Indien und China geführt, so dass sich Malaysia mit Recht und erfolgreich als regionales Zentrum in Asien vermarket und positioniert.
Aus europäischer Sicht kritisch ist das Thema Freihandelsabkommen, Palmöl und die immer enger werdende Bindung an und Abhängigkeit von China, welches sich mit großen Projekten und Finanzierungen in bekannter Manier die Rosinen wichtiger strategischer Assets in Malaysia herauspickt. Die Lage Malaysias an der sensiblen Seestraße von Melakka macht Malaysia zu einem wichtigen strategischen Baustein für das Prestigeprojekt Chinas schlechthin. Im Rahmen des „One Belt One Road“ Projektes (neue Seidenstrasse) werden Investitionen in Milliardenhöhe getätigt. Ob und in wieweit hier auch Verstrickungen mit dem 1MDB Skandal vorhanden sind, darf zurzeit nur vermutet werden.
Das Ergebnis der Wahlen wird mit Spannung erwartet. Dennoch sind sich alle Beobachter sicher, dass das insgesamt liberale und wirtschaftsfreundliche Land weiter mit attraktiven Bedingungen um europäische und speziell deutsche Unternehmen werben wird, um im scharfen Wettbewerb um ausländische Investoren bestehen zu können. Leider ist es Malaysia bislang nicht gelungen in Deutschland mit positiven Schlagzeilen für besonderes Aufmerksamkeit zu sorgen. Ebenso liegt der letzte hochrangige Besuch eines deutschen Regierungschefs über 20 Jahre zurück. Gerhard Schröder machte damals Dr. M seine Aufwartung. Wenn es Dr. M gelingt Najib abzulösen, dürfte dieser sicher auch ein Glückwunschschreiben von Altkanzler Schröder bekommen."
Quelle: Volker Friedrich, Geschäftsführer von GBP INTERNATIONAL