Verbotene Organisation aktiv im Deutschen Web
Archivmeldung vom 08.11.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBei Recherchen zur islamistischen Propaganda in Deutschland sind Sputnik-Korrespondenten auf Web-Seiten der islamistischen Organisation "Hizb ut Tahrir" (HuT) gestoßen. Zwar wurde diese 2003 in Deutschland verboten, unzählige Videos, Bücher und Audiotapes zur islamistischen Ideologie sind aber weiterhin über diese Web-Seiten zugänglich.
Die deutsche Ausgabe des russischen online Magazins "Sputnik" berichtet weiter: "Die 1953 aus der "Muslimbruderschaft" in Palästina hervorgegangene Organisation "Hizb ut Tahrir" ist eine islamistische Partei mit dem Hauptsitz im Libanon. Ihr Ziel: Die Errichtung des weltweiten Kalifats. Der Gründer dieser Vereinigung Taqi ad-Din an-Nabhani veröffentlichte das Buch „Die Lebensordnung des Islam“, eine Art Verfassung für den Islamischen Staat , welche bis heute als ideologische Grundlage für die HuT und andere islamistischen Organisationen dient. Öffentlich gibt sich die sogenannte „Befreiungspartei“ friedlich. Jedoch unterscheide sich Hizb ut Tahrir von anderen Organisation wie der Muslimbruderschaft vor allem durch die Tatsache, dass sie an die friedliche Machtübernahme nicht glauben, ist sich der Politologe und Islamwissenschaftler Dr. Ralph Ghadban sicher:
„Der erste Putschversuch fand in Jordanien im Jahr 1968 statt. Dieser scheiterte. An-Nabhani wurde verhaftet, doch er wurde freigesprochen und begnadigt. Der zweite und wichtigste Versuch erfolgte 1974 in der Militärakademie in Kairo. Da haben sie versucht, die Akademie unter ihre Kontrolle zu bringen, somit an das Waffenlager ranzukommen und die Macht zu übernehmen. In der Geschichte des Islamismus zählt diese Aktion als Beginn des Dschihadismus.“
Weltweit zählt man über 100 000 Mitglieder. Die meisten von ihnen (ca. 80 000) sollen sich laut der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ in Usbekistan aufhalten. Dort sowie in den meisten anderen zentralasiatischen und einigen arabischen Staaten wurde gegen diese Organisation ein Betätigungsverbot ausgesprochen. Sie stelle Medienberichten zufolge eine große Bedrohung vor allem für junge Menschen dar. Mitglieder dieser Vereinigung würden im Internet zum Dschihad und zum bewaffneten Kampf im Nahen Osten aufrufen.
In Deutschland hat das Bundesministerium des Inneren mit Wirkung vom 15. Januar 2003 der HuT die Betätigung verboten, weil sich diese gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte und Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Belange befürworte, ist im Verfassungsbericht des Bundesinnenministeriums zu lesen:
„Die HuT beabsichtigt, ihre Ziele in drei Phasen durchzusetzen: In der ersten Phase sollen … Mitglieder rekrutiert werden. In der zweiten Phase.. soll mit Hilfe umfangreicher Propagandaarbeit die islamische „Erziehung der Umma“ erfolgen. In der dritten Phase schließlich soll ein Aufstand zur Machtübernahme „auf islamischem Boden“ und anschließend zum Sturz der gesamten „ungläubigen Gesellschaft“ führen.“
Trotz des Betätigungsverbotes ist die Organisation weiterhin im deutschen Netzt aktiv und betreibt fleißig Propaganda. Ihre Webseiten sind frei zugänglich und bieten allerlei Spannendes für das extremistische Herz und Hirn.
Es stehen massenweise Bücher, Video- und Audiomaterial zum Herunterladen und Konsumieren bereit, in denen sie u.a. zum Dschihad und zur Errichtung eines weltweiten Kalifats aufrufen. Auch in deutscher Sprache.
„Wenn diese Vereinigung hier verboten ist, müssen auch ihre Webseiten gesperrt werden. Wenn der Staat das nicht macht, muss man ihn fragen.“ betont der Islamismus-Experte Dr. Ghadban.
Das hat Sputnik auch getan. Für die Sperrung der Internetseiten seien die Polizeibehörden der Länder verantwortlich, hieß es in einer Stellungnahme des BKA. Der Hinweis der Sputnik-Redaktion wurde dankbar aufgenommen, jedoch müsse der gezielte Auftrag vom Bundesinnenministerium erfolgen. Eine Erklärung und eine Stellungnahme des Bundesinnenministeriums lassen auf sich warten.
Derweil dürfen sich Dschihadisten aller Couleur über hunderte Bücher und farbenprächtige Videos mit fundamentalistischen und extremistischen Inhalten freuen.
Dr. Ghadban ruft allerdings zu Gelassenheit auf und beruhigt: „Hizb ut Tahrir spielt in dieser Problematik keine besondere Rolle mehr. Sie sind nach dem Verbot nirgendwo in Erscheinung getreten und sind nicht mehr so wirksam wie früher. Das zeigt auch, dass Verbote wirksam sind. Natürlich sind sie nach dem Verbot im Untergrund weiterhin aktiv, aber ihr Aktionsradius wird eingeschränkt und sie werden kleiner. Anders als in Großbritannien, wo sie immer noch ihr Unheil öffentlich weitertreiben.“
Neben Großbritannien ist die HuT auch in den meisten anderen EU-Staaten nicht verboten und weiterhin aktiv. Von Storch zu Merkel: „Die Islamisierung kann man nicht mit Blockflöten aufhalten“
Der Experte warnt: Viel gefährlicher seien legal agierende Vereinigungen wie verschiedene salafistische Organisationen und Vereinigungen, die den Muslimbrüdern nahe stehen. Daesch (IS) nutze diese Organisationen, die ähnliche ideologische Bestrebungen verfolgen, um neben dem Internet und den Moscheen auch über diese Vereinigungen ihre Propaganda zu verbreiten. Wenn die Betroffenen Extremisten sich in so einem verschwommenen Feld bewegen, könne man diese nicht erwischen, befürchtet der Islamwissenschaftler Dr. Ghadban.
Das letzte Mal wurde Hizb ut Tahrir 2011 auffällig. Laut einem Bericht der Tageszeitung „Die Welt“ wurde ein mutmaßlicher HuT-Prediger in mehreren Hamburger Moscheen vom Verfassungsschutz beobachtet, der von der Errichtung eines „wahrhaftigen islamischen Staates“ gepredigt habe. So zeigt dieser Fall, dass die verbotene Organisation Hizb ut Tahrir in Deutschland weiterhin nicht nur im Web aktiv ist."
Quelle: Sputnik (Deutschland)