NSA-Affäre: Linke befürchtet politische Erpressung Merkels durch USA
Archivmeldung vom 29.10.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAngesichts der vermuteten Handy-Abhöraktionen gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) durch US-Nachrichtendienste befürchtet die Linkspartei eine politische Erpressung der deutschen Regierungschefin durch die US-Administration. "Der Gedanke, dass irgendwo in einem Giftschrank in Washington Merkels SMS-Protokolle liegen und jederzeit veröffentlicht werden können, ist schwer erträglich. Das macht Merkel erpressbar, und damit Deutschland und Europa", sagte die Vorsitzende der Linken, Katja Kipping, gegenüber der "Leipziger Volkszeitung".
Damit habe die Kanzlerin durch ihre "erstaunliche Blauäugigkeit" in der gesamten NSA-Debatte eine "schwere Hypothek für jede Regierung unter ihrer Führung" zu verantworten, so Kipping weiter. "Bei jeder ihrer Entscheidungen wird man sich künftig fragen, ob die Amerikaner Druck ausgeübt haben."
Linke bringt "Strafsteuer" für US-Internetriesen ins Spiel
In der Affäre um den US-Geheimdienst NSA und dessen Abhöraktivitäten gegen Kanzlerin Angela Merkel hat der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, drastische Konsequenzen für den Fall ins Spiel gebracht, dass die "Spitzelei" nicht sofort und bedingungslos beendet wird. "Die Merkel-Files im Giftschrank der Amerikaner sind eine Zeitbombe, die jederzeit Milliardenschäden anrichten kann", sagte Riexinger "Handelsblatt-Online".
Wenn die USA nicht kooperierten, müsse daher auch über wirtschaftlichen Druck nachgedacht werden. "Wir könnten hier schnell einen ersten Warnschuss absetzen und den US-Internetriesen, die hier Milliardenumsätze machen und dann mit dem Geld und den Daten aus Europa verschwinden, eine Strafsteuer aufbrummen", sagte Riexinger weiter. "Konkret hieße das: wir belegen direkte und indirekte Kapitalabflüsse in Steueroasen mit hohen direkten Steuern." So käme Geld in die Bundeskasse und der Markt für neue Anbieter würde geöffnet. Zudem wäre "das Geschäftsmodell auf Kosten der Steuerzahler von Amazon und Co. erledigt, und die NSA würde wichtige Partner beim Datenschnüffeln verlieren".
Ex-US-Botschafter Murphy: "Deutschland unersetzlicher Verbündeter"
Nach dem Lauschangriff auf das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der frühere US-Botschafter in Berlin, Philip Murphy, die Bedeutung der deutsch-amerikanischen Partnerschaft hervorgehoben. Der "Bild-Zeitung" sagte Murphy: "Wir teilen die gleichen Werte, die gleichen Leidenschaften, die gleichen Erinnerungen das ist der Kern unserer Freundschaft. Als Partner stellen wir uns den gleichen Herausforderungen: Afghanistan, Iran, Syrien, die Krise der Weltwirtschaft, Terrorismus, Klimawandel. Deutschland ist ein unersetzlicher Verbündeter der USA und einer unserer engsten Partner überhaupt." Die Welt brauche eine stabile und lebendige deutsch-amerikanische Allianz, unabhängig von aktuellen Problemen. "Und eine solche Allianz haben wir ohne Zweifel", sagte Murphy der Zeitung.
Abhörskandal: Weißes Haus hält sich weiter bedeckt
Im Abhörskandal rund um das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel hält sich das Weiße Haus in Washington weiter bedeckt. Er könne über die Presseberichte, die konkrete Geheimdienstaktivitäten betreffen, nichts sagen, sagte US-Regierungssprecher Jay Carney am Montag vor Journalisten. Damit verweigerte er eine Antwort, zu welchem Zeitpunkt Obama von einer Überwachung Merkels Kenntnis erlangt haben könnte. Er könne wenn überhaupt nur etwas über das Telefonat zwischen Obama und Merkel sagen, dessen Mitschrift er gelesen habe, so Carney. Die ganzen Geheimdienstaktivitäten seien derzeit in der Überprüfung. Das Weiße Haus nehme die Vorwürfe sehr ernst. Noch nie seien so viele Informationen über die NSA von der US-Regierung an die Öffentlichkeit weitergegeben worden.
Mittlerweile scheint unzweifelhaft, dass die USA das Telefon von Merkel abgehört hatten. Fraglich ist mittlerweile, zu welchem Zeitpunkt Obama davon Kenntnis hatte. Angeblich soll Obama Merkel versichert haben, davon nichts gewusst zu haben. Die "Bild am Sonntag" hatte hingegen berichtet, dass Obama seit 2010 genau informiert war. Das hatte die NSA wiederum dementiert, allerdings ohne die Spähattacke selbst zu bestätigen. Angesprochen auf Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden bekräftigte Carney am Montag, dass sich die Haltung der US-Regierung nicht geändert habe. Man strebe weiterhin an, Snowden in den USA anzuklagen.
Bundestag berät in Sondersitzung über NSA-Affäre
Der Bundestag wird am 18. November zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um über die jüngsten Spionagevorwürfe gegen den US-Geheimdienst NSA zu beraten. Darauf haben sich Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) und sein SPD-Kollege Frank-Walter Steinmeier verständigt, wie ein Sprecher der Unionsfraktion am Montag in Berlin mitteilte. Die Beratungen über die Aktivitäten des US-Geheimdienstes, der auch das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) überwacht haben soll, sind demnach als einer von zwei Tagesordnungspunkten vorgesehen. Eine Bundestags-Sondersitzung war zuvor von den Grünen und der Linkspartei vehement gefordert worden. Die beiden Parteien fordern zudem einen Untersuchungsausschuss zu den Spionagevorwürfen. Über diesen könnte in der Bundestags-Sondersitzung am 18. November abgestimmt werden.
Ex-SPD-Chef Vogel für Ermittlungen des Generalbundesanwalts
Der ehemalige SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel hat sich für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Verantwortliche der Abhör-Affäre ausgesprochen. "Ich wundere mich, dass bisher der Generalbundesanwalt nicht eingeschaltet wurde, handelt es sich doch nach meiner Einschätzung um Aktivitäten, die mit dem deutschen Strafrecht nicht vereinbar sind", sagte Vogel der "Welt". Der frühere Bundesjustizminister fügte hinzu: "Deshalb wären trotz aller Schwierigkeiten, die sich bei der Verfolgung Verantwortlicher außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ergeben würden, Ermittlungen wohl doch am Platze."
Linke fordert unverzügliches Asyl für Edward Snowden
Angesichts der neuen Enthüllungen im NSA-Abhörskandal hat die Linke unverzügliches Asyl für Edward Snowden gefordert. "Es muss massiver Druck gemacht werden, dass die Überwachung der Bürgerinnen und Bürger bis einschließlich Frau Merkel aufhört", sagte die Linken-Vizefraktionschefin Sahra Wagenknecht im Gespräch mit der "Welt". "Edward Snowden muss sofort Asyl in Deutschland bekommen. Wir können ihm alle dankbar sein für das, was er aufgedeckt hat."
Mit Blick auf den neuen Bundestag forderte Wagenknecht eine Grundgesetzänderung, um die Minderheitenrechte zu stärken. Dies wäre der "sauberste Weg", sagte die Linken-Politikerin: "Sie sollte so aussehen, dass eine Opposition, die unterhalb der festgelegten Quoren liegt, aber sich einig ist, alle verbrieften Rechte bekommt - das Klagerecht, die Möglichkeit, Untersuchungsausschüsse einzusetzen." Sollte die Große Koalition platzen, sei die Linke grundsätzlich für ein rot-rot-grünes Bündnis bereit: "Wir stünden - wie schon jetzt - zur Verfügung, wenn die SPD tatsächlich die Lebensverhältnisse der Mehrheit der Bevölkerung verbessern will", sagte Wagenknecht der Zeitung. Dazu gehöre allerdings nicht nur ein angemessener Mindestlohn, sondern auch "der Kampf gegen Leiharbeit, gegen Befristungen, für bessere Renten, für eine friedliche Außenpolitik", so die Linken-Politikerin.
Quelle: dts Nachrichtenagentur