Darfur: Luftangriffe und Überfälle zwingen Tausende zur Flucht in den Tschad
Archivmeldung vom 13.02.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.02.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVon 8. bis 10. Februar hat die sudanesische Armee mit Unterstützung von Milizen eine große Offensive in Nordwest-Darfur gestartet. Diese Militäroffensive ist eine der brutalsten der vergangenen Jahre und führte zur unmittelbaren Vertreibung der Bevölkerung. Alle medizinischen Aktivitäten von ÄRZTE OHNE GRENZEN in Seleia mussten unterbrochen werden.
Dort betreibt die Organisation seit 2006 ein Gesundheitszentrum. Mindestens 7.000 Menschen haben sich ins Nachbarland Tschad geflüchtet, insgesamt sind etwa 50.000 von der Offensive betroffen.
"ÄRZTE OHNE GRENZEN ist über das Schicksal jener Menschen, die
die Flucht in den Tschad nicht geschafft haben, extrem besorgt",
erklärt Huub Verhagen, Leiter der Einsätze von ÄRZTE OHNE GRENZEN im
Tschad und im Sudan. "Viele Familien wurden während der Angriffe
auseinandergerissen und wissen nun nicht, was mit den
Familienmitgliedern passiert ist, die in Darfur zurückgeblieben
sind." Zu den Flüchtlingen gehören auch sudanesische Angestellte von
ÄRZTE OHNE GRENZEN. Sie sind aus den nun völlig verlassenen Städten
Abu Suruj, Sirba und Seleia in die Region Birak im Tschad geflohen.
Zeugenaussagen zufolge starteten die Angriffe am 8. Februar mit Bombardierungen aus der Luft. "Wir sahen zuerst Soldaten, die unsere Stadt umstellten; dann begannen sie, unsere Häuser zu plündern und in Brand zu setzen", sagt einer der Bewohner von Seleia, der nun in Birak angekommen ist. Das Gelände des Teams von ÄRZTE OHNE GRENZEN wurde ebenfalls angegriffen und geplündert, obwohl viele Frauen und Kinder im dortigen Gesundheitszentrum Zuflucht gesucht hatten. Außerdem berichten Geflohene, dass sie auf ihrer nächtlichen Flucht in den Tschad von umherziehenden Milizen weiter angegriffen, bedroht und ausgeraubt wurden.
Die Flüchtlinge im Tschad haben sich unter Bäumen angesiedelt und haben nichts außer den Kleidern, die sie bei ihrer Flucht trugen. Das Team von ÄRZTE OHNE GRENZEN hat damit begonnnen, Verletzte, die dringend medizinische Versorgung benötigen, zu behandeln. Die unmittelbaren Prioritäten sind die Versorgung mit sauberem Wasser, medizinische Untersuchungen und die Verteilung von speziellen Decken, da diese Gegend des Tschad besonders kalt und windig ist.
Der Zugang zu der Region nördlich von El Geneina in Darfur wurde den internationalen Mitarbeitern von ÄRZTE OHNE GRENZEN seit Mitte Dezember 2007 systematisch verweigert; dies obwohl sich die humanitäre Situation verschlechtert hat und der Bedarf besteht, die medizinische Lage - speziell nach den jüngsten Angriffen - zu evaluieren. ÄRZTE OHNE GRENZEN ist zutiefst besorgt über diese Situation und fordert alle Kriegsparteien auf, einen freien und ungehinderten Zugang zu jenen Bevölkerungsgruppen zu schaffen, die dringend medizinische Nothilfe benötigen.
Quelle: ÄRZTE OHNE GRENZEN