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Bosnischer Frühling kommt in die Europäische Union

Archivmeldung vom 10.02.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.02.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Proteste in Bosnien und Herzegowina 2014
Proteste in Bosnien und Herzegowina 2014

Foto: BiH
Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Seit fast einer Woche wird Bosnien und Herzegowina von Massenprotestaktionen erschüttert, berichtet Radio "Stimme Russlands". Vorerst stellen die Protestler vorwiegend sozialwirtschaftliche Forderungen. Doch die EU spricht bereits von einem möglichen Truppeneinmarsch in die ehemalige jugoslawische Republik.

Pjotr Iskenderow berichtet weiter zu dem Thema: "Sozialwirtschaftlich gehört Bosnien und Herzegowina neben Albanien und Moldawien zu den schwächsten europäischen Ländern. In Albanien und Moldawien ist die politische Lage allerdings stabiler. Bis zuletzt konnten die muslimischen, kroatischen und serbischen Führungskreise von Bosnien und Herzegowina zwar das Land in relativer Stabilität halten. Doch die Lage hat sich durch die europäische Krise, zunehmende Arbeitslosigkeit, Korruption sowie durch äußere Faktoren zugespitzt. Als Folge sind sowohl der charismatische Präsident der Serbischen Republik Bosnien, Milorad Dodik, als auch der gemäßigte Muslimenführer Bakir Izetbegovic gegenüber den radikaleren Kräften deutlich weniger populär geworden. Vlade Simovic, Experte aus der Serbischen Republik Bosnien, äußert sich dazu folgendermaßen:

„Die Krise in der Föderation Bosnien und Herzegowina kann sich so oder anders wohl auf die Lage in der Serbischen Republik Bosnien auswirken. Das ist durchaus möglich, obwohl die Serbische Republik in den letzten Jahren politisch und sozialwirtschaftlich viel stabiler gewesen ist, als die muslimisch-kroatische Entität.“

Bemerkenswert ist, dass Bosnien und Herzegowina noch im Jahr 2008 das Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnet hat – ein Abkommen, das die Ukraine im November 2013 mit Brüssel hätte abschließen können. Im Ergebnis zerfällt im Land selbst jene Industrie, die den ethnischen Bürgerkrieg von 1992-1995 überstanden hat. Die Arbeitslosigkeitsrate beträgt 44 Prozent und jeder fünfte Einwohner lebt unterhalb der Armutsgrenze. Doch die Europäische Union und ihre Stiftungen für Krisenbekämpfung haben weder die Fähigkeit noch die Absicht, diesem Land zu helfen, das nicht einmal ein offizieller Kandidat für den EU-Beitritt ist. Hat Brüssel denn nicht dasselbe für die Ukraine vorgesehen? Inzwischen sagte Valentin Inzko, österreichischer Diplomat und Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina, in einem Interview für die Wiener Zeitung „Kurier“, dass es zu einem EU-Einmarsch kommen könnte, sollte sich die Lage zunehmend verschärfen. Boris Schmeljow, Leiter des Zentrums für politische Studien am Institut für Wirtschaft bei der Russischen Akademie der Wissenschaften, äußert sich dazu folgendermaßen:

„Es handelt sich um die westliche Politik gegenüber dem Kosovo. Der Westen befürwortete die Unabhängigkeit des Kosovo und verletzte damit entgegen allen Völkerrechtsnormen das Prinzip der territorialen Integrität Serbiens. Dadurch regte der Westen auch weitere Länder Europas dazu an, sich unabhängig zu machen.“

Im Hinblick auf die in Bosnien und Herzegowina andauernden ethnischen Auseinandersetzungen ist es durchaus wahrscheinlich, dass die sozialwirtschaftliche Krise zu einem Zerfall des Landes führen kann. Und die neue „Umgestaltung“ dieser schmerzensreichen ehemaligen jugoslawischen Republik wird anscheinend nicht lange auf sich warten lassen."

Neue Protestaktion vor Regierungsgebäude in Sarajewo

Vor dem Regierungsgebäude von Bosnien und Herzegowina in Sarajewo haben sich erneut Protestler versammelt. Sie sperrten die Straße vor dem Gebäude ab und schreien „Rücktritt, Rücktritt“ und „Bande“, heißt es in einem weiteren Artikel der online Redaktion von Radio "Stimme Russlands".

Sie halten Banner und verteilen Flugblätter mit dem Aufruf, die Gehälter und Zuschüsse der Beamten zu kürzen.

Darüber hinaus wollen die Protestler, dass alle Geschäfte zur Privatisierung des staatlichen Eigentums für nichtig erklärt werden. Sie fordern auch, eine unabhängige Anti-Korruptions-Kommission zu schaffen.

EU-Außenminister wollen Lage in Bosnien behandeln

Die kritische Lage, die durch Massekrawalle in Bosnien und Herzegowina ausgelöst wurde, wird am 10. und 11. Februar von den EU-Außenministern bei den Sitzungen des Europarates besprochen, teilte eine europäische Quelle mit.

„Die Lage in Bosnien löst ernsthafte Besorgnis aus. Die Minister wollen ihre Meinungen darüber auszutauschen, ob die EU die Normalisierung der Lage im Land, das Kandidat für den EU-Beitritt ist, fördern könnte“, sagte die Quelle.

Seit drei Tagen dauern in Bosnien und Herzegowina Krawalle an. Die Demonstranten werfen der Regierung vor, das Problem der Korruption und der Arbeitslosigkeit nicht lösen zu können.

Bosnien: Protestler fordern Rücktritt der Regierung

Die Protestler, die am Freitag eine Kundgebung veranstaltet und danach das lokale Verwaltungsgebäude demoliert und in Brand gesetzt hatten, haben ihre Forderungen an die Regierung geäußert.

Sie fordern, das Gehalt der Abgeordneten auf das Landesdurchschnittsniveau herabzusetzen und eine neue Regierung zu bilden, die nicht aus Profipolitikern, sondern aus Profibeamten bestehen würde.

Die Massenkundgebungen in Tuzla, die in Zusammenstöße mit der Polizei übergingen, wurden in anderen Städten unterstützt, auch in Sarajevo.

Die Demonstranten werfen der Regierung vor, das Problem der Korruption und der Arbeitslosigkeit nicht regeln zu können. Die Polizei setzte gegen sie Gummikugeln und Tränengas ein.

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