BRICS-Gipfel in Goa: Gegenwind für Gegenmodell zum Westen
Archivmeldung vom 15.10.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm indischen Urlaubsort Goa wird am Samstag der BRICS-Gipfel eröffnet, an dem die Staatschefs Russlands, Chinas, Indiens, Brasiliens und Südafrikas teilnehmen werden. Die Zeitung „Kommersant“ analysiert am Freitag Ziele und geplante Inhalte des Treffens.
Die deutsche Ausgabe des russischen online Magazins "Sputnik" berichtet weiter: "Der achte BRICS-Gipfel – unter dem Vorsitz Indiens – wird der bislang schwierigste sein. Trotz der Herausforderung, eine neue Weltordnung zu schaffen, verliert das BRICS-Bündnis immer mehr an Gegengewicht gegenüber den westlichen Institutionen, indem es sich in eine Vereinigung von Staaten wandelt, deren Interessen immer weiter auseinandergehen. Die innenpolitischen Probleme Brasiliens und Südafrikas, die Annäherung Indiens an den Westen und die Widersprüche zwischen Peking und Neu-Delhi machen die Aussichten der BRICS immer finsterer, wie das russische Blatt schreibt.
Russlands Präsident Wladimir Putin formulierte die Hauptaufgabe der BRICS kurz vor seiner Abreise nach Indien gegenüber der Nachrichtenagentur Rossiya Segodnya und der indischen Agentur IANS. Putin bezeichnete die BRICS dabei als eines der wichtigsten Elemente der multipolaren Welt. Die BRICS-Staaten hielten an den Prinzipien des Völkerrechts fest, förderten die Stärkung der Rolle der Uno in der Welt. Außerdem lehnten sie die Politik gewaltsamen Drucks und Einschränkung der Souveränität anderer Staaten ab.
Was Sie über BRICS wissen sollten
Der zweitägige BRICS-Gipfel im 5-Sterne-Hotel Taj Exotica wird unter dem Motto „Building Responsive, Inclusive and Collective Solutions“ stehen – ein Wortspiel um die BRICS-Abkürzung.
Doch trotz allen Optimismus‘ unter offiziellen Vertretern sieht die Zukunft der Allianz der fünf führenden Wirtschaftsmächte Eurasiens, Lateinamerikas und Afrikas immer ungewisser aus. Die meisten Fragen hängen von der Rolle Brasiliens und Südafrikas ab, wo nach dem letzten Gipfel in Ufa radikale Wandlungen geschahen.
Das Amtsenthebungsverfahren gegen Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff, der von vielen als Putsch bezeichnet wurde, offenbarte eine Zäsur in der brasilianischen Politik. Während Rousseff und ihr Vorgänger Luiz Inacio Lula da Silva das linke Lager vertraten und bereit waren, gegen das „US-Diktat“ zu kämpfen, wirbt der neue Präsident Michel Temer hingegen für eine engere Kooperation mit westlichen Institutionen. Die BRICS-Philosophie, deren Grundlage die Idee eines alternativen globalen Machtzentrums ist, ist ihm fremd.
Südafrika erlebt eine Wirtschaftskrise vor dem Hintergrund einer chronischen politischen Instabilität. Das Land ist ganz klar nicht in der Verfassung, sich an der Umsetzung der BRICS-Projekte aktiv zu beteiligen.
„Es hat keinen Sinn mehr, von einer ernsthaften Rolle Brasiliens und Südafrikas in den BRICS zu sprechen“, sagte Experte Juri Tawrowski. Man müsse langsam zugeben, dass diese Vereinigung ernsthafte Probleme erlebe. „Neben Russland sei an der Aufrechterhaltung von BRICS am meisten China interessiert. Für Moskau und Peking gilt diese Allianz als Instrument zur Umsetzung großangelegter Integrationsprozesse im eurasischen Raum.“
Der Wegfall Brasiliens und Südafrikas ist nicht die einzige Ursache für die jetzigen BRICS-Schwierigkeiten. Wie eine chinesische diplomatische Quelle betonte, werden die BRICS dank Moskau und Peking vorangetrieben, während Neu-Delhi immer mehr mit dem Westen flirte. Der ehemalige indische Botschafter Indiens in Russland, Kanwal Sibal, schrieb in seinem Artikel „BRICS-Treffen verlieren zunehmend an Nutzen“ für die britische Zeitung „Daily Mail“, dass die sich bei der jetzigen Führung Indiens gebildete strategische Vision mit den USA der Situation in der Region mit der Ausrichtung der BRICS nicht mehr übereinstimme. Russland habe bei den BRICS die Führungsrolle an China als stärkeren Wirtschaftsakteur übergeben, weshalb sich das Kräftegleichgewicht nicht zugunsten Indiens verschoben habe, so Sibal.
Experten zufolge wird die Konkurrenz zwischen Indien und China immer offensichtlicher. Laut Petr Topytschkanow vom Moskauer Carnegie-Zentrum betreffen die Kontroversen zwischen Peking und Neu-Delhi die Vision der Zukunft der BRICS und ihrer Rolle in der globalen Politik und Wirtschaft. „Die BRICS werden in China als aussichtsreiches Projekt bezeichnet, das eine gerechtere Weltordnung sichern, eine Alternative für die vorhandenen Institutionen mit der westlichen Dominanz schaffen soll. Neu-Delhi hat noch nicht entschieden, ob die Inder dieses Bündnis wirklich brauchen und welche Rolle es spielen soll“, so der Experte. Bei der Bildung einer eigener Position bei den BRICS muss Indien die Position der USA berücksichtigen, des größten Waffenlieferanten und Handelspartners Indiens, so Experten."
Quelle: Sputnik (Deutschland)