Afghanistanevakuierung: US-Soldaten frustriert über Außenministerium und Weißes Haus
Archivmeldung vom 09.02.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie "Washington Post" hat im Rahmen des Freedom of Information Act einen Untersuchungsbericht des US-Militärs veröffentlicht. Dieser Report zu dem chaotischen Abzug aus Afghanistan 2021 offenbart einen großen Unmut innerhalb der Truppe gegenüber dem US-Außenministerium und dem Weißen Haus. Vieles hätte anders laufen können. Dies berichtet das Magazin "RT DE".
Weiter berichtet RT DE: "Der Zeitung Washington Post liegt ein Untersuchungsbericht der US-Armee über die viel kritisierte Evakuierung von US-Bürgern aus Afghanistan im Jahr 2021 vor. Dieser 2.000 Seiten umfassende Report dokumentiert die Frustration der US-Militärangehörigen gegenüber dem Weißen Haus und Diplomaten des Außenministeriums.
Der Bericht wurde im Zuge eines Selbstmordattentates am 26. August nahe dem Internationalen Flughafen Hamid Karzai in Auftrag gegeben. Bei dem Attentat waren 13 amerikanische Soldaten ums Leben gekommen. Der nach einem Antrag auf Informationsfreiheit zugänglich gemachte Untersuchungsbericht beschreibt detailliert die damaligen Entscheidungen des US-Militärs. Diese waren mit der Bewachung des Flughafens betraut.
Demnach hätten hochrangige Beamte des Weißen Hauses und des Außenministeriums die Gefahr durch den stetigen Vormarsch der Taliban auf die afghanische Hauptstadt nicht nachvollziehen können. Sie hätten sich daher den Bemühungen der US-Militärführung widersetzt, die Evakuierung des Botschaftspersonals bereits mehrere Wochen vor dem Fall Kabuls vorzubereiten. Durch diese Entscheidung seien die mit dem Abzug beauftragten Truppen in größere Gefahr geraten, was in dem Bericht von mehreren, an der Operation beteiligten Kommandeuren unter Eid kritisiert wurde.
Laut der Washington Post ist dem Report zu entnehmen, dass Navy Rear Admiral Peter Vasely, Kommandant der US-Streitkräfte in Afghanistan, gegenüber Ermittlern der US-Armee sagte:
"Das Militär wäre viel besser darauf vorbereitet gewesen, eine geordnetere Operation durchzuführen, wenn die politischen Entscheidungsträger auf die Indikatoren dessen, was vor Ort geschah, geachtet hätten."
Den Ermittlern nannte Vasely keine expliziten Namen involvierter Regierungsbeamter. Aber aufgrund der Unachtsamkeit dieser Beamten gegenüber der Entschlossenheit der Taliban, eine schnelle und totale militärische Übernahme durchzuführen, seien die US-Kommandeure außer Stande gewesen, ihre Truppen darauf vorzubereiten.
Militärbeamte gaben an, dass sie zwei Wochen für die Evakuierung der US-Botschaft in Afghanistan einplanen wollten. Am 12. August sei jedoch von Außenminister Antony Blinken und dem nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan angeordnet worden, den Evakuierungsprozess zu beschleunigen.
Der Chef des US-Zentralkommandos, General Kenneth McKenzie, gab der Washington Post ein Interview zu diesem Thema. Darin erklärte er, er sei nicht überrascht, dass die Befehlshaber der Meinung seien, die Evakuierung hätte anders gehandhabt werden sollen:
"Es gibt tiefgreifende Frustrationen; Kommandeure, insbesondere untergeordnete Kommandeure, sehen ganz klar die Vorteile anderer Vorgehensweisen. Aber wir haben eine Entscheidung getroffen und eine Truppenaufteilung vorgenommen. Auf dieser Grundlage geht man vor."
Im Rahmen der 17-tägigen Operation wurden bis zum 31. August 124.000 Menschen evakuiert.
Infolge dieser Evakuierung kam es zwischen den US-Befehlshabern und den Taliban zu einem Sicherheitspakt. Dieser erforderte die rasche Entsendung von fast 6.000 Soldaten zur Unterstützung der etwa 600 Mann starken Truppe in Kabul. Diese US-Truppe stand unter dem Kommando von Peter Vasely und war zum Schutz des Personals der amerikanischen Botschaft in der Stadt zurückgeblieben.
US-Beamte hatten die Evakuierungsmission zuletzt immer wieder als erfolgreich gelobt, was von Kritikern jedoch relativiert wird. Demnach sei die Evakuierung, trotz der heroischen Leistung der US-Truppen, fehlerhaft und unvollständig gewesen. Zudem habe sie dazu geführt, dass Hunderte von Amerikanern und Zehntausende von Afghanen zurückgelassen werden mussten.
Gegenüber der Washington Post erklärte der Sprecher des Pentagons, John Kirby:
"Wir haben uns verpflichtet, unsere Bemühungen während der Evakuierung, die Einschätzungen und die Strategie während des Konflikts, sowie die Planung in den Monaten vor Kriegsende laufend zu überprüfen und sind damit intensiv beschäftigt. Wir werden die daraus gezogenen Lehren nutzen und sie, wie wir es immer tun, klar und professionell anwenden."
Die USA zogen sich am 31. August 2021 offiziell aus Afghanistan zurück und beendeten damit ihren längsten Militärkonflikt. Im Zuge dessen mussten nach der dortigen Machtübernahme durch die Taliban mehr als 124.000 Menschen aus dem Land evakuiert werden.
Der von der Washington Post veröffentlichte Untersuchungsbericht bietet den vielleicht umfassendsten Einblick in die Evakuierungsoperation. Diese erstreckte sich über mehr als zwei Wochen. Aufgrund des plötzlich in Kabul herrschenden Chaos wurde sie zu einem der prägendsten und meist kritisierten Momente der Biden-Administration."
Quelle: RT DE